Im Jahr 2000 entdeckte ein Team von Archäologen in der Region Chiemgau eher zufällig eine große Menge seltener Metallvorkommen. Metalle, die dort eigentlich nicht hingehörten.
Ein Beitrag von Roger Spinner. Quelle: www.impact-structures.com.
Die Archäologen unter der Leitung von Werner Mayer durchsuchten drei Jahre lang die Gegend zwischen Altötting and Traunstein nach archäologischen Fundstücken. Dabei entdeckten sie unter anderem die sehr seltenen Mineralien Xifengit und Gupeiit, welche in dieser Gegend normalerweise nicht vorkommen. Auffällig war auch die Verteilung der einzelnen Vorkommen. Sie traten hauptsächlich in Verbindung mit kraterähnlichen geologischen Formationen auf. Ein erster Hinweis auf einen Einschlag mitten in Bayern?
Nach dreijähriger Feldarbeit baten die Archäologen im Jahr 2004 ein Team von Spezialisten bei der Suche nach der Ursache dieser ungewöhnlichen Vorkommen um Hilfe. Dr. Michael A. Rappenglück, Astronom am Institut für Interdisziplinäre Forschung (INFIS), Prof. Dr. Kord Ernstson, Geologe und Geophysiker der Universität von Würzburg sowie Dr. U. Schüssler, Mineralologe an der Universität von Würzburg begannen damit, das Gebiet zu untersuchen. Ihr kürzlich veröffentlichter Untersuchungsbericht fördert Erstaunliches zu Tage.
Ihren Untersuchungen zufolge sind die vorgefundenen Mineralien sowie die Verformungen des Erdreiches auf den Einschlag eines zuvor in geologisch jüngster Zeit in der Atmosphäre zerbrochenen Kometen zurück zu führen.
Bis heute hat das Team 81 verschiedene Einschlagkrater in einem Gebiet von ca. 58 km mal 27 km identifiziert, vermessen und katalogisiert. Dieses Streufeld erstreckt sich über eine elliptische Fläche von ungefähr 1200 km². Je weiter südlich ein Einschlagkrater innerhalb dieses Streufeldes liegt, desto grösser ist im Schnitt sein Durchmesser. Diese Verteilung ist typisch für einen solchen Einschlag und ähnelt diversen anderen Einschlaggebieten auf der ganzen Welt. Eine solche Verteilung nach Größe der Fragmente wird im Allgemeinen mit dem unterschiedlich starken Abbremsen der einzelnen Stücke innerhalb der Atmosphäre begründet.
Die Durchmesser der entdeckten Krater variieren von drei bis mehrere hundert Meter. Der größte von ihnen ist der in der Nähe des Chiemsees gelegene Tüttensee. Heute hat der See einen Durchmesser von etwa 350 Meter. Der ursprüngliche Krater war jedoch ungefähr 500 Meter breit. In den Kratern findet man heftige Gesteinszertrümmerungen. Hinweise auf einen thermischen Schock (Schmelzgläser) sind allgegenwärtig. Große Vorkommen von eigenartigem metallischen und nichtmetallischen Material und eigenartigen Elementanreicherungen lassen darauf schließen, dass der Einschlagkörper ein Komet mit Gehalten an präsolarer Materie war.
Die einzelnen Krater sind unterschiedlich gut erhalten. Dort, wo die Krater in landwirtschaftlich genutztem Gebiet liegen, wurden sie im Laufe der Jahre eingeebnet, umgepflügt oder zugeschüttet. Solche Krater lassen sich teilweise nur noch aus der Luft oder mittels Satellitenbildern auffinden. Krater, die jedoch etwas abseits, in bewaldeten Gebieten liegen, sind noch sehr gut erhalten.
Der Komet hatte Berechnungen und Computersimulationen zu Folge einen Durchmesser von ungefähr 1100 m und eine mittlere Dichte von 1,3 g/cm³. Er trat mit einem Winkel von ungefähr 7° und einer Geschwindigkeit von ca. 12 km/s in die Atmosphäre ein. In einer Höhe von etwa 70 Kilometern ist er dann zerbrochen. Die Hauptmasse des Kometen schlug anschließend mit einer Geschwindigkeit von 0,99 km/s und einer Energie von 106 Megatonnen am Boden auf. Die Auswirkungen waren für die Region verheerend. Das ganze Gebiet war für Jahrzehnte verwüstet. Die Wälder standen in Flammen und Asche wurde weit in die Atmosphäre hinaus geschleudert.
Wann fand dieses Ereignis denn eigentlich statt? Aufgrund der in diesen Erdschichten gefundenen, vom Impakt betroffenen archäologischen Artefakte, halten die Wissenschaftler einen Einschlag um das Jahr 207 v. Chr. für möglich. Jahresringe in Irland gefundener Bäume aus dieser Zeit zeigen ein eingeschränktes Wachstum um diese Jahreszahl. Dies lässt auf eine verminderte Sonneneinstrahlung schliessen. Auch sprechen römische Quellen aus dieser Zeit von Steinen, die vom Himmel regneten und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten. Was dieser Einschlag für kulturelle Auswirkungen gehabt hat, kann heute nur schwer abgeschätzt werden. Dies herauszufinden bleibt Gegenstand künftiger Untersuchungen.
Der vollständige und sehr umfangreiche Untersuchungsbericht in englischer Sprache sowie weitere Informationen zum Thema sind auf folgender Website verfügbar: