Irdische Blitze sind für die Existenz der so genannten Sicheren Zone innerhalb des Van Allen-Strahlungsgürtels verantwortlich.
Ein Beitrag von Roger Spinner. Quelle: NASA.
Die Blitze, die sich nur ein paar Kilometer über der Erdoberfläche entladen, reinigen einen tausende von Kilometern über der Erdoberfläche gelegenen Bereich im Strahlungsgürtel der Erde, der als Sichere Zone bekannt ist.
Diese Erkenntnis hat nun eine von der NASA finanzierte Untersuchung gebracht. Das unerwartete Resultat beendet somit eine 40 Jahre alte Debatte über die Frage, wie die Sichere Zone entstanden ist, und zeigt auf, wie diese Gegend von kosmischer Strahlung gereinigt wird, nach dem sie regelmässig während eines magnetischen Sturms verstrahlt wird.
Die Sichere Zone, auf Englisch auch Van Allen Belt Slot genannt, ist ein Bereich im Van Allen-Gürtel, der eine stark reduzierte Strahlendosis aufweist. Satelliten, deren Aufgabe einen so genannten Middle Earth Orbit (MEO) erfordert, können diesen Bereich nutzen, um den Strahlungsgürtel unbeschadet zu durchqueren. Die teuren GPS-Satelliten (Global Positioning System) ziehen beispielsweise ihre Bahnen durch diesen Bereich hindurch.
Ohne diesen laufend stattfindenden Reinigungseffekt würde es bloß einen einzigen, grossen Strahlungsgürtel um unsere Erde herum geben, ohne einen Platz darin, an dem ihn ein Satellit einigermaßen sicher durchqueren könnte.
Diese Animation zeigt das Prinzip der Wirkung von irdischen Radiowellen auf die Strahlung in der sicheren Zone. Von Blitzen ausgelöste Radiowellen (weißes Leuchten) bewegen sich entlang des Erdmagnetfeldes und fangen die Partikel innerhalb der sicheren Zone ab (dargestellt durch die rote Spirale). Die Radiowellen lenken die Partikel ab und zwingen sie dazu, den Magnetfeldlinien (blau) folgend nach unten zu strömen, bis sie mit der oberen Atmosphäre kollidieren. Dieser Vorgang dauert so lange an, bis die Sichere Zone strahlungsfrei ist.
(Animation: NASA/Walt Feimer)
Aber was genau ist der Van Allen-Gürtel? Durch das Erdmagnetfeld werden Teilchen, die aus dem Sonnenwind oder der kosmischen Strahlung stammen, eingefangen und sammeln sich in zwei Strahlungsgürteln. Wäre der Gürtel vom All aus sichtbar, so erschiene er wie ein Paar Ringe, einer innerhalb des anderen, mit der Erde mitten drin.
Diese datenbasierte Animation zeigt den Van Allen Gürtel, wie er über einen Zeitraum von zehn Tagen hinweg, aufgrund der Sonnenteilchen, pulsiert. Die Lücke, die gelegentlich erscheint, ist die nahezu strahlungsfreie Sichere Zone für Satelliten. Der rote Ring stellt den Orbit des IMAGE-Satelliten dar, welcher alle paar Tage in die sichere Zone eintaucht.
(Animation: NASA/Tom Bridgman)
Der Van Allen Belt Slot wäre dabei der Spalt zwischen dem inneren und dem äusseren Ring. Die Gürtel selber bestehen aus elektrisch geladenen hochenergetischen Partikel (Elektronen und Atomkerne) die im Magnetfeld der Erde gefangen wurden. Das irdische Magnetfeld besitzt unsichtbare Linien die in der Südpol-Region austreten, bis ins Weltall hinaus reichen, und dann am Nordpol wieder auf die Erde treffen. Weil der Strahlungsgürtel elektrisch geladen ist, reagiert er auf die magnetischen Kräfte. Die Partikel im Gürtel bewegen sich spiralförmig um die Magnetlinien herum und springen von einem Punkt über dem Pol zu einem Punkt über dem gegenüberliegenden Pol, wo sich das Magnetfeld des Planeten jeweils konzentriert.
