Vom 2. bis 7. Oktober 2011 laden das europäische Forschungsnetzwerk Europlanet und die Division for Planetary Sciences der American Astronomical Society die weltweite Wissenschaftsgemeinde der Planetenforscher nach Nantes ein. Es werden über 1.200 Teilnehmer erwartet, welche sich im Rahmen eines internationalen Kongresses unter anderem auf die Vorträge führender Projektwissenschaftler von ESA, NASA und weiteren Institutionen freuen dürfen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Europlanet, EPSC-DPS 2011.
Immer mehr Raumsonden, welche mit hochauflösenden Kamerasystemen, hochmodernen Messinstrumenten, immer intelligenteren Sensoren und leistungsfähigeren Computersystemen und Softwareprogrammen ausgerüstet sind, dringen immer tiefer in die Weiten unseres Sonnensystems vor. Sowohl Weltraumteleskope wie zum Beispiel das Hubble Space Telescope, das Spitzer-Teleskop, Kepler oder CoRoT als auch erdgestützte Teleskope liefern ständig neue Bilder und Daten über die Planeten, Monde, Kometen und Asteroiden unseres Heimatsystems und erfassen mit ihren innovativen Aufnahmetechniken inzwischen auch bereits die Exoplaneten, welche fremde und oftmals viele hunderte von Lichtjahren entfernt gelegene Sterne umkreisen. Mittlerweile vergeht so keine Woche mehr, in welcher nicht neue Daten, atemberaubende Bilder und sensationelle Erkenntnisse aus dem weiten Forschungsfeld der Planetologie veröffentlicht werden, welche sowohl die interessierte Öffentlichkeit als auch die Fachwelt begeistern.
Aus den gewonnenen Daten leiten die Wissenschaftler neue Erkenntnisse über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte unseres Planetensystems und des Universums sowie über die physikalischen, chemischen und geologischen Eigenschaften der einzelnen planetaren Objekte ab. Gleichzeitig ergeben sich dabei aber mit jeder erhaltenen Antwort auch fast automatisch immer wieder neue Fragestellungen, welche durch weitere Forschungen und zukünftige Raummissionen beantwortet werden sollen. Vom 2. bis 7. Oktober 2011 wird sich die weltweite Wissenschaftsgemeinde der Planetenforscher im Rahmen des „EPSC-DPS Joint Meeting 2011“ neben der Präsentation weiterer neuer Forschungsergebnisse genau solchen neu aufgetretenen Fragen widmen.
Der jährlich stattfindende „European Planetary Science Congress“ (EPSC) wird von dem europäische Forschungsnetzwerk „Europlanet“ in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Division for Planetary Sciences (DPS) der American Astronomical Society veranstaltet. Neben den aus den USA stammenden Mitgliedern sind auch viele Wissenschaftler aus anderen Ländern in der DPS organisiert. Deshalb veranstaltet die DPS ihre jährlichen Treffen alle vier Jahre außerhalb der USA.
Durch den gemeinsamen Kongress ergibt sich die Gelegenheit, Fachkräfte aus den verschiedensten Bereichen der Planetenforschung – Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure der einzelnen gegenwärtig aktiven und für die Zukunft geplanten interplanetaren Missionen, Fachleute für bodengebundene astronomische Beobachtungen und überwiegend in den verschiedensten theoretischen Arbeitsbereichen tätige Forscher – an einem Ort zu einem gegenseitigen Wissens- und Gedankenaustausch zusammenzuführen.
Das am 1. Januar 2005 gegründete europäische Forschungsnetzwerk „Europlanet“ wird über das Rahmenprogramm der Europäischen Kommission mitfinanziert. Es soll, so die Zielsetzung, die Arbeit der europäischen Planetenwissenschaftler koordinieren und vernetzen. Neben der Abstimmung der einzelnen Aktivitäten sollen dabei Studien, Laborexperimente, Simulationen und Synergien zwischen den verschiedenen Forschungsansätzen erläutert und diskutiert werden. Durch diesen Erfahrungsaustausch soll eine bessere nationale und internationale Vernetzung der an den unterschiedlichen Aktivitäten beteiligten Wissenschaftler erreicht werden. Europlanet unterstützt diese Vernetzung unter anderem durch die Organisation von Konferenzen und durch die Vermittlung von Zugangsmöglichkeiten zu Labors und Feldforschungsprojekten.
Europlanet gehören gegenwärtig über 100 Forschungsinstitutionen und -gesellschaften an, welche 157 verschiedene Institute aus 16 Ländern repräsentieren. Aus Deutschland sind derzeit das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Max-Planck-Gesellschaft, das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg, das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau, die Universitäten Köln, Mainz, Potsdam, Stuttgart, Würzburg und Münster sowie die Technischen Universitäten in Berlin und München vertreten.
