Bereits seit längerem wird vermutet, dass sich in 10 bis 20 Kilometern Tiefe unter der Oberfläche des Jupitermondes Europa ein gigantischer Ozean aus flüssigem Wasser befindet. Neuere Forschungsergebnisse legen nahe, dass Teile des Wassers sich zwar näher an der Oberfläche befinden, sich dort jedoch nicht lange halten können.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2012.
Mit einem Durchmesser von 3.121 Kilometern ist der Jupitermond Europa zwar der kleinste der vier Galileischen Monde, mit etwa 3 Gramm pro Kubikzentimeter verfügt er jedoch zugleich über eine ungewöhnlich hohe Dichte. Über einen Kern aus Eisen und Nickel, so die allgemein anerkannte Theorie über den inneren Aufbau dieses Mondes, befindet sich ein Mantel aus Silikatgestein. Die Oberfläche Europas wird dagegen von einem 15 bis 20 Kilometer dicken Panzer aus Wassereis gebildet, welcher aufgrund der sehr niedrigen Temperaturen auf der Mondoberfläche (-160 Grad Celsius am Äquator, bis zu -220 Grad Celsius in den Polarregionen) steinhart gefroren ist.
Detaillierte Aufnahmen der Jupitersonde Galileo zeigten, dass sich Teile des Eispanzers gegeneinander verschoben haben und zerbrochen sind, wobei ein Muster von Eisfeldern entstand. Die Bewegung der Kruste wird durch Gezeitenkräfte verursacht, welche die Oberfläche Europas um bis zu 30 Meter heben und senken. Die Eisfelder müssten aufgrund der gebundenen Rotation des Jupitermondes eigentlich ein bestimmtes, vorhersagbares Muster aufweisen. Die Galileo-Aufnahmen zeigen jedoch, dass lediglich die geologisch jüngsten Gebiete der Mondoberfläche über ein solches Muster verfügen.
Dieses Phänomen kann damit erklärt werden, dass sich die Oberfläche Europas geringfügig schneller bewegt, als der innerer Mantel und der Kern. Die Eiskruste ist dabei vom Mondinnern durch einen dazwischen liegenden Ozean mechanisch abgekoppelt und wird von den Gravitationskräften des Jupiters beeinflusst. Der unter der Eiskruste befindliche Ozean aus flüssigem Wasser könnte über eine Tiefe von bis zu 100 Kilometern verfügen, was bedeutet, dass sich auf Europa mehr als die doppelte Wassermenge des in den irdischen Ozeanen enthaltenen Wassers befindet.
Neuere Forschungen aus dem Jahr 2011 deuteten darauf hin, dass oberhalb dieses durch vulkanische Aktivitäten erwärmten Ozeans das Eis an der Basis des Eispnazers von Europa erwärmt wird, wobei es sich in Richtung Oberfläche ausdehnt. Im Rahmen diesesa Prozesses schmilzt das Eis und bildet lokal begrenzte Linsen aus Schmelzwasser, welche sich in Tiefen von bis zu etwa drei Kilometern unter der Oberfläche ansammeln können. (Raumfahrer.net berichtete).
Eine Gruppe von Planetenforschern um Klára Kalousová von der Charles-Universität in Prag dämpft jetzt jedoch die Erwartungen der Astrobiologen, welche über die Möglichkeit von Lebensformen unter der Oberfläche des Jupitermondes spekulieren. „Ein den gesamten Mond umspannender Ozean aus Wasser dürfte sich relativ weit unterhalb der Oberfläche – ab etwa 25 bis 50 Kilometer Tiefe – befinden. Ebenfalls könnte es Bereiche mit flüssigen Wasser in deutlich geringeren Tiefen bis zu etwa fünf Kilometern Tiefe geben. Diese Wassertaschen könnten sich dort jedoch lediglich über einen Zeitraum von einigen Zehntausend Jahren halten, bevor das Schmelzwasser sich einen Weg durch den Eispßanzer sucht und in die Tiefe absinkt.“
Zukünftige Raummissionen zu dem Jupitermond Europa müssten demzufolge sehr tiefe Bohrungen durchführen, um Zugang zu dem unterirdischen Ozean zu erhalten und dort direkt nach außerirdischen Lebensformen zu suchen.
Für ihre Analysen benutzte das Team um Klára Kalousová mathematische Modelle, welche unterschiedliche Mischungsverhältnisse von flüssigem Wasser und Eis berücksichtigten. Abhängig von einer Vielzahl von Faktoren wie zum Beispiel der Mächtigkeit der Eisschicht, der Viskosität des Eises in unterschiedlichen Tiefen, der Temperatur und der Menge des Wassers sinkt das zuvor durch die freigesetzte Wärme geschmolzene Wasser innerhalb von wenigen Zehntausend Jahren in die Tiefe und erreicht schließlich den unterirdischen Ozean.
Für die Untersuchung anderer Objekte innerhalb unseres Sonnensystems, so Klára Kalousová, könnten die Untersuchung des Wasserkreislaufes unter Europas Oberfläche von großer Bedeutung sein. „Neben einem besseren Verständnis des Wasserzyklus auf Europa könnte diese Arbeit einen besseren Einblick in den inneren Aufbau und die Aktivitäten verschiedener Eismonde im äußeren Sonnensystem – zum Beispiel von dem geologisch aktiven Saturnmond Enceladus – geben.“
Die hier kurz angerissene Forschungsarbeit von Klára Kalousová et al. wurden heute auf dem European Planetary Science Congress 2012, einer gegenwärtig in Madrid stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:
EPSC 2012: