Der offene Sternhaufen NGC 2367 im Großen Hund

Eine am heutigen Tag von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt den offenen Sternhaufen NGC 2367. Hierbei handelt es sich um eine Ansammlung noch sehr junger Sterne, welche am Rand unserer Heimatgalaxie beheimatet sind.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, IAU, Sky&Telescope
Diese Auffindkarte zeigt das Sternbild Canis Major (zu deutsch „Großer Hund“) mit den meisten Sternen in dieser Region, welche unter guten Beobachtungsbedingungen bereits mit dem bloßen Auge sichtbar sind. Die Position des offenen Sternhaufens NGC 2367, der bereits mit einem kleinen Teleskop gut zu beobachten ist, wurde hier rot eingekreist.
(Bild: ESO, IAU, Sky&Telescope)

Einige der in unserer Heimatgalaxie angesiedelten Sterne sind mit einem Alter von mehr als 13 Milliarden Jahren nur wenige hundert Millionen Jahre jünger als das Universum, dessen Alter von den Astronomen mit einem Wert von etwa 13,8 Milliarden Jahren angegeben wird. Mit einem Alter von ‚lediglich‘ rund 4,6 Milliarden Jahren handelt es sich bei dem Zentralgestirn unseres Sonnensystems somit um einen noch verhältnismäßig jungen Stern, welcher gerade einmal seine mittlere ‚Lebensphase‘ erreicht hat. Andere Sterne der Milchstraße verfügen jedoch über ein noch deutlich geringeres Alter.

Diese Sterne haben sich – in astronomischen Zeiträumen betrachtet – erst vor relativ kurzer Zeit in sogenannten Sternentstehungsgebieten entwickelt. Aus so einer H-II-Region geht in der Regel jedoch nicht nur ein einzelner, isolierter Stern hervor. Vielmehr reicht die Anzahl der sich zeitgleich in einem H-II-Gebiet bildenden Sterne von einigen Dutzend bis hin zu mehreren tausend Sternen, welche nach dem Abschluss der Sternentstehungsphase in dieser Region des Weltalls zunächst einen offenen Sternhaufen bilden. Im Laufe der Jahrmillionen driften die ursprünglich alle zur selben Zeit und in der gleichen Region entstandenen Sterne dann langsam auseinander, bis sie nicht mehr als einstmals zusammenhängender Sternhaufen erkennbar sind. Bereits nach ein paar Hundert Millionen Jahren haben sich diese Haufen typischerweise komplett aufgelöst.

Offene Sternhaufen stellen aufgrund der Art und Weise ihrer Entstehung – alle Sterne bildeten sich ursprünglich aus der gleichen Materiewolke – perfekte Beobachtungsziele für Astronomen dar, um die verschiedenen Theorien zur Entstehung und Entwicklung von Sternen zu überprüfen. Aufgrund ihres vergleichbaren chemischen Aufbaus und des in etwa gleichen Alters können sie untereinander leichter verglichen werden.

Derartige Sternformationen sind typischerweise in den ‚Armen‘ von Spiralgalaxien wie unserer Heimatgalaxie – der Milchstraße – oder in den sternreichen Regionen von irregulären Galaxien zu beobachten. Somit ist es möglich, durch gezielte Analysen der in solchen offenen Sternhaufen konzentrierten Sterne die Entfernungen der unterschiedlichen Teilbereiche der Spiralarme der Milchstraßen-Galaxie genauer zu bestimmen und so mehr über die Struktur und den Aufbau unserer Heimatgalaxie zu erfahren.

