Der Asteroid 2012 DA14 nähert sich der Erde

In den Abendstunden des 15. Februar wird der Asteroid 2012 DA14 die Erde in einer Entfernung von lediglich 27.700 Kilometern passieren und uns dabei für kurze Zeit sogar näher sein als die Satelliten, welche die Erde in einem geostationären Orbit umkreisen. Trotz dieser geringen Entfernung besteht jedoch definitiv keine Kollisionsgefahr.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA, JPL, NASA Science.

NASA, JPL-Caltech
Der Asteroid 2012 DA14 wird die Erde am 7. Februar 2013 in einer Entfernung von weniger als 28.000 Kilometern passieren und sich dabei für kurze Zeit sogar innerhalb der Umlaufbahnen der geostationären Satelliten befinden. Aufgrund der dabei auf den Asteroiden einwirkenden Gravitationskräfte wird sich auch dessen Umlaufbahn verändern.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Am Abend des 22. Februar 2012 entdeckten die drei spanischen Amateurastronomen Miguel Hurtado, Jaime Nomen und Jaume Andreu bei ihren Beobachtungen mit dem Teleskop des La Sagra-Observatoriums bei Granada/Spanien einen kleinen, sich rasch bewegenden Himmelskörper. Weiterführende Beobachtungen dieses Objektes und die daraus abgeleiteten Parameter der Umlaufbahn zeigten, dass es sich bei dem neu entdeckten Asteroiden um ein sogenanntes Near-Earth Objekt handelt – ein Objekt, welches bei seinem Umlauf um die Sonne die Umlaufbahn der Erde kreuzt und unserem Heimatplaneten dabei in regelmäßigen Abständen sehr nahe kommen kann.

Tatsächlich zeigten die Berechnungen der Astronomen, dass 2012 DA14 – so die offizielle Bezeichnung des Asteroiden – die Erde am kommenden Freitag, dem 15. Februar 2013 in einer Entfernung von lediglich 27.700 Kilometern passieren wird. Die Gefahr eines Einschlages auf der Erde kann aufgrund dieser Entfernung jedoch mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden.

Allerdings wird der Asteroid der Erdoberfläche für kurze Zeit näher sein als die Kommunikationssatelliten, welche die Erde in einem geostationären Orbit in einer Entfernung von etwa 35.800 Kilometern umkreisen. Aber auch die Kollision mit einem dieser Satelliten kann ausgeschlossen werden.

„Der Asteroid bewegt sich genau im Bereich des geostationären Rings, in dem sich auch zahlreiche Kommunikationssatelliten befinden“, so Detlef Koschny von der europäischen Weltraumagentur ESA, welcher im Rahmen des „Space Situational Awareness“-Programms der ESA (zu deutsch „Weltraumlageerfassungsprogramm“) für die Erfassung und Analyse erdnaher Objekte zuständig ist. „Diese Satelliten sind allerdings keiner Gefahr ausgesetzt, da der Asteroid von unten kommen und den geostationären Ring somit nicht schneiden wird.“ Auch für andere Satelliten oder die Internationale Weltraumstation ISS besteht keine Gefahr, da sich deren Umlaufbahnen um die Erde in deutlich kürzeren Abständen zur Erdoberfläche befinden und keine Überschneidungen mit der Flugbahn von 2012 DA14 aufweisen.

Ein kosmischer Streifschuss

ESA, La Sagra Sky Survey
Die Fotosequenz auf welcher der Asteroid 2012 DA14 entdeckt wurde.
(Bild: ESA, La Sagra Sky Survey)

Trotzdem stellt dieser nahe Vorbeiflug in kosmischen Maßstäben betrachtet eine Art „Streifschusses“ dar.

„Dies ist ein Rekord-Vorbeiflug“, so Don Yeomans, der Leiter des „Near Earth Object“-Programms der NASA. „Seit dem Beginn einer regelmäßigen Himmelsdurchmusterung in den 1990er Jahren haben wir niemals ein Objekt dieser Größe registriert, welches der Erde auf seiner Flugbahn so nahe gekommen ist.“ Andere Objekte haben sich der Erde in der Vergangenheit zwar bereits dichter angenähert, waren allerdings deutlich kleiner als der etwa 50 Meter durchmessende Asteroid 2012 DA14.

Trotzdem sind die Astronomen bereits seit mehreren Wochen damit beschäftigt, 2012 DA14 ausführlich zu beobachten. Außer seinem ungefähren Durchmesser, seiner Masse von etwa 130.000 Tonnen und seiner Rotationsdauer von etwa sechs Stunden ist über diesen Asteroiden bisher nur sehr wenig bekannt.

Sehr wahrscheinlich dürfte es sich bei 2012 DA14 jedoch nicht um einen kompakten Körper sondern vielmehr um einen so genannten Rubble Pile handeln – einen hauptsächlich aus losen Gesteinsbrocken zusammengesetzten, unregelmäßig geformten und lediglich durch seine Eigengravitation zusammengehaltenen Körper. Durch ausführliche Radarbeobachtungen, welche ab dem 15. Februar unter anderem mit den Radioteleskopen des Goldstone-Komplexes der NASA vorgesehen sind, wollen die Astronomen genauere Daten über die Abmessungen, die Form, die Oberflächenbeschaffenheit und die Rotationsdauer von 2012 DA14 gewinnen.

