Der Kugelsternhaufen Messier 55

Eine heute von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme zeigt den Kugelsternhaufen Messier 55. Die in Kugelsternhaufen befindlichen Sterne gehören zu den ältesten des Universums. Aus ihrer Beobachtung können Astronomen wichtige Erkenntnisse über die Entwicklungsgeschichte und die Alterungsprozesse von Galaxien ableiten.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO, Wikipedia.

ESO,  IAU, Sky & Telescope
Die Konstellation des Sternbildes Schütze. Der rote Kreis markiert die Position des Kugelsternhaufens Messier 55.
(Bild: ESO, IAU, Sky & Telescope)

Bei einem Kugelsternhaufen handelt es sich um eine Ansammlung von Sternen, welche durch Gravitationskräfte auf engstem Raum gebunden sind. Diese kugelförmigen Sternansammlungen verfügen über Durchmesser von mehreren Dutzend Lichtjahren und beherbergen teilweise deutlich mehr als 100.000 Sterne. Diese Sternhaufen sind dabei wiederum gravitativ an Galaxien gebunden, in deren Halo sie sich bewegen.

Bisher konnten Astronomen in der Umgebung unserer Heimatgalaxie etwa 160 solcher Kugelsternhaufen entdecken. Die meisten dieser die Milchstraße umkreisenden Kugelsternhaufen befinden sich von unserem Sonnensystem aus gesehen in Richtung der zentralen Verdickung der Milchstraßenscheibe. Größere Galaxien können allerdings von noch deutlich mehr Kugelsternhaufen umkreist werden. Aus der Umgebung der Andromedagalaxie – auch als Messier 31 bezeichnet – sind zum Beispiel mehr als 500 dieser Sternhaufen bekannt. Die im Sternbild Jungfrau gelegenen Galaxie Messier 87 wird anscheinend sogar von bis zu 12.000 Kugelsternhaufen umlaufen.

Die Beobachtungen der Astronomen zeigen, dass sich die in einem Kugelsternhaufen konzentrierten Sterne alle zur gleichen Zeit und aus der gleichen Ansammlung von interstellaren Gaswolken gebildet haben. Allgemein geschah dies bereits vor mehr als 10 Milliarden Jahren. Dies datiert die Entstehungsphase dieser Sterne in ein kosmisches Zeitalter, in dem seit dem Urknall erst wenige Milliarden Jahre vergangen waren.

Dementsprechend setzen sich die in einem Kugelsternhaufen angesammelten Sterne hauptsächlich aus den beiden leichtesten im Universum enthaltenen Elementen zusammen – Wasserstoff und Helium. Diese geringe Häufigkeit von schweren Elementen ist einer der Hauptunterschiede zwischen den in Kugelsternhaufen enthaltenen Sternen und Sternen, die zu einem späteren Zeitpunkt entstanden sind, wie zum Beispiel den in offenen Sternhaufen konzentrierten Sternen oder Einzelsternen wie der Sonne.

Die Sterne dieser jüngeren Sterngenerationen – die Sonne wurde zum Beispiel erst vor rund 4,6 Milliarden Jahren „geboren“ – entstanden aus interstellaren Materiekonzentrationen, welche bereits mit schwereren Elementen angereichert waren, so dass diese eine höhere Metallizität aufweisen. Durch die Analyse der unterschiedlich alten Sterne können die Astrophysiker viele neue Erkenntnisse über die Entwicklungsgeschichte des Universums, der Entstehung und Evolution der Sterne sowie der dabei ablaufenden Prozesse gewinnen.

ESO, J. Emerson, VISTA. Acknowledgment: Cambridge Astronomical Survey Unit
Diese eindrucksvolle Aufnahme des Kugelsternhaufens Messier 55 im Sternbild Sagittarius wurde im infraroten Licht mit dem VISTA-Teleskop der ESO angefertigt. Rechts und etwas oberhalb der Bildmitte gelegen ist zudem eine rötlich leuchtende und besonders auffällige Spiralgalaxie zu erkennen, welche sich in einer deutlich größeren Entfernung befindet.
(Bild: ESO, J. Emerson, VISTA. Acknowledgment: Cambridge Astronomical Survey Unit)

Die heute von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme des Kugelsternhaufens Messier 55 wurde im infraroten Licht mit dem „Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy“ (übersetzt das „Astronomische Durchmusterungsteleskop für sichtbares und infrarotes Licht“) aufgenommen. Das VISTA-Teleskop, so die gebräuchliche Abkürzung, verfügt über einen Spiegeldurchmesser von 4,1 Metern und befindet sich am Paranal-Observatorium der ESO im Norden Chiles.

Der Kugelsternhaufen befindet sich in einer Entfernung von etwa 17.300 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem im Sternbild Sagittarius („Schütze“). Der Sternhaufen bedeckt eine Fläche von rund 19 Bogenminuten, was in etwa zwei Drittel des Vollmonddurchmessers entspricht. Dabei erreicht Messier 55 eine scheinbare visuelle Helligkeit von +7,42 mag.

Somit kann der auffallend große Sternhaufen auch von Amateurastronomen bereits mit einem kleineren Teleskop oder einem lichtstarken Feldstecher relativ problemlos beobachtet werden. Allerdings ist der Sternhaufen aufgrund seiner südlichen Position am Nachthimmel von Mitteleuropa aus nur schwer aufzufinden. Für eine erfolgreiche Beobachtung ist deshalb ein weiter südlich gelegener Standort zu empfehlen.

Im Inneren des etwa 100 Lichtjahre durchmessenden Sternhaufens konzentrieren sich rund 100.000 Sterne. Entdeckt wurde das Objekt am 16. Juni 1752 von dem französischen Astronomen Nicolas Louis de Lacaille im Rahmen einer in Südafrika durchgeführten Durchmusterung der südlichen Himmelshemisphäre. Der Astronom Charles Messier nahm den Sternhaufen 26 Jahre später unter der Nummer 55 in den allgemein bekannten Messier-Katalog auf. Als „NGC 6809“ ist der Haufen zudem auch in einem weiteren astronomischen Katalog, dem New General Catalogue, aufgelistet.

Zusätzlich zu den Sternen des Kugelsternhaufens Messier 55 zeigt die aktuelle VISTA-Aufnahme der ESO eine Vielzahl von Galaxien, die sich in weit größeren Entfernungen zu unserem Sonnensystem befinden als der Kugelsternhaufen. So ist zum Beispiel rechts und etwas oberhalb der Bildmitte eine besonders auffällige Spiralgalaxie zu erkennen, welche in rötlichen Farben erscheint und die wir direkt von der Seite sehen.

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