Der offene Sternhaufen Messier 47

Eine am vergangenen Mittwoch von der Europäischen Südsternwarte veröffentlichte Aufnahme zeigt den aus etwa 50 Sternen bestehenden offenen Sternhaufen Messier 47. Einige der dort befindlichen heißen und noch relativ jungen Sterne leuchten in einem bläulichem Licht, während massereichere Sterne bereits das Stadium von Roten Riesen erreicht haben und somit in einen orangefarbenen Farbton erscheinen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, IAU, Sky&Telescope
Diese Karte zeigt das am Südsternhimmel befindliche Sternbild Puppis mit den meisten Sternen in dieser Region, welche unter guten Beobachtungsbedingungen mit dem bloßen Auge sichtbar sind. Der offene Sternhaufen Messier 47, welcher auch ohne optische Hilfsmittel mit dem bloßem Auge am Himmel zu sehen ist, wurde hier mit einem roten Kreis markiert. Unmittelbar neben M 47 befindet sich ein weiterer offener Sternhaufen – Messier 46. Für dessen Beobachtung ist jedoch ein Fernglas oder ein kleines Teleskop erforderlich.
(Bild: ESO, IAU, Sky&Telescope)

Einige der in unserer Heimatgalaxie angesiedelten Sterne sind mit einem Alter von mehr als 13 Milliarden Jahren nur wenige hundert Millionen Jahre jünger als das Universum, dessen Alter von den Astronomen mit einem Wert von etwa 13,8 Milliarden Jahren angegeben wird. Mit einem Alter von ‚lediglich‘ rund 4,6 Milliarden Jahren handelt es sich bei dem Zentralgestirn unseres Sonnensystems somit um einen noch verhältnismäßig jungen Stern, welcher gerade einmal seine mittlere ‚Lebensphase‘ erreicht hat. Andere Sterne der Milchstraße verfügen jedoch über ein noch deutlich geringeres Alter.

Diese Sterne haben sich – in astronomischen Zeiträumen betrachtet – erst vor relativ kurzer Zeit in sogenannten Sternentstehungsgebieten entwickelt. Aus so einer H-II-Region geht in der Regel jedoch nicht nur ein einzelner, isolierter Stern hervor. Vielmehr reicht die Anzahl der sich zeitgleich in einem H-II-Gebiet bildenden Sterne von einigen Dutzend bis hin zu mehreren tausend Sternen, welche nach dem Abschluss der Sternentstehungsphase in dieser Region des Weltalls zunächst einen offenen Sternhaufen bilden.

Derartige Sternformationen sind typischerweise in den ‚Armen‘ von Spiralgalaxien oder in den sternreichen Regionen von irregulären Galaxien zu beobachten.

Der offene Sternhaufen Messier 47
Bei einem der mehr als 1.000 offenen Sternhaufen, welche den Astronomen derzeit in unserer Heimatgalaxie bekannt sind, handelt es sich um den im Sternbild Puppis (zu deutsch „Achterdeck des Schiffs“) gelegenen Haufen Messier 47.

Erstmals erwähnt wurde dieser Sternhaufen in dem im Jahr 1654 von dem italienischen Astronomen Giovanni Battista Hodierna veröffentlichten Katalog „De Amirandis Coeli Characteribus“, in dem rund 40 Deep-Sky-Objekte aufgelistet sind. Der Sternhaufen wurde schließlich unabhängig von den Beobachtungen Hodiernas von dem französischen Astronomen Charles Messier ’neu entdeckt‘ und anschließend unter der Nummer „47“ in dessen Messier-Katalog aufgenommen, welcher 110 markante Nebel, Sternhaufen und Galaxien beschreibt.

M 47 – so die verkürzte Namensbezeichnung dieses Sternhaufens – befindet sich in einer Entfernung von etwa 1.600 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem und ist einer der am ‚dünnsten besiedelten‘ offenen Sternhaufen innerhalb unserer Heimatgalaxie. In einem Gebiet, welches über eine Ausdehnung von rund 12 Lichtjahren verfügt, konzentrieren sich hier lediglich etwa 50 Sterne. Trotzdem erreicht dieser Sternhaufen, welcher am Nachthimmel über einen Durchmesser von knapp 30 Bogenminuten verfügt, eine scheinbare Helligkeit von 4,4 mag und kann somit unter guten Bedingungen bereits mit dem bloßen Auge beobachtet werden.

ESO
Diese eindrucksvolle Aufnahme des Sternhaufens Messier 47 wurde mit dem Wide Field Imager angefertigt – einer Kamera, welche am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) konzipiert wurde und die sich zur Zeit am MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO in Chile befindet. Der hier gezeigte Sternhaufen wird von einer Vielzahl von hell leuchtenden, blauen Sternen dominiert, enthält aber zugleich auch einige wenige rote Riesensterne.
(Bild: ESO)

Allerdings war der offene Sternhaufen Messier 47 nicht immer so einfach aufzufinden. Tatsächlich galt er über einen langen Zeitraum sogar als ‚vermisst‘, da Charles Messier dessen Himmelskoordinaten fehlerhaft notiert hatte. Zwischenzeitlich wurde M 47 deshalb unter der Bezeichnung NGC 2422 in den New General Catalogue des dänischen Astronomen Johan Ludvig Emil Dreyer aufgenommen. Die Feststellung, dass es sich bei M 47 und NGC 2422 in Wirklichkeit um das gleiche Objekt handelt, wurde erst im Jahre 1959 von dem kanadischen Astronomen T. F. Morris getätigt.

Viele ‚blaue‘, aber auch wenige ‚rote‘ Sterne
Aus den unterschiedlichen Farben, in denen die Sterne von M 47 ‚leuchten‘, können die Astronomen auf deren jeweilige Temperaturen schließen, da heißere Sterne im Bereich des sichtbaren Lichtspektrums ‚blauer‘ und kühlere Sterne ‚röter‘ erscheinen. Diese Beziehung zwischen der Farbe, der Helligkeit und der Temperatur kann durch die sogenannte Planck-Kurve dargestellt werden. Durch spektroskopische Untersuchungen des Lichts können die Astronomen zudem weitere Erkenntnisse über die Sterne gewinnen. Neben der chemischen Zusammensetzung kann dabei auch deren Rotationsdauer ermittelt werden.

Außerdem liefern die Farben Hinweise darauf, in welchem Stadium der Sternentwicklung sich die verschiedenen Sterne befinden. Die Lebenszeit eines Sterns hängt in erster Linie von seiner ursprünglichen Masse ab. Massereiche Sterne, welche um ein Vielfaches schwerer als unsere Sonne sind, haben eine kurze Lebensdauer von nur einigen Millionen Jahren. Masseärmere Sterne können dagegen viele Milliarden Jahre lang existieren. In einem Sternhaufen konzentrierte Sterne verfügen in etwa über das gleiche Alter und die gleiche chemische Zusammensetzung.

Der Sternhaufen M 47 wird von in blau-weißen Farben leuchtenden Sternen dominiert. Diese Sterne haben ihre Existenz mit eher moderaten Massen begonnen und befinden sich noch in einem frühen Stadium ihrer Entwicklung. Die ursprünglich massereicheren Sterne von M 47 haben dagegen ihren für die Kernfusion notwendigen Vorrat an Wasserstoff mittlerweile aufgebraucht und sind in das Stadium von Roten Riesen übergegangen, was sich in deren rötlichen Färbung bemerkbar macht.

ESO, Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin
Diese Weitwinkelaufnahme der Region um den offenen Sternhaufen Messier 47 wurde aus fotografischem Material des Digitized Sky Survey 2 erstellt. Am linken Bildrand ist der scheinbare kosmische Nachbar von M 47 – der offene Stenhaufen Messier 46 – erkennbar.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin)

Scheinbare kosmische Nachbarn
Rein zufällig befindet sich M 47 am Nachthimmel unmittelbar neben einem weiteren offenen Stenhaufen, welcher als Messier 46 bezeichnet wird. Der hier beschriebene offene Sternhaufen Messier 47 befindet sich in etwa 1.600 Lichtjahren Entfernung von unserem Sonnensystem. Messier 46 ist dagegen rund 5.500 Lichtjahre von uns entfernt und enthält mit etwa 500 Mitgliedern weitaus mehr Sterne. Obwohl er mehr Sterne beinhaltet, erscheint er mit lediglich 6,1 mag dennoch deutlich lichtschwächer, was seiner größeren Entfernung geschuldet ist. Ein weiterer Unterschied findet sich in den unterschiedlichen Altern dieser beiden Sternhaufen. Mit einem Alter von etwa 300 Millionen Jahren ist Messier 46 deutlich älter als der lediglich nur 78 Millionen Jahre alte Sternhaufen M 47. Trotzdem könnten diese beiden Sternhaufen als das Äquivalent für einen optischen Doppelstern bezeichnet werden.

Kosmische Edelsteine
Die hier gezeigte und bereits am vergangenen Mittwoch von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme wurde mit dem Wide Field Imager (WFI) des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops am La Silla-Observatorium der ESO in den nordchilenischen Anden im Rahmen des „Cosmic Gems-Programms“ angefertigt. Bei diesem Programm handelt es sich um eine Initiative der ESO zur Erstellung von astronomischen Aufnahmen für die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Das Programm nutzt hauptsächlich Beobachtungszeiten, während derer die Beobachtungsbedingungen nicht den strengen Ansprüchen einer wissenschaftlichen Beobachtungsarbeit genügen, um Himmelsaufnahmen von interessanten, faszinierenden oder von Himmelsobjekten anzufertigen, die einfach nur ’schön anzusehen‘ sind. Die Bilddaten sind anschließend im wissenschaftlichen Archiv der ESO für jedermann zugänglich.

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