Vom 8. bis zum 13. September 2013 findet in London die mittlerweile achte European Planetary Science Conference statt. Es werden bis zu 800 Teilnehmer aus der weltweiten Wissenschaftsgemeinde der Planetenforscher erwartet, welche im Rahmen dieses internationalen Kongresses unter anderem den Vorträgen führender Projektwissenschaftler der ESA, der NASA und verschiedener in die planetare Forschung involvierter Institute und Universitäten folgen werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Europlanet, EPSC 2013.
Diverse Raumsonden und Rover, welche mit hochauflösenden Kamerasystemen, hochmodernen Messinstrumenten, immer intelligenteren Sensoren und leistungsfähigeren Computersystemen und Softwareprogrammen ausgerüstet sind, dringen gegenwärtig immer tiefer in die Weiten unseres Sonnensystems vor. Sowohl verschiedene Weltraumteleskope wie zum Beispiel das Hubble Space Telescope oder das Spitzer-Teleskop als auch erdgestützte Groß-Teleskope liefern zudem ständig neue Fotoaufnahmen und Daten über die Planeten, Monde, Kometen und Asteroiden unseres heimatlichen Sonnensystems und erfassen mit ihren innovativen Aufnahmetechniken mittlerweile auch bereits die Exoplaneten, welche fremde und oftmals viele hunderte von Lichtjahren entfernt gelegene Sterne umkreisen. Mittlerweile vergeht dabei keine Woche mehr, in welcher nicht neue Forschungsdaten, atemberaubende Bilder und sensationelle Erkenntnisse aus dem weiten Forschungsfeld der Planetologie veröffentlicht werden, welche sowohl die in die Planetenforschung involvierten Experten als auch die interessierte Öffentlichkeit begeistern.
Aus diesen neu gewonnenen Daten, aber auch aus teilweise bereits mehrere Jahrzehnte alten Messergebnissen, leiten die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte unseres Planetensystems und des Universums sowie über die physikalischen, chemischen und geologischen Eigenschaften der einzelnen planetaren Objekte ab. Gleichzeitig ergeben sich dabei aber mit jeder erhaltenen Antwort fast automatisch auch immer wieder neue Fragestellungen, welche durch weitere Forschungen und durch zukünftige Raummissionen beantwortet werden sollen.
Vom 8. bis zum 13. September 2013 wird sich die weltweite Wissenschaftsgemeinde der Planetenforscher im Rahmen des diesjährigen „European Planetary Science Congress“ (EPSC) neben der Präsentation weiterer neuer Forschungsergebnisse genau solchen neu aufgetretenen Fragen widmen und dabei nach Wegen suchen, um diese im Rahmen zukünftiger Forschungsprojekte und Weltraummissionen zu beantworten.
Durch den mittlerweile seit dem Herbst 2006 regelmäßig stattfindenden EPSC-Kongress ergibt sich die Gelegenheit, Fachkräfte aus den verschiedensten Bereichen der Planetenforschung – Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure der einzelnen gegenwärtig aktiven und für die Zukunft geplanten interplanetaren Missionen, Fachleute für bodengebundene astronomische Beobachtungen und überwiegend in den verschiedensten theoretischen Arbeitsbereichen tätige Forscher – an einem Ort zu einem gegenseitigen Wissens- und Gedankenaustausch zusammenzuführen.
Der EPSC-Kongress ist der größte regelmäßig in Europa stattfindende Kongress der Planetenforscher. Für den EPSC-Kongress 2013, welcher in diesem Jahr auf dem Gelände des University College London stattfindet, haben sich rund 800 Teilnehmer aus Europa und den USA, aber zum Beispiel auch aus Russland und Japan angekündigt. Die von Montag bis Freitag stattfindende Fachtagung setzt sich aus 75 verschiedenen Sessions und verschiedenen, auf spezielle Themen ausgerichtete Splinter-Meetings und Workshops zusammen, welche ein umfassendes Themenspektrum abdecken.
Die darin enthaltenen fast 1.100 Beiträge, welche in Form kurzer mündlicher Vorträge oder im Rahmen einer Posterpräsentation dargebracht werden, reichen vom Themenbereich der Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, deren Ringsystemen, Atmosphären und Monden über die sogenannten terrestrischen (erdähnlichen) Planeten Merkur, Venus und Mars und über unseren Erdmond bis hin zu den kleinsten Objekten unseres Sonnensystems, den Asteroiden, Kometen und Meteoren. Besondere Höhepunkte dürften dabei die Präsentationen der jüngsten Forschungsergebnisse der Raumsonde DAWN, welche sich bis Anfang September 2012 in einem Orbit um den Asteroiden Vesta befand, und des immer noch aktiven Merkurorbiters Messenger sein. Und auch von der neuesten Rovermission der NASA, von dem Marsrover Curiosity, sollen weitere Ergebnisse präsentiert werden.
