Das Ozonloch wird ein bisschen kleiner

Während die Welt über den Klimagipfel in Kopenhagen debattiert, richten andere einen sorgenvollen Blick auf das Ozonloch. Mit dem Montreal-Protokoll wurde erstmalig ein globales Umweltproblem durch ein einfaches Vertragswerk gelöst – so die Lesart der Politik. Doch ist es gelöst?

Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: NOAA, ESA, eigene Recherche. Vertont von Peter Rittinger.

NOAA
Das Ozonloch 2009 über der Antarktis
(Bild: NOAA)

Patrick Cullis und Marc Weekley haben gerade ein volles Jahr lang in der Antarktis gearbeitet. Nicht immer konnten die Stratosphärenballons starten, wenn etwa gerade ein Sturm mit 130 Kilometern in der Stunde über das South Pole Observatory fegte. Einmal pro Woche starteten die US-Wissenschaftler der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) einen Ballon und vermaßen dabei die vertikale Ausdehnung der Ozonschicht. In diesem Jahr erreichte es am 26. September seine maximale Ausdehnung und war mit 23,8 Millionen Quadratkilometern so groß wie der nordamerikanische Kontinent.

Das Ozonloch entstand durch die Freisetzung sehr stabiler halogenierter Kohlenwasserstoffe (FCKWs). Diese gelangten nach einiger Zeit in die Stratosphäre, die sich aufgrund anderer Temperatur- und Strömungseigenschaften nur wenig mit der unteren Luftschicht, der Troposphäre, austauschen kann. FCKWs können in der Stratosphäre ungestört mit Ozonmolekülen reagieren, was Halogenradikale wie Chlor, Brom oder Fluor freisetzt. Diese sind äußerst reaktionsfreudig und tragen als Katalysatoren zum effektiven Abbau der Ozonschicht bei.

Ganz so schlimm sieht Diego G. Loyala R. vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Lage nicht: „In den letzten 14 Jahren gab es einen schwachen aber positiven Trend.“ Er hatte zusammen mit Kollegen aus ganz Europa Daten verschiedener Umweltsatelliten und bodengestützter Messungen ausgewertet. Viele Observatorien haben ständig ein wachsames Auge auf die Ozonschicht, darunter die ESA-Satelliten ERS-2, Envisat oder der schwedische Odin. Auch Material der US-Instrumente SBUV, SAGE I und SAGE II sowie HALOE kam zum Einsatz. Dabei wurde die Größe des Ozonlochs über die vergangenen 14 Jahre rekonstruiert.

Diego Loyola, DLR
Monatlich gemittelte Ozonwerte, gemessen zwischern 60° nördlicher und 60° südlicher Breite mit verschiedenen Satellitengenerationen. Gestrichelte Linien zeigen nicht angeglichene Kurven vor der Kalibration.
(Bild: Diego Loyola, DLR)

Die Geschichte des Ozonlochs lässt sich in zwei Perioden untergliedern. Von 1979 bis 1997 stieg die Größe des Ozonlochs über der Antarktis um rund sieben Prozent pro Jahrzehnt. Die ungehemmte Freisetzung von FCKWs setzte nicht sofort mit der Ratifizierung des Montreal-Protokolls aus, zudem ist die Atmosphäre ein äußerst träges System. Die Stratosphäre merkt nicht sofort, wenn der Mensch weniger Schadstoffe in die Troposphäre abgibt.

Die zweite Periode begann 1997 und dauert bis heute an. In einem guten Jahrzehnt ging die Größe des Ozonlochs um durchschnittlich 0,8 bis 1,4 Prozent zurück. „Das ist statistisch gesehen nicht viel mehr als ein Nullsummenspiel“, sagte Jo Urban von der schwedischen Chalmer-Universität. „Wir hoffen aber, in den nächsten Jahren mit längerfristiger Datenbasis auch einen deutlicheren Rückgang des Ozonlochs zu sehen.“

Erstmalig sind nun auch Daten für den Anteil von Halogenradikalen in der Stratosphäre verfügbar. François Hendrick vom belgischen Institut für Atmosphärenforschung hat Ergebnisse des Envisat-Instruments SCIAMACHY ausgewertet. Envisat startete 2002 und misst seitdem kontinuierlich die Konzentration von Brommonoxid in der Stratosphäre, einem sehr effektiven Katalysator für Ozonabbaureaktionen.

Hendrick stellte seine Ergebnisse im September auf einer Konferenz zur Atmosphäreforschung in Barcelona vor. „Wir konnten die Messdaten des Satelliten mit Bodenstationen in hohen und mittleren Breiten bestätigen. Wir haben eine verifizierte Brommonoxid-Trendkurve aufgezeichnen können. Das sind die ersten direkten Beweise dafür, dass die Ergebnisse des Montreal-Protokolls nun auch die obere Stratosphäre erreicht haben“, so der Forscher.

Nach oben scrollen