Bei dem SAM-Komplex handelt es sich um das schwerste und zugleich leistungsfähigste Instrument des Marsrovers Curiosity. Mit einem Gewicht von rund 38 Kilogramm beansprucht das SAM in etwa die Hälfte des gesamten Massenanteils der etwa 80 Kilogramm wiegenden wissenschaftlichen Nutzlast des Rovers.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter
Das SAM-Instrument (kurz für „Sample Analysis at Mars“) beinhaltet ein Equipment, welches auch in vielen chemischen Analyselaboren auf der Erde zu finden ist. Die Hauptaufgabe des im Inneren der „Warm Electronics Box“ (kurz „WEB“) befindlichen SAM besteht in der Suche nach chemischen Verbindungen, welche das Element Kohlenstoff enthalten und die als die „Grundbausteine des Lebens“ bezeichnet werden. Die drei kombinierten Analysesysteme des SAM sollen dabei erforschen, unter welchen Bedingungen sich die erwarteten kohlenstoffhaltigen organischen Verbindungen einst gebildet haben und auf welche Weise und in welchem Umfang sie durch die auf dem Mars vorherrschenden Umweltbedingungen zersetzt werden. Die entsprechenden Resultate werden Hinweise darauf liefern, ob unser Nachbarplanet einstmals als potentieller Lebensraum für mikrobiologische Lebensformen geeignet war oder ob dies eventuell sogar noch in der Gegenwart der Fall sein könnte.
Des weiteren dient das Instrument der Identifizierung und Analyse von verschiedenen weiteren „leichten“ Elementen und der Bestimmung der Isotopenverhältnisse in der Marsatmosphäre. Das SAM kann dabei ein weiteres Spektrum von chemischen Komponenten mit einer weit größeren Genauigkeit analysieren, als dies bei den vorherigen Marsmissionen der Fall war. Zu diesem Zweck kann das Instrument sowohl Bodenproben als auch Luftproben der Marsatmosphäre eingehend untersuchen, welche im Vorfeld einer Messung allerdings zuerst entsprechend präpariert werden müssen.
Für die Vorbereitung von Bodenproben wird das „Sample Manipulation System“ (kurz „SMS“) genutzt. Das von der Marsoberfläche entweder im Rahmen einer Bohrung mit dem „Powder Acquisition Drill System“ (PADS) – einem am Roboterarm des Rovers befestigten Gesteinsbohrer – oder durch die Aufnahme mit einer kleinen Baggerschaufel von der Marsoberfläche gewonnene Material wird zuerst zu dem „Collection and Handling for Interior Martian Rock Analysis“ (CHIMRA) geleitet. Der CHIMRA-Komplex ist mit zwei Sieben ausgestattet, durch welche Partikel entweder kleiner als 150 Mikrometer oder aber kleiner als ein Millimeter aus einer gewonnenen Bodenprobe herausgefiltert werden können. Diese zuvor gesiebten Proben werden anschließend in verschiedene Probenauffangbehälter weitergeleitet, von wo aus sie zwecks eingehender Untersuchungen an die beiden im Inneren des Rovers befindlichen Analyseinstrumente SAM und CheMin weiter transportiert werden. Hierfür sind diese beiden Instrumente durch jeweils eine kleine Röhre mit der Oberseite der WEB verbunden.
Auch das SMS des SAM-Komplexes verfügt über mehrere Siebe, mit denen das zu untersuche Material noch weiter gefiltert werden kann. Anschließend wird die gefilterte Bodenprobe in einen der 74 zur Verfügung stehenden Auffangbehälter des SAM weitergeleitet, von denen jeder für mehrere Messungen genutzt werden kann. Jeder dieser Auffangbehälter kann anschließend im Inneren von zwei Öfen platziert und erhitzt werden. Durch eine Erhitzung der Bodenproben auf Temperaturen von bis zu maximal knapp 1.100 Grad Celsius werden flüchtige Stoffe durch ein dabei erfolgendes Ausgasen entfernt. Die Erhitzung kann dabei stufenlos erfolgen. Aufgrund der hohen Temperaturen ist dabei auch eine pyrolytische Zersetzung von organischen Verbindungen möglich. Für den Betrieb benötigt jeder der beiden zur Verfügung stehenden Öfen eine elektrische Leistung von bis zu 40 Watt.
Die bei der Erhitzung freigesetzten Gase werden anschließend – genauso wie auch bei einer zu untersuchenden Probe der Marsatmosphäre – in das „Chemical Separation and Processing Laboratory“ (kurz „CSPL“) weitergeleitet. Hierbei handelt es sich um ein sehr umfangreiches und komplexes System, in dem die zu untersuchenden Proben einer weiteren Vorbereitung für die Messungen unterzogen werden. Das CSPL setzt sich aus knapp 50 Ventilen, einem internen Leitungssystem für die Weiterleitung der Gase, mehreren Filtern und vielfältigen Misch- und Trennsystemen zusammen.
Nach dem Abschluss der Aufbereitungsphase wird das Gas in eines der drei Messinstrumente geleitet, aus denen sich der SAM-Komplex zusammensetzt. Hierbei handelt es sich um ein Quadrupol-Massenspektrometer (kurz „QMS“), einen Gaschromatografen (kurz „GC“) und um ein „Tunable Laser Spectrometer“ (kurz „TLS“).
