Der Saturn-Orbit Nummer 140 von Cassini

Bereits am 4. Oktober 2010 begann der mittlerweile 140. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Unter anderem wird die Raumsonde im Rahmen dieses 24 Tage dauernden Umlaufs Vorbeiflüge an mehreren Saturnmonden durchführen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, Planetary Society.

NASA, JPL, Space Science Institute
Die Beobachtung der kleineren Monde des Saturn ist ein fester Bestandteil der wissenschaftlichen Tätigkeiten im Rahmen der Cassini-Mission. Dieses Bild zeigt den unregelmäßig geformten Mond Telesto. Die Aufnahme wurde am 27. August 2009 aus einer Entfernung von rund 36.000 Kilometern erstellt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 4. Oktober 2010 erreichte die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt der größten Entfernung zum Saturn. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini etwa 2,88 Millionen Kilometer von der obersten Wolkenschicht des Saturn entfernt und begann zugleich ihren 140. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde befindet sich gegenwärtig in einem leicht geneigten Orbit, welcher etwa 4,7 Grad von der Ringebene abweicht.

Dieser 24 Tage dauernden Umlauf wird unter anderem dazu genutzt werden, um mehrere Monde des Saturn im Rahmen von nicht zielgerichteten Vorbeiflügen zu untersuchen. Bei diesen sogenannten „non-targeted flybys“ handelt es sich um Begegnungen mit größeren Saturnmonden, welche in Entfernungen von bis zu mehr als 100.000 Kilometern stattfinden, ohne dass hierfür eine Bahnkorrektur der Raumsonde durchgeführt werden muss.

Das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment an Bord der Raumsonde Cassini nahm die wissenschaftlichen Beobachtungen während dieses auch als „Rev139“ bezeichneten Saturn-Umlaufs kurz nach dem Beginn des Orbits am 6. Oktober auf und führte an diesem Tag verschiedene astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden durch. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgten Abbildungen der Monde Janus, Epimetheus, Pallene, Methone und Anthe besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern.

NASA, JPL, Space Science Institute
Die Raumsonde Cassini nahm dieses Bild des Saturnmondes Pandora am 3. Juni 2010 aus einer Entfernung von 101.000 Kilometern mit der NAC-Kamera auf. Die dabei erreichte Auflösung beträgt 603 Meter pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Eine weitere astrometrische Beobachtungskampagne wurde für den 17. Oktober angesetzt, wobei man sich an diesem Tag auf die Monde Calypso, Polydeuces, Pallene, Anthe, Epimetheus, Pandora, Janus und Atlas konzentrieren wird. Die beiden Beobachtungssequenzen sollen am 12. und 22. Oktober wiederholt werden. Diese Einzelbeobachtungen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen erfolgen und somit keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde auflösen können.

Bereits am 8. Oktober erfolgte eine über einen Zeitraum von vier Stunden anhaltende Beobachtung des lediglich etwa 14 bis 16 Kilometer durchmessende irregulären Saturnmondes Kiviuq. Die Beobachtung ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf der Mond unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen abgebildet wird. Kiviuq befand sich zum Zeitpunkt der Beobachtung durch die ISS-Kamera rund 10,19 Millionen Kilometer von der Raumsonde entfernt. Trotz der großen Distanz zwischen Kiviuq und Cassini kann die Raumsonde dabei weitere wertvolle Daten über die Größe, Gestalt und Rotationsperiode des Mondes sammeln, welche sich aus den Veränderungen in den beobachteten Lichtkurven ergeben. Zusätzlich werden bei diesen Beobachtungen auch Informationen über die Ausrichtung der Rotationsachse und die Rotationsrichtung gewonnen.

Vergleichbare Beobachtungskampagnen werden gegenwärtig bei mehreren der kleineren Begleiter des Saturns durchgeführt. Am 23. Oktober wird dabei zum Beispiel der Mond Hyrrokkin das Ziel einer solchen Beobachtung sein. Erste Ergebnisse dieser Beobachtungen wurden am 4. Oktober 2010 auf einem Wissenschafts-Kongress in Pasadena (Kalifornien), dem DPS 2010, vorgestellt. Die Rotationsperiode des Mondes Siarnaq beträgt demzufolge 6,69 Stunden, während der Mond Albiorix für eine vollständige Umdrehung 13,32 Stunden benötigt. Kiviuq weist dagegen eine ungewöhnlich lange Rotationsperiode von 21,82 Stunden auf, welche sich aber noch im als normal angesehenen Bereich bewegt. Ymir, ein weiterer kleiner Mond des Saturn weist anscheinend eine Rotationsperiode von 7,3 Stunden auf. Allerdings herrscht im Fall dieses Mondes noch keine endgültige Gewissheit über die korrekte Interpretation der Messergebnisse.