Wissenschaftler debattierten bisher zwei Theorien, die erklären sollten, wie genau die Zone von geladenen Partikeln gesäubert wird. Die prominente Theorie vertrat die Ansicht, dass Radiowellen aus dem Weltall in diesem Bereich des Strahlungsgürtels in Turbulenzen gerieten und dabei die Zone von Strahlung säuberten. Die andere Theorie, die von den nun vorliegenden Forschungsresultaten bestätigt wurde, vermutete, dass von irdischen Blitzen hervorgerufene Radiowellen die Ursache für den Reinigungsprozess sind.
Der Lichtblitz den wir optisch wahrnehmen können, ist nur ein Teil der Strahlung die ein Blitz produziert. Blitze generieren auch Radiowellen. Auf dieselbe Art wie ein Prisma das sichtbare Licht umlenkt, werden diese Radiowellen von elektrisch geladenem Gas abgelenkt, das im Magnetfeld der Erde gefangen ist. Dies bewegt die Wellen dazu, entlang der Magnetfeldlinien der Erde, hinaus in den Weltraum zu fliessen.
Die Blitztheorie besagt, dass Radiowellen die Sichere Zone durch Interaktion mit den Partikeln des Strahlungsgürtels reinigen, in dem sie ihnen einen kleinen Teil ihrer Energie entnehmen und dabei ihre Richtung ändern.
Dies senkt die Höhe des Spiegelungspunktes, das ist der Punkt über den Polarregionen, von dem die Partikel wieder abprallen. Möglicherweise senkt sich der Spiegelungspunkt derart tief, dass er innerhalb der Erdatmosphäre liegt. Wenn dies geschieht, können die Strahlungspartikel nicht mehr in das Weltall zurückspringen, da sie mit Atmosphärischen Partikel kollidieren und ihre Energie dabei verlieren.
Um diese Theorie zu bestätigen, verwendete das Team eine mit Hilfe des Satelliten MICRO LAB 1 erstellte globale Karte der Aktivität irdischer Blitze. Zusätzlich verwendeten sie die Radiowellen-Daten des Radio Plasma Imager (RPI) an Bord der Raumsonde IMAGE (Imager for Magnetopause to Aurora Global Exploration), und kombinierten diese mit Archivdaten der Raumsonde Dynamics Explorer. Die Sonden IMAGE und Dynamics Explorer zeigten die Radiowellen-Aktivität in der Sicheren Zone jeweils in den Regionen, in denen MICRO LAB 1 Blitzmuster registriert hat.
Als die Sichere Zone wird eine Lücke zwischen dem inneren und äusseren Strahlungsgürtel der Erde bezeichnet. Sie beginnt in einer Distanz von etwa 7000km und endet in einer Höhe von ca. 13000 km über der Erdoberfläche.
(Animation: NASA/Walt Feimer)
Den Aussagen des Teams zufolge, würde es keine Wechselwirkung im Strahlengürtel geben, wenn die Radiowellen aus dem Weltall anstatt von der Erde kämen. Die Untersuchungen zeigen weiter auf, dass, wenn ein magnetischer Sturm, ausgelöst durch starke Sonnenaktivität, neues hochenergetisches Material in die Sichere Zone gebracht hatte, Blitze die Zone innerhalb weniger Tagen wieder von der Strahlung befreiten.
Die Resultate der aktuellen Untersuchung, können möglicherweise einmal dabei helfen, die Strahlungsgürtel um die Erde oder um andere Planeten herum zu entfernen und somit die Gefahren für bemannte Erkundungen zu minimieren. Ingenieure könnten dereinst Raumsonden entwickeln, die Radiowellen in der richtigen Frequenz und am richtigen Ort erzeugen können, um damit die Strahlungsgürtel um einen Planeten herum zu reinigen. Dies könnte dann zum Beispiel von Interesse sein, wenn es einmal um die menschliche Erkundung des Jupiter-Mondes Europa geht, der innerhalb des starken Strahlungsgürtels des gigantischen Planeten kreist.