Der EPSC ist der größte europäische Kongress der Planetenforscher. Für den EPSC-DPS-Kongress 2011, welcher in diesem Jahr im Kongresszentrum der Stadt Nantes in Frankreich abgehalten wird, haben sich über 1.000 Teilnehmer aus Europa und den USA, aber zum Beispiel auch aus Russland oder Japan angekündigt. Die von Montag bis Freitag stattfindende Tagung setzt sich aus über 100 verschiedenen Sessions und 32 speziellen Splinter-Meetings und Wokshops zusammen, welche ein umfassendes Themenspektrum beinhalten.
Die darin enthaltenen Beiträge, welche in Form kurzer mündlicher Vorträge oder im Rahmen einer Posterpräsentation dargebracht werden, reichen vom Thema Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun und deren Monden über die sogenannten terrestrischen (erdähnlichen) Planeten Merkur, Venus und Mars und über unseren Erdmond bis hin zu den kleinsten Objekten unseres Sonnensystems, den Asteroiden, Kometen und Meteoren. Besondere Höhepunkte dürften die Präsentationen der jüngsten Forschungsergebnisse der Raumsonden DAWN und Messenger sein, welche zur Zeit den Asteroiden Vesta beziehungsweise den innersten Planeten unseres Sonnensystems, den Merkur, umkreisen.
Aber auch neueste Erkenntnisse aus dem Themenbereich der Exoplanetenforschung und Forschungsergebnisse aus der Astrobiologie sollen vorgestellt und dabei im Rahmen der jeweiligen Vorträge kurz diskutiert werden. Ebenso werden die technischen Aspekte zukünftiger Raum-Missionen bei dem Kongress nicht außer Acht gelassen. Neben den technischen Erfahrungen der aktuellen Missionen wird im Rahmen mehrerer Workshops auch ein Austausch über zukünftige Raummissionen stattfinden. So werden die Wissenschaftler zum Beispiel über die Zielsetzungen künftiger Missionen oder die technischen Möglichkeiten von Orbitern, Landern und Rovern bei der Erforschung fremder Planeten und Monde und die mit der Planung und Durchführung solcher Missionen verbundenen Probleme diskutieren.
Um die Gespräche und Diskussionen der Beteiligten in einer möglichst entspannten Atmosphäre zu ermöglichen, wurde für den diesjährigen Kongress – wie auch bereits in den Vorjahren – erneut ein vielfältiger Mix aus teilweise parallel stattfindenden Vorträgen, Workshops, Splinter-Meetings, Panels und Posterpräsentationen als Veranstaltungsform gewählt.
Ein spezieller Themenkomplex wird sich dabei erneut der Zusammenarbeit der professionellen Wissenschaftler mit der internationalen Gemeinde der Amateurastronomen und „Hobbyplanetologen“ widmen. Diese Zusammenarbeit erwies sich in den vergangenen Jahren bereits als sehr erfolgreich und erstreckte sich dabei speziell auf die Beobachtung der Planeten Jupiter und Saturn, wo Amateurastronomen wertvolle Bilder über Kometen- und Asteroidenimpakte (Jupiter) oder das aktuelle Wettergeschehen (Saturn) liefern konnten, welche aufgrund der begrenzten Beobachtungszeiten in diesem Umfang nicht mit professionellen Instrumenten hätten angefertigt werden können. Aber auch bei der gezielten Beobachtung des Mondes oder von Meteoren und der Bestimmung von deren Fallraten sind Amateurastronomen gefragt und werden in aktuelle Beobachtungsprogramme der Wissenschaftler eingebunden.
Diese Zusammenarbeit geht Hand in Hand mit einem weiteren erklärten Ziel von Europlanet. Durch die Arbeit des Forschungsnetzwerkes soll unter anderem auch das sogenannte „Public Outreach“, die Verbreitung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die gleichzeitig erfolgende Einbindung der interessierten Öffentlichkeit in die damit verbundenen Arbeiten der beteiligten Wissenschaftler der europäischen Forschungsinstitute verbessert werden. Durch eine innovative Öffentlichkeitsarbeit, so das Ziel, sollen die Aktivitäten der Planetenforscher bei den Bürgern, bei der Industrie und nicht zuletzt auch bei den für die Vergabe der benötigten Finanzmitteln verantwortlichen politischen Entscheidungsträgern mehr Beachtung finden.
Entsprechend dieser Zielsetzung wird mittlerweile jährlich ein Preis für „Excellence in Public Engagement with Planetary Science“ an Einzelpersonen, Gruppen oder Institute vergeben, welche sich im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit besonders engagiert haben. Mehr dazu in einer späteren Meldung auf der Portalseite von Raumfahrer.net.
Verwandte Website:
- EPSC-DPS Joint Meeting 2011 (engl.)