Aber auch neueste Erkenntnisse aus dem Themenbereich der Exoplanetenforschung, aktuelle Forschungsergebnisse aus der Astrobiologie und diverse Feldforschungsstudien sollen vorgestellt und dabei im Rahmen der jeweiligen Vorträge kurz diskutiert werden. Ebenso werden auch die technischen Aspekte zukünftiger Raum-Missionen bei dem Kongress nicht außer Acht gelassen. Neben den technischen Erfahrungen der aktuellen Missionen wird im Rahmen mehrerer Workshops auch ein Austausch über zukünftige Raummissionen stattfinden. So werden die Wissenschaftler und Ingenieure zum Beispiel über die Zielsetzungen künftiger Missionen oder die technischen Möglichkeiten von Orbitern, Landern und Rovern bei der Erforschung fremder Planeten und Monde und die mit der Planung und Durchführung solcher Missionen verbundenen Probleme diskutieren. Neben der ExoMars-Mission der ESA, welche aus einem 2016 zu startenden Marsorbiter und einem Rover – voraussichtlicher Starttermin ist das Jahr 2018 – besteht, wird hierbei auch die zukünftige Jupitermission JUICE im Detail erörtert, welche im Juni 2022 zum größten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems aufbrechen soll.
Um die Gespräche und Diskussionen der Beteiligten in einer möglichst entspannten Atmosphäre zu ermöglichen, wurde für den diesjährigen Kongress – wie auch bereits in den Vorjahren – erneut ein vielfältiger Mix aus teilweise parallel stattfindenden Vorträgen, Workshops, Splinter-Meetings, Panels und Posterpräsentationen als Veranstaltungsform gewählt.
Sie sind gerade in London? Schauen Sie vorbei!
Ein spezieller Themenkomplex wird sich dabei erneut der Zusammenarbeit der professionellen Wissenschaftler mit der internationalen Gemeinde der Amateurastronomen und „Hobbyplanetologen“ widmen. Diese Zusammenarbeit erwies sich in den vergangenen Jahren bereits als sehr erfolgreich und erstreckte sich dabei speziell auf die Beobachtung der Planeten Jupiter und Saturn, wo Amateurastronomen wertvolle Bilder über Kometen- und Asteroidenimpakte (Jupiter) oder das aktuelle Wettergeschehen (Saturn) liefern konnten, welche aufgrund der begrenzten Beobachtungszeiten in diesem Umfang nicht mit professionellen Instrumenten hätten angefertigt werden können. Aber auch bei der gezielten und regelmäßig erfolgenden Beobachtung des Mondes, der Venus, von Kometen oder von Meteoren und der Bestimmung von deren Fallraten sind Amateurastronomen gefragt und werden aktiv in aktuelle Beobachtungsprogramme der Wissenschaftler eingebunden.
Diese Zusammenarbeit geht Hand in Hand mit einem weiteren erklärten Ziel des Kongresses. Durch die Arbeit der Wissenschaftler soll unter anderem auch das sogenannte „Public Outreach“, die Verbreitung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die gleichzeitig erfolgende Einbindung der interessierten Öffentlichkeit in die damit verbundenen Arbeiten der beteiligten Wissenschaftler der verschiedenen europäischen Forschungsinstitute verbessert werden. Durch eine innovative Öffentlichkeitsarbeit, so das Ziel, sollen die Aktivitäten der Planetenforscher bei den Bürgern, bei der Industrie und nicht zuletzt auch bei den für die Vergabe der benötigten Finanzmitteln verantwortlichen politischen Entscheidungsträgern mehr Beachtung finden.
Das „Festival der Planeten“ in London
Um deren Interesse an der Erforschung des Weltalls noch weiter voranzutreiben findet parallel zu dem EPSC ein von verschiedenen Partnerorganisationen des diesjährigen Kongresses (UCL, Bloomsbury Theatre, British Interplanetary Society, Baker Street Irregular Astronomers, Royal Observatory Greenwich, Natural History Museum, Royal Astronomical Society) organisiertes „Festival der Planeten“ statt. Diese Veranstaltungen beinhalten unter anderem künstlerische Darbietungen, mehrere Filmvorführungen, eine „Star Party“ und öffentliche Fachvorträge. Sollten Sie sich gegenwärtig gerade in London aufhalten, so schauen Sie doch einfach einmal vorbei und teilen Ihr Interesse an Astronomie und Raumfahrt mit anderen Menschen! Nähere Details zu den diversen Veranstaltungen finden Sie auf einer entsprechenden Internetseite. Aber auch ein direkter Besuch des Kongresses und eine Teilnahme an den diversen Vorträgen ist für Interessierte möglich.
Der European Planetary Science Congress 2014 findet im nächsten Jahr vom 7. bis zum 12. September am „Estoril Congress Center“ in der Nähe von Lissabon/Portugal statt.
Verwandte Website:
- EPSC-Kongress 2013 (engl.)