NASA, JPL, SSI
Auf dieser Aufnahme vom 28. Dezember 2009 ist die Region Belet auf dem Titan zu erkennen. Aus einer Entfernung von 282.000 Kilometern beträgt die Auflösung 17 Kilometer pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 14. Oktober wird dann der erste nicht zielgerichtete Vorbeiflug an einem Saturnmond während des aktuellen Orbits von Cassini erfolgen. Hierbei wird die Raumsonden den größten Saturnmond, den etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, in einer Entfernung von 172.370 Kilometern passieren. Dabei wird das Composite Infrared Spectrometer (CIRS) Daten über die Zusammensetzung der Atmosphäre des Mondes sammeln. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass die WAC-Kamera am Ende der Beobachtungen ein größeres Sturmgebiet auf dem Mond beobachten könnte, welches erst während des letzten Cassini-Orbits entdeckt wurde. Die letzte Beobachtung eines Sturmgebietes auf Titan mit einer vergleichbaren Ausdehnung erfolgte im Oktober 2004.
Anschließend werden sich das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) und die ISS-Kamera auf den Mond Dione richten und im Rahmen einer 14-stündigen Beobachtung nach Anzeichen für einen dort eventuell vorkommenden Kryo-Vulkanismus suchen, wie er auch auf dem Mond Enceladus auftritt. Die bisherigen Beobachtungen mit einer gleichen Zielsetzung verliefen bei Dione allerdings ergebnislos.

Am 16. Oktober wird die Raumsonde schließlich um 19:56 MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn, während ihres 140. Orbits erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich Cassini 187.080 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Um diesen Zeitpunkt herum werden die verschiedenen wissenschaftlichen Instrumente mehrere der größeren, inneren Monde des Saturn sowie die Atmosphäre des Planeten untersuchen. Zuerst wird dabei der Mond Enceladus aus einer Entfernung von 665.000 Kilometern abgebildet werden. Ziel dieser Aufnahmen ist die Suche nach Veränderungen in der Aktivität der vom Südpol des Mondes ausgehenden kryovulkanischen Jets aus Wassereis.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Falschfarbenaufnahme der vom Südpol des Mondes Enceladus ausgehenden Plumes wurde am 27. November 2005 aus einer Entfernung von rund 148.000 Kilometern durch die NAC-Kamera der Cassini-Sonde angefertigt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Im Anschluss an diese Untersuchung sollen zwei Cassini-Instrumente, das VIMS und die ISS, dokumentieren, wie zwei Sterne, Alpha Ceti im Sternbild Walfisch und Alpha Hydrae im Sternbild Wasserschlange, durch die Atmosphäre des Saturn bedeckt werden. Bei dieser Gelegenheit wollen die Wissenschaftler die langsame Abschwächung des von den Sternen ausgehenden Lichtes nutzen, um die obersten Schichten der Saturnatmosphäre zu analysieren und deren Dichte zu bestimmen.
Ebenfalls noch am 16. Oktober stehen zwei weitere Begegnungen mit Monden auf dem Beobachtungsprogramm der Raumsonde. Zuerst wird man sich dabei dem Mond Mimas bis auf eine Distanz von 69.947 Kilometern nähern. Bei dieser Gelegenheit wird Cassini die Region rund um den Herschel-Krater unter sehr guten Lichtverhältnissen abbilden. Direkt im Anschluss an diese Aufnahme werden sich die Instrumente der Sonde auf den Mond Pallene richten, welcher dabei 36.125 Kilometer von Cassini entfernt sein wird. Das ISS-Team erhofft sich bei dieser Gelegenheit einige der besten Aufnahmen, welche bisher von diesem Mond angefertigt werden konnten.

Allerdings fällt dieses ungleichmäßig geformte Objekt mit seinen Abmessungen von etwa 5,8 x 5,6 x 4 Kilometern relativ klein aus. Zum Zeitpunkt der größten Annäherung wird die NAC-Kamera Pallene deshalb lediglich in einer Größe von etwa 27×18 Pixeln abbilden können. Auf diesen Aufnahmen wird sich der Saturn im Bildhintergrund bewegen. Hierdurch ergibt sich eine besonders günstige Gelegenheit, um die Form des Mondes zu ermitteln. Besonders die zu diesem Zeitpunkt nicht von der Sonne beschienene Seite von Pallene wird sich als deutlich erkennbare Silhouette von dem im Hintergrund befindlichen Saturn abheben.

