Heute morgen um 08:07 Uhr hat mit der Abtrennung des so genannten „Impaktors“ von Deep Impact die rund 24-stündige heiße Phase dieser Mission begonnen.
Ein Beitrag von Michael Stein und Axel Orth. Quelle: NASA/ESA.
Das Impaktor genannte Projektil mit einer Masse von rund 370 Kilogramm wird den Rest des Weges zum Kometen Tempel 1 nun antriebslos zurücklegen. Es verfügt nur über kleine Steuerdüsen, mit denen es sich vollautomatisch auf sein Ziel – die von der Sonne am hellsten beschienene Stelle des Kometen – ausrichtet. Insgesamt sind drei Kurskorrekturen während des Anflugs auf den Kometen vorgesehen, die der Impaktor vollautomatisch durchführt. Zu diesem Zweck ist er mit einer Kamera versehen, mit der der Bordcomputer des Impaktors aus den aufgenommenen Bildern von Tempel 1 den optimalen Zielpunkt ermitteln und eventuell notwendige Korrekturen der Flugbahn errechnen kann. Angesichts einer Geschwindigkeit von mehr als zehn Kilometern pro Sekunde, mit der sich Tempel 1 und der Impaktor einander nähern, und vor dem Hintergrund der großen Entfernung zur Erde (zum Zeitpunkt der Kollision wird Tempel 1 rund 130 Millionen Kilometer entfernt sein) wäre eine Live-Steuerung des Impaktors von der Erde aus auch kaum praktikabel gewesen.
Sechs Stunden vor der Abtrennung des Impaktors hat Deep Impact eine weitere, minimale Kurskorrektur durchgeführt, um das Projektil so genau wie möglich auf Kurs zum Kometen zu bringen. Zum Zeitpunkt der Abtrennung war Deep Impact noch etwa 880.000 Kilometer von Tempel 1 entfernt. Deep Impact selbst hat seine Flugbahn zwölf Minuten nach der Abtrennung des Impaktors durch eine 14-minütige Triebwerkszündung erneut verändert, um einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu Tempel 1 zu halten und die Kollision des Impaktors während des Vorbeiflugs aus nächster Nähe beobachten zu können.
Wie nah die Raumsonde dem Kometen dabei tatsächlich sein wird, ist im voraus nicht exakt zu bestimmen, auf jeden Fall aber soll ein Mindestabstand von 800 Kilometern eingehalten werden – immer noch riskant genug bei einem schon von sich aus aktiven Himmelskörper wie Tempel 1, bei dem bereits in den letzten Wochen einige Male Gas- und Staubfontänen beobachtet worden sind, ausgelöst wahrscheinlich durch die steigenden Temperaturen aufgrund der sinkenden Entfernung zur Sonne. Um während des Vorbeiflugs nicht beschädigt zu werden – immerhin soll Deep Impact auch nach der Kollision noch Aufnahmen machen und dabei die Kometenoberfläche sowie die Ausbreitung der entstandenen Gas- und Staubwolke beobachten – wird Deep Impact sich etwa eine Minute vor dem Zeitpunkt der größten Annäherung an Tempel 1 so drehen, dass sämtliche Instrumente des Raumfahrzeugs hinter der Rückseite von Deep Impact verborgen und dadurch vor Beschädigungen geschützt sind. Wenig später dann wird die Sonde sich wieder so ausrichten, dass ihre beiden Kameras den entschwindenden Kometen weiter beobachten können.
Der Impaktor wird auf dem letzten Abschnitt seiner Reise von Batterien versorgt und dabei regelmäßig Aufnahmen zu Deep Impact senden. Im Laufe des morgigen Tages wird sich zeigen, wie detailliert die letzten Aufnahmen von der Kometenoberfläche sein werden, die im besten Fall erst wenige Sekunden vor der Kollision entstanden sein werden und dann eine Auflösung von 20 Zentimetern pro Pixel haben werden. Der gewaltsame Kontakt mit Tempel 1 wird am morgigen Montag gegen 07:52 Uhr (MESZ) stattfinden.
Eine ausführliche Übersicht über diese Mission bietet Ihnen unser Artikel Deep Impact: Anschlag auf einen Kometen.
Das Deep Impact-Missionsteam plant, die neuesten Rohbilder von der Sonde nahezu in Echtzeit im Internet zu veröffentlichen. Sie können diese Bilder hier sehen.