ESO, G. Beccari
Diese eindrucksvolle Aufnahme des Sternhaufens NGC 2367 wurde mit dem Wide Field Imager angefertigt – einer Kamera, welche am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) konzipiert wurde und die sich zur Zeit am MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO in Chile befindet.
(Bild: ESO, G. Beccari)

Der offene Sternhaufen NGC 2367
Bei einem der mehr als 1.000 offenen Sternhaufen, welche den Astronomen derzeit in unserer Heimatgalaxie bekannt sind, handelt es sich um den im Sternbild Canis Major (zu deutsch „Großer Hund“) gelegenen Haufen NGC 2367. Bei einer Entfernung von etwa 7.000 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem verfügt dieser Sternhaufen am Nachthimmel über einen Durchmesser von knapp 3,5 Bogenminuten. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 7,9 mag kann NGC 2367 bereits mit einem kleineren Teleskop beobachtet werden. Entdeckt wurde dieser Sternhaufen am 20. November 1784 von dem in Hannover geborenen englischen Astronomen Sir William Herschel.

Die meisten Sterne des Sternhaufens NGC 2367, welcher sich vor gerade einmal etwa fünf Millionen Jahren gebildet hat, sind noch sehr ‚heiß‘ und leuchten deshalb in einem intensiven blauen Licht. Wie auch viele weitere offene Sternhaufen ist auch NGC 2367 in einen Emissionsnebel eingebettet. Die Überreste dieses Nebels erscheinen als Wolken aus Wasserstoffgas, welches von einer durch die heißesten Sterne des Sternhaufens freigesetzten ultravioletten Strahlung ionisiert wurde. Dieses Gas macht sich durch ein rötliches Leuchten bemerkbar.

Im Fall von NGC 2367 ist jedoch ungewöhnlich, dass – wenn man aus dem Sternhaufen und dem Nebel herauszoomt – eine zusätzliche und um einiges ausgedehntere Struktur erkennbar wird. Die Astronomen gehen davon aus, dass der Sternhaufen NGC 2367 und der umgebende Emissionsnebel den Kern eines größeren Nebels namens Brand 16 darstellen, welcher wiederum lediglich ein Teil einer riesigen ‚Superblase‘ mit der Bezeichnung GS234-02 ist.

ESO, Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin
Diese Weitwinkelaufnahme der Region um den offenen Sternhaufen NGC 2367 wurde aus dem fotografischen Material des Digitized Sky Survey 2 erstellt. Der Sternhaufen selbst ist als der ‚dichte Knoten‘ aus blauen Sternen im Zentrum des Fotos erkennbar.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin)

Die Superblase GS234-02
Hierbei handelt es sich um eine Struktur, welche über eine Ausdehnung von mehreren hundert Lichtjahren verfügt und die sich in den Außenbereichen unserer Heimatgalaxie befindet. Ihre Existenz begann, als eine Gruppe massereicher Sterne, welche starke Sternwinde freisetzten, einzelne expandierende Blasen aus heißem Gas erzeugten. Diese benachbarten Blasen verschmolzen letztendlich miteinander und bildeten eine einzige größere Blase. Die Sterne im Zentrum dieser Blase explodierten aufgrund ihrer kurzen Lebensspanne alle zu einer ähnlichen Zeit als Supernovae, wodurch sich diese Blase noch weiter ausdehnen konnte.

In der Folgezeit verschmolz diese Struktur mit weiteren, auf die gleiche Weise entstandenen Blasen aus der ‚kosmischen Nachbarschaft‘ und bildete schließlich mit diesen die jetzt zu beobachtende Superblase GS234-02. Derartige konzentrisch expandierende Gebilde zählen zu den größtmöglichen Strukturen innerhalb einer Galaxie und stellen ein eindrucksvolles Beispiel für die verworrenen und doch zusammenhängenden Strukturen dar, welche im Bereich einer Galaxie durch das ‚Leben und Sterben‘ von Sternen entstehen können.

Die hier gezeigte Aufnahme des offenen Sternhaufens NGC 2367 wurde mit dem Wide Field Imager (WFI) des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in den chilenischen Anden angefertigt und zeigt sowohl den Sternhaufen als auch die interstellaren Wolken aus Gas und Staub, welche ihn unmittelbar umgeben.

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