DAWN hat niedrigsten Orbit um Vesta erreicht

Bereits am 12. Dezember 2011 erreichte die Raumsonde DAWN ihre niedrigste Umlaufbahn um den Asteroiden Vesta. Die Sammlung von wissenschaftlichen Daten wird jetzt noch bis zum Februar 2012 aus einer Orbit-Höhe von lediglich rund 210 Kilometern erfolgen.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, JPL.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Die Auflösung der von DAWN angefertigten Bilder hat sich seit dem Erreichen des Vesta-Orbits permanent verbessert. Die rechte Aufnahme, erstellt am 12. Dezember 2011, erreicht eine etwa 3x bessere Auflösung als das mittlere Bild, welches Oberflächendetails bis zu einer Größe von etwa 70 Metern pro Pixel auflöst.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Nachdem die Raumsonde DAWN am 16. Juli 2011 in einer Entfernung von rund 16.000 Kilometern zur Asteroidenoberfläche erfolgreich in eine Umlaufbahn um den Asteroiden (4) Vesta eingeschwenkt ist, wurde die Höhe der Umlaufbahn anschließend noch weiter abgesenkt. In den folgenden Wochen nahm die Asteroidensonde aus dem sogenannten „Survey Orbit“ aus rund 2.700 Kilometern Höhe eine Vielzahl von Bildern auf und sammelte wertvolle Daten, mit deren alleiniger Auswertung die an der Mission beteiligten Wissenschaftler noch viele Jahre beschäftigt sein werden. Nachdem die aus dieser Umlaufhöhe vorgesehenen Messungen und Kartierungen der Asteroidenoberfläche abgeschlossen waren, erfolgte eine weitere Absenkung der Höhe der Umlaufbahn. Seit dem 29. September 2011 sendete die Asteroidensonde Daten aus dem sogenannten „High Altitude Mapping Orbit“ (kurz „HAMO“). In diesem Orbit befand sich DAWN in einer durchschnittlichen Entfernung von 680 Kilometern zur Asteroidenoberfläche und war Vesta damit etwa vier mal näher als im Survey Orbit.

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Eine Detailaufnahme des am Südpol von Vesta befindlichen Rheasilvia-Bassins, aufgenommen am 13. Dezember 2011. Die unterschiedlich helle Oberfläche deutet auf ein unterschiedliches Alter der erkennbaren Ablagerungen hin.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Im November 2011 wurde die Orbitbahn erneut langsam abgesenkt. Seit dem 12. Dezember befindet sich DAWN im sogenannten „Low Altitude Mapping Orbit“ (kurz „LAMO“), welcher in einer Höhe von etwa 210 Kilometern über der Asteroidenoberfläche verläuft. Die Raumsonde benötigt jetzt lediglich noch vier Stunden und 20 Minuten für eine vollständige Umrundung des Asteroiden. Die Kamera an Bord von DAWN, die in Deutschland entwickelte Framing Camera, kann dabei Teilbereiche der Vesta-Oberfläche mit einer Auflösung von etwa 20 bis 25 Metern pro Pixel abbilden.
Die in den vergangenen Wochen erfolgte Absenkung der Umlaufbahn stellte eines der schwierigsten und komplexesten Manöver im bisherigen Verlauf der am 27. September 2007 gestarteten Mission dar. Dank des bei dieser Mission verwendeten Ionenantriebs ist es einfacher, unterschiedlich hohe Umlaufbahnen um die beiden Ziele der Mission, den Asteroiden Vesta und den Zwergplaneten Ceres, zu erreichen als bei den herkömmlichen bei interplanetaren Missionen verwendeten Triebwerken. Allerdings spielen die genaue Form der Zielobjekte, deren innerer Aufbau und die sich daraus ergebende Massenverteilung in ihrem Inneren bei solchen Manövern eine entscheidende Rolle.