Außer dem so genannten „Flyby-Teil“ von Deep Impact selbst werden auch zahlreiche Teleskope auf der Erde und um die Erde das Spektakel verfolgen. Eine besondere Rolle kommt hier der ESA-Raumsonde Rosetta zu, die ca. 80 Millionen Kilometer von Tempel 1 entfernt ist, somit näher als die Erde und dank ihrer Stellung von 90 Grad zur Sonne auch einen breiteren Beobachtungswinkel hat.
Das NASA-TV überträgt während der heißen Phase des Einschlags live aus dem JPL, weiterhin die Pressekonferenzen des Missionsteams und auch Live-Interviews. Das NASA-TV ist über Satellit und per Internet-Livestream zu empfangen. Das ESA-TV übernimmt zeitweise die NASA-Bilder und streut eigene Schaltungen und Beiträge ein, ist allerdings nur über Satellit zu empfangen. Einige der beteiligten Sternwarten planen ebenfalls Livestreams.
Raumfahrer.net wird ausführlich über das Ereignis berichten: Vom Morgen bis in die Nacht halten wir Sie auf dem Laufenden, zeigen Bilder und berichten über Ergebnisse. Außerdem ist unser Redakteur Ingo Froeschmann im ESOC (dem Raumkontrollzentrum der ESA) in Darmstadt vor Ort und versorgt Sie und uns mit Live-Eindrücken von der europäischen Sicht der Dinge. Gehen Sie einfach morgen früh auf unsere Portalseite, öffnen Sie die Live-Berichterstattung und aktualisieren Sie sie gelegentlich!
Hier ein umfassender Zeitplan, der die Abläufe beim Kometen sowie von NASA und ESA integriert. Alle Zeiten sind in deutscher Zeit (MESZ):
Zeit | Ereignis |
Sonntag 13:00-14:00 | NASA-TV überträgt Live-Interviews vor dem Einschlag (engl.) |
18:00-19:00 | NASA-TV überträgt letzte Pressekonferenz vor dem Einschlag (engl.) |
21:00 | Flyby nimmt letzte Kurskorrektur vor, falls erforderlich |
Montag 05:30-09:30 | NASA-TV und ESA-TV übertragen Live-Kommentar aus dem JPL (engl.) |
05:53 | Impactor aktiviert sein Navigationssystem |
06:22 | Impactor führt erstes Korrekturmanöver durch |
07:17 | Impactor führt zweites Korrekturmanöver durch |
07:37 | Rosetta fotografiert mit verkürztem Zeitabstand |
07:39 | Impactor führt drittes Korrekturmanöver durch |
07:52 | Impactor schlägt auf Tempel 1 ein |
08:05 | Flyby dreht sich mit dem Schild zum Kometen |
08:06 | Flyby erreicht Punkt der größten Annäherung (ca. 800 km) |
08:51 | Flyby dreht sich wieder mit den Teleskopen zum Kometen |
09:19 | Rosetta fotografiert wieder mit normalem Zeitabstand |
09:30-10:00 | ESA-TV mit ersten Informationen über europäische Beobachtungen |
10:00-11:00 | NASA-TV und ESA-TV übertragen erste Pressekonferenz aus dem JPL (engl.) |
12:00 | ESA erwartet erstes Bild von Rosetta |
13:00-16:00 | NASA-TV überträgt Live-Interviews (engl.) |
17:00 | ESA erwartet erste wissenschaftliche Resultate aus Rosetta-Beobachtungen |
17:30 | Trümmerwolke vom Einschlag erreicht maximale Helligkeit |
18:00 | ESA-TV präsentiert erstes s/w-Bild von Hubble |
20:00 | ESA erwartet weitere Bilder von Hubble |
20:00-21:00 | NASA-TV und ESA-TV übertragen zweite Pressekonferenz aus dem JPL (engl.) |
22:00 | ESA erwartet erste Bilder von den ESO-Teleskopen in Chile |
22:00-01:00 | NASA-TV überträgt Live-Interviews (engl.) |
Dienstag 00:30 | ESA-1 m-Teleskop (OGS) auf Teneriffa nimmt Beobachtungen auf |
02:00 | ESA erwartet weitere Bilder von den ESO-Teleskopen in Chile |
Weiterführende Links: