Eine gestern von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme zeigt den kosmischen Nebel Messier 78. Dieser präsentiert sich dabei als ein Paradebeispiel für einen Reflexionsnebel. Neben zahlreichen Details sind in seiner Umgebung auch viele relativ junge Sterne erkennbar.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO, Wikipedia.
Der im Jahr 1780 von dem französischen Astronomen Pierre Méchain entdeckte und im Sternbild Orion gelegene Reflexionsnebel Messier 78 ist etwa 1.600 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,3 mag und einer Winkelausdehnung von 8 x 6 Bogenminuten ist er einer der hellsten Reflexionsnebel am nächtlichen Himmel und kann bereits mit kleineren Amateurteleskopen erfolgreich beobachtet werden. Er befindet sich links oberhalb des linken Sterns im „Gürtel“ des Orion.
Die nebenstehende Aufnahme von Messier 78 wurde mit dem 2,2-Meter-Teleskop am La Silla Observatorium in Chile aufgenommen und basiert auf Daten, die der russische Amateurastronom Igor Chekalin im Rahmen des „Hidden Treasures“-Wettbewerbs der ESO zusammengestellt hat. Im Mittelpunkt des Bildes erkennt man das Nebelgebiet von Messier 78, welches sich dabei als ein Paradebeispiel für einen Reflexionsnebel präsentiert.
Als Reflexionsnebel bezeichnen Astronomen ausgedehnte Wolken interstellaren Staubs, welche das Licht benachbarter Sterne reflektieren. Die von den Sternen ausgehende ultraviolette Strahlung ist dabei nicht heiß genug, um den Staub wie bei Emissionsnebeln zu ionisieren und zum Leuchten anzuregen. Stattdessen wird das Sternenlicht durch die mikroskopisch kleinen Staubpartikel gestreut, wodurch der Nebel selbst überhaupt erst für uns sichtbar wird.
Der schwach bläuliche Farbton, den Messier 78 in dieser Aufnahme zeigt, entspricht der tatsächlichen Farbgebung. Solche blauen Schattierungen sind typisch für Reflexionsnebel. Die Reflexion des Sternenlichtes an den Staubpartikeln ist bei Lichtstrahlen mit kürzeren Wellenlängen, also blauem Licht, wesentlich effektiver als bei rotem Licht, welches in längeren Wellenlängenbereichen ausgestrahlt wird.
Neben dem Reflexionsnebel sind in der Aufnahme viele weitere und für die Wissenschaftler wichtige Details erkennbar. So durchzieht ein dichtes Band aus dunklem Staub das Bild von oben links nach unten rechts. Dieses Band schirmt das Licht der dahinterliegenden Sterne ab. Im rechten unteren Bereich des Fotos sind zudem seltsam geformte, rosafarbene Strukturen erkennbar. Bei diesen sogenannten Jets handelt es sich um eng fokussierte Materieströme, welche sich aus Materieauswürfen von gerade erst neu entstandenen Sternen gebildet haben. Die verursachenden Sterne sind noch in dem dichten Staub verborgen und somit im sichtbaren Licht nicht erkennbar.
Die beiden Haupt-Energielieferanten des Reflexionsnebels sind zwei helle Sterne mit den Bezeichnungen HD 38563A und HD 38563B. Zusätzlich beherbergt der Nebel aber noch viele weitere Sterne. Unter anderem erkennt man eine Ansammlung von 45 massearmen und noch relativ jungen Sternen, die der Klasse der sogenannten T-Tauri-Sterne zugeordnet werden. Sie verfügen über ein Alter von weniger als 10 Millionen Jahren und haben die zum Einsetzen der Wasserstoff-Kernfusion notwendige Temperatur noch nicht erreicht. Die Kernfusion stellt die Energiequelle dar, welche für das eigenständige Leuchten von „erwachsenen“ Sternen wie unserer Sonne verantwortlich ist. Untersuchungen an T-Tauri-Sternen sind für Astronomen und Astrophysiker von großer Bedeutung für das Verständnis der ersten Stadien der Sternentwicklung und der Klärung der Frage, unter welchen Umständen sich Planetensysteme bilden können.
Bemerkenswert an Messier 78 ist außerdem, dass der Nebel offensichtlich einer deutlichen Veränderung unterliegt. Im Februar 2004 fotografierte der erfahrene Amateurastronom Jay McNeil die Himmelsregion mit einem Teleskop von lediglich 75 Millimetern Durchmesser und entdeckte auf der Aufnahme überraschenderweise einen hellen Nebel, der zuvor nicht erkennbar war. Bei näheren Untersuchungen zeigte sich schließlich, dass es sich bei dem Objekt um einen stark veränderlichen Reflexionsnebel um einen jungen Stern handelt. Inzwischen wurde dieser mit dem Namen „McNeils Nebel“ belegt. Auf der aktuellen ESO-Aufnahme ist der Nebel als fächerförmige Struktur am unteren Bildrand erkennbar.
Das 2,2-Meter-Teleskop am La Silla Observatorium wurde im Jahr 1984 in Betrieb genommen und ist eine Leihgabe der Max-Planck-Gesellschaft an die Europäische Südsternwarte. Der Wide Field Imager des Teleskops, eine astronomische Kamera mit einem Blickfeld von 34 x 33 Bogenminuten und einem Detektor mit 67 Millionen Pixeln, liefert Bilder, welche nicht nur von besonderem wissenschaftlichen Interesse, sondern auch von einem hohen ästhetischen Wert sind.
Das hier gezeigte Farbbild von Messier 78 entstand durch eine Kombination von mehreren Schwarz-Weiß-Aufnahmen, welche mit drei verschiedenen Farbfiltern angefertigt wurden. Mit diesen Filtern wurde nur blaues, grünes beziehungsweise rotes Licht abgebildet. Diese drei Farben wurden durch Aufnahmen mit einem sogenannten H-alpha-Filter, welcher nur das Licht von leuchtendem Wasserstoffgas passieren lässt, ergänzt. Die Belichtungszeiten für die verschiedenen Filter betrugen zwischen neun und 15,5 Minuten.
Die so gewonnenen Einzelaufnahmen wählte der russische Amateurastronom Igor Chekalin für seine Teilnahme an dem ESO-Bildwettbewerb „ESO’s Hidden Treasures 2010“ aus dem umfangreichen Datenarchiv der ESO aus. Dieser Wettbewerb bot Amateurastronomen die Möglichkeit, die in dem Archiv der ESO enthaltenen und bis dahin noch nicht kalibrierten und nachbearbeiteten Rohbilder am heimischen Computer aufzubereiten. Mit seiner Version des Reflexionsnebels Messier 78 belegte Igor Chekalin bei dem Wettbewerb den ersten Platz. Damit gewann er eine Reise zum Paranal-Observatorium der ESO in Chile, wo er das dortige Very Large Telescope besichtigen wird. Ein Team von Bildbearbeitungsexperten der ESO hat die Rohdaten unabhängig von Igor Chekalin in der höchstmöglichen Auflösung aufbereitet und so das hier gezeigte Bild erzeugt.
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