Eine am heutigen Tag von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt den offenen Sternhaufen NGC 3590. Derartige Ansammlung von Sternen geben den Astronomen sowohl Hinweise darauf, wie diese Sterne entstanden sind und sich entwickelt haben, als auch darauf, wie die Struktur der Spiralarme unserer Heimatgalaxie beschaffen ist.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.
Bei einem der in unserer Galaxie angesiedelten offenen Sternhaufen handelt es sich um den im Sternbild „Schiffskiel“ (lat. Name „Carina“) gelegenen Sternhaufen NGC 3590. Dieser etwa 35 Millionen Jahre alte Sternhaufen besteht aus mehreren Dutzend Sternen, welche durch die von ihnen ausgehenden gravitativen Einflüsse schwach aneinander gebunden sind. Entdeckt wurde der rund 7.500 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegene Haufen im Jahr 1835 durch den englischen Astronomen John Herschel.
Der Aufbau unserer Heimatgalaxie
NGC 3590 bietet nicht nur den interessierten Hobbyastronomen einen faszinierenden Anblick – er stellt auch ein nützliches Beobachtungsobjekt für professionelle Astronomen dar. Durch eingehende Untersuchungen dieses und anderer relativ nahe zu unserem Sonnensystem gelegener Sternhaufen können die Astronomen die Eigenschaften der Spiralscheibe unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, näher erforschen.
Eine der massereichsten Komponenten unserer Heimatgalaxie ist der sogenannte Bulge, eine Materieverdichtung im Zentrum der Milchstraße. Diese riesige, zentrale ‚Sternwolke‘ besteht aus etwa 10 Milliarden Sternen und verfügt über einen Durchmesser von mehreren tausend Lichtjahren. Von dem zentralen Bulge ausgehend erstrecken sich mehrere lange, geschwungene Ströme aus Gas und Sternen ins Weltall – die sogenannten Spiralarme.
Diese Arme, zwei dicht mit Sternen angereicherte Hauptarme und zwei weniger dicht ‚bevölkerte‘ Nebenarme, sind nach den Sternbildern benannt, durch die sie hauptsächlich verlaufen. Dementsprechend tragen sie die Bezeichnungen Carina-Sagittarius, Norma, Scutum-Centaurus und Perseus.
Der offene Sternhaufen NGC 3590 befindet sich im größten Einzelsegment eines Spiralarms, welcher von unserer Position in der Galaxis aus betrachtet werden kann – die stark mit Sternen bevölkerte und im Carina-Sagittarius-Nebenarm gelegene Spiralstruktur im Bereich des Sternbildes Carina. Der astronomische Name dieses Spiralarmes – Carina beziehungsweise Schiffskiel – ist durchaus angemessen.
Diese Spiralarme können auch als ‚Wellen‘ von konzentrierten interstellaren Gas- und Staubansammlungen – sogenannten Sternentstehungsgebieten – und Sternen angesehen werden, welche sich durch die Milchstraßenebene bewegen und dabei gelegentlich Ausbrüche von Sternentstehungen verursachen.
Offene Sternhaufen – Ein Feldlabor zur Überprüfung der Sternentstehungstheorien
Aus solchen H-II-Regionen geht in der Regel jedoch nicht nur ein einzelner, isolierter Stern hervor. Vielmehr reicht die Anzahl der sich zeitgleich in einem H-II-Gebiet bildenden Sterne von einigen Dutzend bis hin zu mehreren Tausend Sternen, welche nach dem Abschluss der Sternentstehungsphase in dieser Region des Weltalls zunächst einen offenen Sternhaufen wie den hier weiter unten gezeigten Haufen NGC 3590 bilden. Im Laufe der Jahrmillionen driften die ursprünglich alle zur selben Zeit und in der gleichen Region entstandenen Sterne dann langsam auseinander, bis sie nicht mehr als einstmals zusammenhängender Sternhaufen erkennbar sind.
Offene Sternhaufen stellen aufgrund der Art und Weise ihrer Entstehung – alle Sterne bildeten sich ursprünglich aus der gleichen Materiewolke – perfekte Beobachtungsziele für Astronomen dar, um die verschiedenen Theorien zur Entstehung und Entwicklung von Sternen zu überprüfen. Zudem ist es möglich, durch gezielte Analysen der in solchen Sternhaufen konzentrierten Sterne die Entfernungen der unterschiedlichen Teile eines Spiralarms genauer zu bestimmen und so mehr über die Struktur und den Aufbau unserer Heimatgalaxie zu erfahren.
Die hier gezeigte Aufnahme des offenen Sternhaufens NGC 3590 wurde mit dem Wide Field Imager (WFI) des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in den chilenischen Anden angefertigt und zeigt sowohl den Sternhaufen als auch die interstellaren Wolken aus Gas und Staub, welche ihn umgeben. Angeregt durch die Strahlung von nahe gelegenen heißen Sternen leuchten diese Wolken orange und rot. Das große Sichtfeld des WFI fängt außerdem eine gewaltige Anzahl von weiter entfernt gelegenen Hintergrundsternen ein.
Zwecks der Erstellung des hier gezeigten Bildes wurden mehrere Beobachtungen mit verschiedenen Filtern durchgeführt, um die verschiedenen Farben der Szenerie einzufangen. Anschließend wurden die Einzelaufnahmen zu einem einzigen Bild kombiniert. Neben Filtern, welche für den sichtbaren und infraroten Spektralbereich ausgelegt sind, wurde hierzu auch ein spezieller Filter, der nur die Strahlung von leuchtendem Wasserstoff sammelt, eingesetzt.
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