Das zukünftige Impaktrisiko
Außerdem soll durch diese Beobachtungen ermittelt werden, in welchem Umfang sich die Umlaufbahn des Asteroiden bei dieser nahen Erdpassage durch die dabei auf ihn einwirkenden Gravitationskräfte verändert. Laut den aktuellen Berechnungen sollte sich zum Beispiel die Umlaufperiode des Asteroiden um die Sonne von derzeit rund 368 Tagen durch den Vorbeiflug an der Erde auf dann nur noch etwa 317 Tage verkürzen. Dies hätte zur Folge, dass sich der Asteroid zukünftig fast nur noch innerhalb der Erdbahn um die Sonne bewegt, ohne die Erdbahn dabei zu schneiden.

Mit den neuen Bahndaten soll dann eine neue Impaktrisikoprognose für zukünftige Vorbeiflüge von 2012 DA14 an der Erde erstellt werden. Aber auch bezüglich der kommenden Vorbeiflüge besteht laut den aktuellen Prognosen keine unmittelbare Gefahr für unseren Heimatplaneten: „Mithilfe der europäischen Asteroiden-Datenbank NEODyS kann sein Orbit ziemlich akkurat errechnet werden. Diesen Berechnungen zufolge kann eine Kollision mit der Erde, zumindest für dieses Jahrhundert, mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden“, so Detlef Koschny. Bei seinen nächsten Umläufen um die Sonne wird 2012 DA14 einen deutlich größeren Abstand zur Erde halten als am kommenden Freitag. Die nächste relativ dichte Passage an der Erde wird erst am 16. Februar 2046 erfolgen. Aber auch hierbei wird sich 2012 DA14 der Erde auf dann lediglich rund eine Million Kilometer annähern, was in etwa der 2,6-fachen Distanz zwischen der Erde und dem Mond entspricht.

Die Astronomen schätzen, dass ein Asteroid wie 2012 DA14 die Erde in etwa alle 40 Jahre in einem vergleichbar geringen Abstand passiert. Lediglich etwa alle 1.200 Jahre kommt es dabei auch zu einer Kollision mit der Erde. Würde ein Asteroid wie 2012 DA14 jedoch mit der Erde kollidieren, so dürfte dies allerdings zumindestens zu regionalen Verwüstungen führen. Zuletzt trat ein solcher Fall wahrscheinlich am 30. Juni 1908 ein, als ein vermutlich ebenfalls etwa 50 Meter durchmessender Asteroid über Sibirien in die Erdatmosphäre eintrat und dort in mehreren Kilometern Höhe in mehrere Einzelteile zerbrach.

Beobachtungsmöglichkeiten für Amateurastronomen

ESA, ProjectPluto.com
Der Bahnverlauf des Asteroiden für den norddeutschen Raum. Je nach dem Standort des Beobachters kann die eingezeichnete Position minimal von der realen Position des Asteroiden abweichen. Für die mitteleuropäische Zeitzone muss zu den hier gezeigten Zeitangaben zudem jeweils eine Stunde zugefügt werden.
(Bild: ESA, ProjectPluto.com)

Der Asteroid 2012 DA14 wird seine dichteste Annäherung an die Erde am 15. Februar 2013 gegen 20:24 MEZ erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird er sich, aus „südlicher Richtung“ kommend, bei einer südlichen Breite von minus sechs Grad und einer östlichen Länge von 97,5 Grad über dem indischen Ozean befinden. Bereits wenige Minuten später wird er – einen wolkenfreien Himmel vorausgesetzt – auch von Mitteleuropa aus am Himmel zu sehen sein, wobei er sich durch die Sternbilder Jungfrau, Haar der Berenike, Jagdhunde, Großer Bär, Drache und Kleiner Bär in Richtung des Himmelsnordpols und des dort gelegenen Polarsterns bewegt.

Von Deutschland aus betrachtet wird der Asteroid dabei gegen 20:40 MEZ im Sternbild Jungfrau über dem östlichen Horizont aufsteigen und sich anschließend mit großer Geschwindigkeit in die nördliche Richtung bewegen. Hierbei wird er anfangs innerhalb von jeweils lediglich einer Minute seine Position um jeweils 0,7 Grad nach Norden verschieben und dabei innerhalb von etwa 40 Sekunden die Entfernung des sichtbaren Vollmonddurchmessers zurücklegen. Trotz seiner relativ geringen Entfernung wird der Asteroid dabei allerdings aufgrund seines geringen Durchmessers lediglich eine Helligkeit von maximal etwa 7,5 mag erreichen und somit nicht mit dem bloßem Auge erkennbar sein.

Für eine erfolgreiche Beobachtung ist neben der Kenntnis des genauen Standortes zu einem bestimmten Zeitpunkt vielmehr ein qualitativ hochwertiges Fernglas oder ein Teleskop erforderlich. Bereits 90 Minuten nach dem Überschreiten des Horizonts wird sich der Asteroid im Sternbild Großer Bär befinden. Zu diesem Zeitpunkt wird die Helligkeit jedoch bereits auf eine Wert von rund 10 mag abgesunken sein. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit – relativ zur Erde bewegt sich 2012 DA14 mit einer Geschwindigkeit von rund 7,8 Kilometern pro Sekunde – dürfte es den irdischen Beobachtern nicht leicht fallen, den Asteroiden bei dieser Erdpassage erfolgreich zu beobachten oder sogar fotografisch abzubilden. Trotzdem wünschen wir allen Hobbyastronomen eine erfolgreiche Beobachtung dieses kosmischen Ereignisses.

Diskutieren Sie mit in Raumcon-Forum:

Nach oben scrollen