NASA, JPL, SSI
Die Raumsonde Cassini passierte Mimas am 13. Februar 2010. Dieses Mosaik wurde aus sieben Einzelaufnahmen der NAC-Kamera zusammen gesetzt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Auch am darauffolgenden Tag werden zwei nahe Vorbeiflüge an Monden erfolgen. Zuerst wird die Raumsonde dabei den Mond Dione in einer Entfernung von 31.708 Kilometern passieren. Hierbei wird die ISS-Kamera mehrere Mosaikaufnahmen von verschiedenen Bereichen der Mondoberfläche anfertigen. Die beste Auflösung dieser Aufnahmen wird bei etwa 190 Meter pro Pixel liegen. Zusätzliche Aufnahmen mit dem CIRS-Spektrometer sollen die Bilder ergänzen und helfen, diese in einen wissenschaftlichen Kontext zu setzen.

Später an diesem Tag erfolgt die ebenfalls nicht gesteuerte Begegnung mit dem Mond Rhea, welcher in einer Distanz von 38.750 Kilometern passiert werden wird. Auch bei dieser Gelegenheit sind Beobachtungen mit dem CIRS-Spektrometer und verschiedene Mosaikaufnahmen der ISS-Kamera vorgesehen. Das abzubildende Gebiet befindet sich dabei auf der nördlichen und vom Saturn abgewandten Hemisphäre des Mondes. Aufgrund der größeren Entfernung zwischen Cassiniund dem Mond wird die beste Auflösung bei diesen Aufnahmen bei etwa 233 Metern pro Pixel liegen.
Am 18. Oktober steht dann erst einmal die Öffentlichkeitsarbeit auf dem Arbeitsprogramm. An diesem Tag wird die Raumsonde drei Beobachtungsziele abbilden, welche im Rahmen des „Cassini Scientist for a Day“-Programmes ausgewählt wurden. Hierbei handelt es sich um einen Contest, welcher das Ziel hat, Schülern und Studenten einen Einblick in die tägliche Arbeit der Cassini-Wissenschaftler zu geben. Die Teilnehmer waren dazu aufgefordert, kurze Essays über das von ihnen ausgewählte potentielle Beobachtungsziel zu verfassen und dabei die wissenschaftliche Relevanz der Aufnahmen zu erläutern. Die Gewinner des Contests hatten anschließend die Gelegenheit, sich am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, USA, mit verschiedenen Wissenschaftlern zu treffen und diese näher über ihre Arbeit und den Saturn zu befragen.

NASA, JPL, Solar System Simulator
Drei der Beobachtungsziele der diesjährigen „Cassini Scientist for a Day“-Kampagne.
(Bild: NASA, JPL, Solar System Simulator)

Bei den für den 18. Oktober ausgewählten Zielen handelt es sich um mehrere Echtfarben-Aufnahmen des Mondes Rhea, welche von der NAC-Kamera aus einer Entfernung von 717.000 Kilometern angefertigt werden, ein aus 66 NAC-Einzelaufnahmen bestehendes Farbvideo des Titan zusammen mit Tethys und Enceladus und ein weiteres Farbvideo von Dione und Titan, welche im Verlauf dieser Sequenz von Saturn bedeckt werden. Eine weitere „Scientist for a Day“-Beobachtung ist für den 22. Oktober vorgesehen. Auch hier soll ein Farbvideo angefertigt werden, welches diesmal allerdings die Wolkenstrukturen in der Saturnatmosphäre zum Ziel haben wird. Dieses Video wird sich aus 27 Einzelaufnahmen der WAC-Kamera zusammensetzen.

Am 28. Oktober wird Cassini schließlich erneut die Apoapsis erreichen und damit den 140. Umlauf um den Ringplaneten beenden. Der zu diesem Zeitpunkt beginnende Orbit Nummer 141 beinhaltet unter anderem einen gezielten Vorbeiflug an dem Saturnmond Titan am 11. November, welcher in einer Distanz von 7.921 Kilometern erfolgen wird, und zwei ungezielte Vorbeiflüge an Dione und Enceladus. Dione wird dabei am 9. November in einer Entfernung von etwa 93.000 Kilometern passiert werden. Nur wenige Stunden später erfolgt der Vorbeiflug an Enceladus. Dieser wird zu diesem Zeitpunkt rund 38.000 Kilometer von Cassini entfernt sein.

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