Der Orbit Nummer 138 von Cassini

Am 24. August 2010 begann der mittlerweile 138. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Da in den folgenden drei Wochen keine näheren Vorbeiflüge an den Monden des Ringplaneten stattfinden, konzentrieren sich die wissenschaftlichen Beobachtungen diesmal in erster Linie auf die Atmosphäre und das Ringsystem des Planeten.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS.

NASA, JPL, Space Science Institute
Die Beobachtung der kleineren Monde des Saturn ist ein fester Bestandteil der wissenschaftlichen Tätigkeiten im Rahmen der Cassini-Mission. Dieses Bild zeigt den unregelmäßig geformten Mond Telesto. Die Aufnahme wurde am 27. August 2009 aus einer Entfernung von rund 36.000 Kilometern erstellt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 24. August 2010 erreichte die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt der größten Entfernung zu dem Ringplaneten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini etwa 2,58 Millionen Kilometer von der obersten Wolkenschicht des Saturn entfernt und begann zugleich ihren 138. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde befindet sich gegenwärtig in einem leicht geneigten Orbit, welcher etwa 4,6 Grad außerhalb der Ringebene verläuft. Der jetzt begonnene 20 Tage dauernden Umlauf wird daher unter anderem dazu genutzt werden, um mit den wissenschaftlichen Instrumenten mehrere Begegnungen mit verschiedenen Monden des Saturn zu dokumentieren. Das Hauptaugenmerk der Wissenschaftler wird sich jedoch auf die Atmosphäre des Saturn und dessen Ringsystem richten.

Zwei Tage nach dem Passieren der Apoapsis wird das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment an Bord der Raumsonde Cassini am 26. August die wissenschaftlichen Beobachtungen während dieses auch als „Rev137“ bezeichneten Saturn-Umlaufs aufnehmen und aus einer Distanz von 9,19 Millionen Kilometern eine Lichtkurve des Saturnmondes Hyrrokkin erstellen. Dieser etwa acht Kilometer durchmessende Mond umläuft seinen Mutterplaneten innerhalb von 932 Tagen auf einer retrograden Bahn. Die Bahnexzentrizität dieses äußeren Saturnmondes liegt bei einem Wert von 0,333, wobei die Umlaufbahn um 151,4 Grad gegen die Ekliptik geneigt ist. Die Entfernung des Mondes zum Saturn schwankt zwischen 12,3 Millionen und 24,6 Millionen Kilometern.

Die Erstellung der Lichtkurve von Hyrrokkin ist Teil einer langfristig ausgelegten Beobachtungskampagne, in deren Verlauf die Rotationsperioden mehrerer kleiner Saturnmonde genauer bestimmt werden sollen. Zugleich wollen die Wissenschaftler bei diesen Beobachtungen untersuchen, ob es sich bei diesen Monden eventuell um sogenannte binäre Objekte, also „Doppelmonde“ handelt. Der Hintergedanke dieser Untersuchung liegt darin begründet, dass es sich bei mehreren Objekten des Asteroidenhauptgürtels und des Kuiper-Gürtels um Doppelasteroiden handelt. Sollte sich auch einzelne kleine Monde des Saturn als solche Doppelasteroid erweisen, so könnte man dies als ein Indiz dafür werten, dass die entsprechenden Monde einstmals von Saturn „eingefangen“ wurden.

CICLOPS
So wird sich der Saturnmond Titan am 28. August der ISS-Kamera der Raumsonde aus einer Entfernung von rund 1,74 Millionen Kilometern präsentieren.
(Bild: CICLOPS)

Die erste Beobachtung von Hyrrokkin am 26. August wird 15 Stunden andauern. In diesem Zeitraum sollen insgesamt 258 ISS-Bilder des Mondes aufgenommen werden. Vergleichbare Observationen sind anschließend für den 27. und 30. August für die beiden Monde Greip und Kiviuq vorgesehen. Eine kürzere Beobachtungskampagne, welche am 12. September erfolgen soll, wird genutzt werden, um die Lichtkurve von Hyrrokkin unter anderen Beleuchtungsverhältnissen erneut zu erstellen, dadurch die Qualität der gewonnenen Daten zu verfeinern und deren Aussagekraft in einen besseren Kontext zu setzen. Durch diese Aufnahmen erhoffen sich die Forscher des Weiteren auch Rückschlüsse auf die Beschaffenheit und Struktur der Oberfläche dieses kleinen Mondes.

Am 28. August erfolgt eine Beobachtung des größten Saturnmondes, des etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan. Zum Zeitpunkt dieser ISS-Beobachtungen wird Titan lediglich zu etwa 50 Prozent von der Sonne beleuchtet sein. Diese Lichtverhältnisse ermöglichen es den Wissenschaftlern aus einer Entfernung von etwa 1,74 Millionen Kilometern nach Wolkenstrukturen innerhalb der Atmosphäre des Mondes Ausschau zu halten. Entsprechende Beobachtungen werden am 8. September aus einer Distanz von 1,28 Millionen Kilometern und am 10. September aus dann 1,36 Millionen Kilometern wiederholt.

NASA, JPL, Space Science Institute
Im Zentrum dieser Aufnahme befindet sich der Saturnmond Anthe. Vor diesem Mond ist ein feiner Ring erkennbar, welcher aus Material von der Oberfläche des Mondes gespeist wird.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 29. August sollen schließlich astrometrische Beobachtungen von mehreren kleinen Saturnmonden durchgeführt werden. Durch die Abbildung der Monde Polydeuces, Calypso, Methone, Atlas und Pallene sollen die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter verfeinert werden. Diese Einzelbeobachtungen werden durchweg aus größeren Distanzen erfolgen und keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde auflösen. Zwei weitere astrometrische Beobachtungskampagnen werden am 7. und 10. September erfolgen, wobei man sich dann auf die Monde Calypso, Helene, Pallene, Methone, Janus, Pandora, Polydeuces und Prometheus konzentrieren wird.