Der Gaschromatograf verfügt über insgesamt sechs Kammern. Diese Kammern sind so konzipiert, dass in jeder von ihnen speziell eine bestimmte Untergruppe von organischen Verbindungen nachgewiesen werden kann. Zur weiteren Analyse kann die Probe im Bedarfsfall von dort aus an das QMS weitertransportiert werden. Dieses Instrument trennt die einzelnen Bestandteile der Probe nochmals anhand von deren Atommassen. Der Messbereich des QMS erstreckt sich auf Elemente und Moleküle mit einer Atommasse von zwei bis hin zu 535 Dalton. Hiermit können speziell die Elemente Stickstoff, Phosphor, Schwefel, Sauerstoff und Kohlenstoff nachgewiesen werden.
Das TLS ist dagegen speziell dazu gedacht, um die exakten Isotopenverhältnisse der beiden Elemente Kohlenstoff und Sauerstoff zu bestimmen, welche zum Beispiel in Wassereis, in Wasserdampf oder im Kohlenstoffdioxid innerhalb der Marsatmosphäre beziehungsweise auf der Marsoberfläche auftreten. Außerdem ist das TSL in der Lage, bereits kleinste Mengen an Methan zu ermitteln. Dazu sendet das TSL zwei Laserstrahlen aus, welche die zu untersuchende Gasprobe mehrfach durchdringen. Die Laserstrahlen „scannen“ dabei einen Wellenbereich des infraroten Lichtes, in dem Methanmoleküle in drei Absorptionslinien nachweisbar sind.
„Es handelt sich hier um eine sehr einfache, direkte und doch deutliche Messung“, so Dr. Christopher R. Webster vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, der Entwickler des TSL.
Das TSL ist zudem ein sehr sensitives Instrument. Mittels der ersten, nur „oberflächlichen“ Messungen, welche bereits innerhalb der ersten Wochen nach der Landung von Curiosity auf dem Mars erfolgen sollen, kann Methan nachgewiesen werden, sofern es zum Zeitpunkt der Messung in einer Konzentration von mindestens einem ppb in der Marsatmosphäre enthalten ist. Frühere Messungen, welche mittels erdgestützter Teleskope und durch den von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Marsorbiter Mars Express erfolgten, legen nahe, dass das gegenwärtig in der Marsatmosphäre enthaltene Methan einen Mengenanteil von bis zu 10,5 ppb einnimmt und sich somit eindeutig innerhalb der Nachweisgrenze des TSL befindet. Länger andauernde TSL-Messungen sollen das Methan dagegen sogar bis zu einer Konzentration von lediglich 50 bis 100 Molekülen pro Billion Luftmolekülen nachweisen können.
Das TSL kann dabei auch die interne Isotopenverteilung der untersuchten Proben bestimmen, wodurch sich eventuell auch Aussagen über die Prozesse tätigen lassen, durch welche sich das in der Marsatmosphäre befindliche Methan bildete. Eine mögliche Quelle wären dabei organische Lebensformen, welche das Methan im Rahmen einer Methanogenese produzieren und an ihre Umwelt abgeben, und die zum Beispiel die Hauptverursacher des in der irdischen Atmosphäre befindlichen Methans sind. Ein anderer Lösungsansatz für die Freisetzung von Methan in der Marsatmosphäre geht von einer in der Gegenwart stattfindenden vulkanischen Aktivität auf dem Mars aus. Eine dritte Möglichkeit wäre, dass das Methan bereits vor Milliarden von Jahren im Marsboden gespeichert wurde und jetzt durch jahreszeitlich bedingte Einflüsse wieder freigesetzt wird. Aktuelle Forschungsergebnisse legen dagegen den Schluss nahe, dass das Methan durch Meteoriten auf die Marsoberfläche transportiert und anschließend durch chemische Prozesse freigesetzt wird.
„Curiosity werden im Verlauf der Mission viele neue, erstaunliche Entdeckungen gelingen“, so Dr. Paul R. Mahaffy vom Goddard Spaceflight Center der NASA, der für das SAM-Instrument verantwortliche Wissenschaftler. „Wir sind gespannt darauf, welche Beiträge unser mobiles chemisches Labor liefern wird, um dabei mehr über die Entwicklungsgeschichte unseres Nachbarplaneten zu erfahren.“
Die wissenschaftlichen Analysen des SAM sollen dabei die drei folgenden Fragen beantworten:
- Welche Erkenntnisse liefern der Nachweis (oder auch ein eventueller „Nicht-Nachweis“) von Kohlenstoffverbindungen in der unmittelbaren Nähe der Marsoberfläche über das Potential des Planeten bezüglich der Entstehung und Beherbergung von mikrobiologischen Lebensformen?
- Wie gestalten sich die Isotopenverhältnisse der leichteren chemischen Elemente in den Gesteinen, den Böden und der Atmosphäre des Mars und was bedeutet dies für seine eventuelle Bewohnbarkeit?
- In welchem Umfang haben sich die Umweltbedingungen auf dem Mars seit dessen Entstehung verändert und wie haben sich diese Bedingungen in früheren Zeiten gestaltet?
Entwickelt und gebaut wurde das SAM-Instrument vom Goddard Spaceflight Center der NASA in Kooperation mit der französischen Weltraumagentur CNES und dem JPL. Im Betriebsmodus benötigt das Instrument eine elektrische Leistung von bis zu 240 Watt.