„Da Vesta zum ersten Mal von einer Raumsonde Besuch bekam, waren diese Daten vor der Ankunft von DAWN nicht hinreichend bekannt“, so Dr. Marc Rayman vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena/Kalifornien, der Chef-Ingenieur der DAWN-Mission. „Wir mussten also zunächst die groben, in der Folgezeit aber immer weiter verfeinerten Messungen der frühen Orbitalphasen zur ständigen Verbesserung der bestehenden Modelle des komplizierten Schwerefeldes von Vesta nutzen und unsere Planungen für den neuen Orbit entsprechend anpassen.“
Besonders kompliziert gestaltete sich die Orbitplanung aufgrund der Tatsache, dass Vesta kein exakt kugelförmiger, sondern vielmehr ein leicht unregelmäßig geformter Körper ist, welcher deshalb unterschiedliche Anziehungskräfte auf die Raumsonde ausübt. Folglich kann der Orbit von DAWN nicht perfekt kreisförmig verlaufen, sondern fällt vielmehr leicht elliptisch aus. „Die Absenkung des Orbits war ein permanent erfolgender Prozess der Anpassung der Bahnparameter an immer wieder neue, präzisere Daten, welche uns Vesta geliefert hat,“ so Dr. Rayman über diese Missionsphase. „Ursprünglich wollten wir einen Orbit von durchschnittlich 180 Kilometern Höhe über der Oberfläche erreichen. Dann erkannten wir, dass Vesta etwas „schwerer“ ist als angenommen und planten für eine Orbithöhe von 200 Kilometern. Am Ende haben wir für den LAMO eine Umlaufbahn gewählt, welche 210 Kilometer über dem Asteroiden verläuft.“

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Eine weitere Aufnahme vom 13. Dezember 2011. Zu erkennen sind Teile des Randes eines anscheinend noch relativ jungen Kraters auf der nördlichen Hemisphäre des Asteroiden. Das Innere des Kraters liegt hier teilweise im Schatten.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Der nun erreichte Orbit soll bis Ende Februar 2012 beibehalten werden. Für die an der Mission beteiligten Wissenschaftler stehen bis dahin zwei Ziele im Vordergrund. Zum einen soll aus dieser geringen Höhe mit einem der drei Instrumente an Bord der Raumsonde, dem Gammastrahlen- und Neutronendetektor (GRaND), die chemische Zusammensetzung der Oberfläche von Vesta bestimmt werden. Zum anderen sollen durch eine Analyse des Funkverkehrs zwischen DAWN und den Bodenstationen des Deep Space Network (DSN) der NASA minimale Veränderungen der Umlaufbahn des Orbiters erfasst werden.

Infolge von Variationen im Schwerefelds des Asteroiden wird die Raumsonde minimal von der vorausberechneten Flugbahn abgelenkt. Diese Abweichungen machen sich in einem von DAWN ausgestrahlten Radiosignal durch eine Dopplerverschiebung bemerkbar. Durch die Messung des Dopplereffektes sollen Informationen über die innere Struktur des Asteroiden gewonnen werden. Speziell erhoffen sich die Wissenschaftler durch dieses Experiment Erkenntnisse über eventuell existierende Heterogenitäten und Massekonzentrationen im Inneren von Vesta.

Des Weiteren sollen während der kommenden zwei Monate weitere Bilder angefertigt werden, welche die Oberfläche von Vesta in einer bisher noch nicht erreichten Qualität wiedergeben. „Seit dem Sommer haben wir etwa 10.000 Aufnahmen von Vesta aus den beiden höheren Umlaufbahnen erhalten“, so Prof. Ralf Jaumann, welcher das DAWN-Wissenschaftsteam am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof leitet. „In den Bildern haben wir unglaublich spannende Dinge entdeckt. Gleichzeitig haben wir detailgetreue, hochauflösende Karten von Vesta erstellt und die genaue Form und Orientierung des Asteroiden berechnet.“
Die ersten aus dem LAMO übermittelten Aufnahmen der Framing Camera zeigen – wie bereits die zuvor angefertigten Bilder – eine unregelmäßig geformte Oberfläche, welche von unzähligen Kratern, Hangrutschungen und Gräben übersät ist. Ergänzend zu früheren Aufnahmen werden dabei allerdings auch Krater aufgelöst, welche über Durchmesser von lediglich wenigen Dutzend Metern verfügen. Diese neuen Bilder fließen mit in die Karten, Höhenmodelle und dreidimensionalen Darstellungen des Asteroiden ein, welche im Rahmen der Mission am DLR-Standort in Berlin-Adlershof erstellt werden.

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Der Oppia-Krater auf Vesta. Links eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, rechts das höhenkodierte Geländemodell.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Die nebenstehende Aufnahme der Framing Camera, welche bereits am 11. Oktober 2011 aus einer Entfernung von rund 700 Kilometern angefertigt wurde, zeigt den etwa 30 Kilometer durchmessenden und 6,5 Grad südlich des Vesta-Äquators gelegenen Oppia-Krater. Dieser Krater ist besonders auffällig, da er über einen unregelmäßig geformten Rand verfügt, welcher eher an ein Rechteck erinnert. Die links zu sehende Aufnahme wurde direkt durch dem Clear-Filter der Framing Camera aufgenommen und zeigt den abgebildeten Bereich als Schwarz-Weiß-Aufnahme. Das Bild rechts hat das gleiche Foto als Grundlage, wurde aber mit einer farbkodierten Darstellung der Höhenunterschiede überlagert, um die Topographie der Oberfläche besser darzustellen. Die verschiedenen Farben entsprechen dabei den realen Höhen der Oberfläche.

So zeigen die grauen und roten Gebiete unten im Bild den höchsten Punkt der Region und das blaue Gebiet im Inneren des Kraters Oppia den tiefsten Punkt im Bild. Die erfolgten Hangrutschungen ins Innere des Kraters sind sowohl im Albedobild als auch in der farbkodierten Darstellung der Topographie erkennbar. Oberhalb des Kraters Oppia befindet sich eine Region mit zwei kleineren Kratern, die in dem Albedobild wie eine Vertiefung aussehen. In der topografischen Darstellung ist dagegen deutlich erkennbar, dass zwischen den Regionen keinen großen Höhenunterschied zur Umgebung existieren.

Obwohl der Einsatz der Kamera während des LAMO nicht über die höchste Priorität verfügt, werden von den neuen Aufnahmen trotzdem wichtige neue Erkenntnisse erwartet. „Im Moment berechnen wir mit den Stereo-Bilddaten vom HAMO ein digitales Geländemodell von Vesta, das eine horizontale Genauigkeit von einhundert Metern und eine vertikale Präzision von etwa zehn Metern haben wird“, so Frank Preusker, Fachmann für Planeten-Geodäsie im DAWN-Team des DLR. Während der aktuellen LAMO-Phase ist allerdings keine systematische, globale Abdeckung der Vesta-Oberfläche mit Stereo-Bilddaten möglich. „Wir werden aber versuchen, die deutlich höher aufgelösten LAMO-Aufnahmen mit den bisher angefertigten HAMO-Bildern zur Stereo-Bildanalyse zu verwenden. Damit sollten wir in der Lage sein, unser Modell für Vesta an vielen Stellen erheblich zu verbessern.“

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Auf dieser Aufnahme sind mehrere Krater erkennbar, welche teilweise von lockerem Sedimentmaterial bedeckt wurden. Diese durch Erschütterungen ausgelösten Verfüllungen wurden wahrscheinlich durch den Impakt hervorgerufen, welcher zur Entstehung des am Vesta-Südpol gelegenen Rheasilvia-Basins führte.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Ab dem Januar 2012, so die aktuellen Planungen der DAWN-Wissenschaftler, sollen zudem weitere Daten mit dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIR), dem dritten Instrument an Bord von DAWN gesammelt werden. Diese Daten dienen der Bestimmung der Mineralogie von Vestas Oberfläche.

Nach dem Ende der LAMO-Phase soll DAWN schließlich erneut in eine größere Höhe über der Asteroidenoberfläche manövriert werden und dabei in einer spiralförmigen Flugbahn langsam an Höhe gewinnen. Aus einer Überflughöhe von dann vorgesehenen 680 Kilometern sollen im Rahmen einer vierten wissenschaftlichen Kampagne weitere Daten gesammelt werden. Neue Erkenntnisse werden dabei besonders aufgrund der Tatsache erwartet, dass ab diesem Zeitpunkt auch die Bereiche der nördlichen Hemisphäre von der Sonne beschienen sein werden. Diese gegenwärtig noch nicht vom Sonnenlicht beschienene Region von Vesta konnte bisher noch nicht von dem Kameraexperiment der Raumsonde erfasst werden.

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