Erst vor wenigen Monaten verkündeten Astronomen die Entdeckung eines Ringsystems, welches den Asteroiden Chariklo umgibt. Durch zusätzliche Beobachtungen und Analysen konnten mittlerweile weitere Details enthüllt werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2014.
Jenseits der Umlaufbahn des Neptuns, des äußersten Planeten unseres Sonnensystem, erstreckt sich in einer Entfernung von etwa 30 bis 50 Astronomischen Einheiten zur Sonne – dies entspricht in etwa 4,5 bis 7,5 Milliarden Kilometern – der aus vermutlich mehreren zehntausend Objekten bestehende Kuipergürtel. Etwas näher an der Sonne – zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Saturn und Uranus – zieht der bereits am 15. Februar 1997 entdeckte Asteroid (10199) Chariklo seine Bahn.
Am 3. Juni 2013 bedeckte dieses als Zentaur klassifiziertes Mitglied unseres Sonnensystems den Stern UCAC4 248-108672. Diese als Sternbedeckung oder auch ‚Okkultation‘ bezeichnete astronomische Konstellation wurde von Astronomen genutzt, um (10199) Chariklo eingehender zu untersuchen. Bei der Auswertung der dabei gesammelten Daten stellte sich heraus, das Chariklo von einem aus zwei Einzelringen bestehenden Ringsystem umgeben ist.
In den folgenden Monaten haben mehrere Teams von Astronomen weitere Daten über Chariklo gesammelt und dabei unter anderem auch diverse Aufnahmen und Datensätze ausgewertet, welche bereits vor der Entdeckung des Ringsystems angefertigt wurden. Durch diese Daten konnten jetzt weitere Aussagen über die Größe des Asteroiden und über die Ausdehnung des Ringsystems sowie über deren Beschaffenheit und Zusammensetzung getätigt werden.
Aktuelle Forschungsarbeiten
Hierbei zeigte sich, dass die zuvor veröffentlichten Angaben über den Durchmesser des Asteroiden von 258 Kilometern sowie über die Entfernung, in der die beiden Ringe diesen umlaufen, im Wesentlichen zutreffen. Der innere Ring befindet sich demzufolge im Mittel etwa 391 Kilometer von dem Asteroiden entfernt und verfügt über eine Ausdehnung von 6,6 Kilometern. Der äußere, lediglich 3,4 Kilometer breite Ring, ist dagegen 405 Kilometer von der Oberfläche platziert. Zwischen den beiden Ringen befindet sich eine deutlich ausgeprägte Lücke mit einer Ausdehnung von 8,7 Kilometern.
Im Rahmen verschiedener spektroskopischer Analysen stellte sich zudem heraus, dass sich die Oberfläche von Chariklo zu etwa 60 Prozent aus Kohlenstoffverbindungen, zu rund 30 Prozent aus Silikaten und zu weiteren zehn Prozent aus organischen Bestandteilen zusammensetzt. Hinweise für Wassereis konnten dagegen auf der Asteroidenoberfläche nicht gefunden werden. Die Ringe scheinen dagegen zu einem erheblichen Anteil – vermutet werden bis zu 20 Prozent – aus Wassereis zu bestehen. Silikate sind mit 40 bis 70 Prozent vertreten und auch Kohlenstoffverbindungen kommen zumindestens in geringen Mengen vor.
Ebenfalls interessant sind die Entdeckungen bezüglich der Entstehung der Einzelringe und der acht Kilometer breiten Lücke, welche diese voneinander trennt. Für die Entstehung der Ringe, so Felipe Braga-Ribas – einer der an den aktuellen Untersuchungen beteiligten Astronomen – kommen mehrere Szenarien in Frage, die jedoch alle das zumindestens kurzzeitige Vorhandensein einer den Asteroiden umgebenden Staubscheibe voraussetzen.
Für die Entstehung dieser Scheibe könnten wiederum permanente Einschläge von Meteoriten auf die Oberfläche von Chariklo verantwortlich gewesen sein, durch die Material von dessen Oberfläche in das umgebende All befördert wurde. Weitere Möglichkeiten bestehen in der Kollision von zwei Monden, welche des Asteroiden in der Vergangenheit umrundet haben oder in einer früheren kometaren Aktivität, durch die Chariklo ebenfalls Material in das umgebende Weltall abgegeben haben könnte.
Verschiedene Computersimulationen führten zudem zu dem Ergebnis, dass die Lücke zwischen den beiden Ringen sich eigentlich immer weiter ausbreiten müsste. Dies sollte zur Folge haben, dass der äußere Ring sich innerhalb von wenigen tausend Jahren auflöst. Es scheint jedoch so, dass die aktuell zu beobachtende Konfiguration dadurch zu erklären ist, dass sich innerhalb dieser Lücke einer oder vielleicht sogar mehrere kleine, nur kilometergroße Monde befinden, welche dabei als eine Art Schäfermonde fungieren und dem Ringsystem eine gewisse Stabilität verleihen.
Zukünftige Untersuchungen
In Zukunft soll die Analyse der bisherigen Daten fortgesetzt werden. Zudem werden weitere Sternbedeckungen genutzt, um das bisher zur Verfügung stehende Datenmaterial zu verbessern und zu ergänzen. Dabei sollen auch weitere Informationen bezüglich der Größe und der Form des Asteroiden sowie über dessen Rotationsperiode und die Ausrichtung der Rotationsachse gewonnen werden. Alleine in diesem Jahr konnten drei weitere Stenbedeckungen beobachtet werden, bei denen unter anderem die Existenz des Ringsystems erneut bestätigt werden konnte.
Die hier lediglich nur kurz angerissenen Forschungsergebnisse wurden bereits in der vergangenen Woche auf dem European Planetary Science Congress, einer Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.
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