Am 31. August sollen schließlich Aufnahmen der schwachen Staubringe und Ringbögen des Saturn erstellt werden, welche mit den Monden Pallene, Methone und Anthe in Verbindung stehen. Diese drei kleinen Monde umkreisen den Saturn auf Umlaufbahnen, welche zwischen den größeren Monden Mimas und Enceladus platziert sind. Die zu beobachtenden schwachen Ringe, so die momentan allgemein akzeptierte Theorie, bilden sich durch die permanent erfolgenden Einschläge von Mikrometeoriten auf die Oberflächen der kleinen Monde.

Durch diese „Miniimpakte“ werden Staubpartikel von den Oberflächen der Monde aufgewirbelt. Die Eigengravitation der kleinen und entsprechend massearmen Satelliten ist nicht groß genug, um diese Partikel dauerhaft in deren Schwerefeld zu binden. Stattdessen entweichen die Staubpartikel aus den Gravitationsfeldern der kleinen Monde, geraten in den gravitativen Einfluss von Mimas und Enceladus und formen sich dabei in einem Orbit um den Saturn zu den besagten schwachen Ringen.

Am 2. September wird das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) von Cassini zusammen mit der ISS-Kamera die Hauptringe des Saturn abbilden. Dabei soll aus den Einzelaufnahmen unter anderem ein Video des F-Ringes erstellt werden. Einen Tag später wird die Raumsonde um 03:39 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn, während ihres 138. Orbits erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich Cassini 148.590 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden.

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Dieser Ausschnitt einer fotografischen Oberflächenkarte des Saturnmondes Dione zeigt die Herbesus-Region in dessen nördlicher Hemisphäre. Sehr gut sind die unterschiedliche Bildauflösungen der zugrunde liegenden Fotos erkennbar.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Nur wenige Stunden später wird sich die Raumsonde während eines nicht gezielten Vorbeifluges dem Saturnmond Dione bis auf 39.310 Kilometer nähern. Während dieses Vorbeifluges wird die ISS-Kamera ein aus 24 Einzelaufnahmen bestehendes Mosaik von der fotografisch bisher nur relativ schlecht dokumentierten nördlichen, vom Saturn abgewanden Hemisphäre des Mondes erstellen. Diese Aufnahmen werden von ihrer erwarteten Qualität her mit die besten sein, welche bis zu diesem Zeitpunkt von dieser Region Diones erstellt werden konnten. Zugleich werden sie die bisher erstellten Aufnahmen der Nordpolregion dieses Mondes ergänzen.

Anschließend wird sich die ISS-Kamera erneut dem Ringsystem des Saturn zuwenden und dessen B-Ring abbilden. Dabei soll speziell der äußere Bereich dieses Rings an dessen Grenze zur Cassini-Teilung untersucht werden. In Kombination mit dem Composite Infrared Spectrometer (CIRS) sollen hierbei 35 Aufnahmen erstellt werden, welche man anschließend ebenfalls zu einem Video kombinieren will.

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Diese Aufnahmen von Blitzen in der Saturnatmosphäre fertigte die NAC-Kamera der Raumsonde Cassini am 30. November 2009 aus einer Entfernung von etwa 2,6 Millionen Kilometern an.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 4. September wird schließlich das VIMS-Spektrometer in Zusammenarbeit mit dem Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) die Atmosphäre des Saturn untersuchen. In einem ersten Schritt soll dabei das UVIS-Spektrometer zusammen mit der ISS-Kamera photometrische und polarimetrische Daten der Wolken und Dunstschleier sammeln. Die Beobachtungen sollen am 8. September wiederholt werden. Im Anschluss an diese Beobachtungen wird die ISS-Kamera zusammen mit dem VIMS-Spektrometer die Tag- und anschließend die Nachtseite des Saturn abbilden und dabei versuchen, Blitze in der Atmosphäre des Planeten zu lokalisieren. Vergleichbare Beobachtungen waren erstmals im August 2009 erfolgreich (Raumfahrer_net berichtete).

Am 5. September wird Cassini schließlich den Saturnmond Telesto aus einer Distanz von 1,61 Millionen Kilometern abbilden, während dieser vor dem nochmals weitere 240.200 Kilometer entfernteren Mond Rhea vorbeizieht. Zum Abschluss der wissenschaftlichen Untersuchungen während des Orbits Nummer 138 von Cassini sind für den Zeitraum zwischen dem 7. und 10. September insgesamt fünf Beobachtungen des Wolkenzuges in der Saturnatmosphäre vorgesehen, wobei speziell die Wolkenstrukturen der südlichen Hemisphäre bei unterschiedlichen Breitengraden abgebildet werden sollen.

Am 13. September erreicht Cassini erneut die Apoapsis und beendet den 138. Umlauf um den Ringplaneten. Im Verlauf des folgenden Orbits Nummer 139 wird sich die Raumsonde am 24. September dem Titan bis auf eine Entfernung von etwa 8.175 Kilometern nähern. Einen Tag zuvor erfolgt ein Vorbeiflug an Enceladus, welcher in einer Entfernung von rund 117.000 Kilometern stattfinden wird.

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