Cygnus auf dem Weg zur ISS

Sieht man von einer achtminütigen Verzögerung ab, ist der neue Raumfrachter Cygnus am 18. September 2013 ohne besondere Vorkommnisse in Richtung ISS aufgebrochen. Der Flug, ursprünglich für Ende Juni/Anfang Juli angesetzt, zählt als Demonstrationsmission und soll die Zertifizierung von Cygnus für die ISS erfolgreich abschließen.

Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: NASA, Orbital, Raumcon.

NASA TV
Antares mit Cygnus „G. David Low“ auf dem Weg zur ISS – ein Bilderbuchstart, wenn auch mit acht Minuten Verzögerung. Low war NASA-Astronaut und später Orbital-Mitarbeiter. Er verstarb 2008.
(Bild: NASA TV)

Von der Wallops Flight Facility, der für 150 Millionen US-Dollar runderneuerten und inzwischen doch recht gut frequentierten „Start-Zweigstelle“ der NASA an der Atlantik-Küste Virginias, hob heute um 10:58 a.m. Ortszeit (16.58 Uhr MESZ) eine Antares-Rakete mit dem ersten voll funktionsfähigen Raumfrachter Cygnus „G. David Low“ ab. Der Flug Orb-D1 zählt als Demonstrationsflug im Rahmen des COTS-Programmes (Commercial Orbital Transportation System). Vom Gelingen hängen die weiteren Aufträge zur Versorgung der ISS an die Orbital Sciences Corporation im Rahmen des anschließenden CRS-Programmes (Commercial Resupply Services) ab. Orbital könnte dann in acht Flügen bis 2016 rund 20 Tonnen Nachschub liefern. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 1,9 Mrd. US-Dollar.

Der Start verlief problemlos, so jedenfalls der Eindruck aus der Bildübertragung, aus der Live-Kommentierung in den begleitenden NASA-Tweets und der bisherigen Nachberichterstattung. Nach knapp vier Minuten wurde in rund 110 Kilometern Höhe die flüssigkeitsbetriebene erste Stufe nach Brennschluss der beiden Aerojet-Rocketdyne AJ-26-Triebwerke abgetrennt. Etwa neunzig Sekunden später und ca. 80 Kilometer höher erfolgte der Abwurf der Nutzlastverkleidung in einer Freiflugphase, anschließend die Zündung der zweiten Stufe, einem feststoffbetriebenen ATK-Castor-30-Motor. Er brachte den Cygnus-Frachter auf 250 Kilometer Höhe. Ziemlich genau zehn Minuten nach dem Start wurde Cygnus von der zweiten Stufe separiert. Der zunächst angestrebte Orbit von 243 mal 299 Kilometer hat eine Inklination von 51,6 Grad.

Zwanzig Minuten nach dem Start bestand laut Orbital eine stabile Kommunikation mit Cygnus. Die Solarzellen-Ausleger wurden erfolgreich ausgeklappt. Nach den obligaten Systemchecks wird Cygnus in den nächsten Tagen ein Testprogramm durchlaufen und sich dabei aus eigener Kraft schrittweise der ISS nähern. Das Programm beinhaltet zehn Demonstrationspakete. Insgesamt 425 Sicherheitsanforderungen müssen erfüllt werden, bevor die Erlaubnis zur Annäherung und zum Andocken an die ISS erteilt wird. Im Mittelpunkt der Tests steht die Steuerungsfähigkeit des Raumschiffs. Zum Testprogramm zählt auch die Analyse des Verhaltens im antriebs- und steuerungslosen Flug und ein Abbruchmanöver. Beides ist essentiell, damit kritische Situationen in allernächster Nähe zur ISS erst gar nicht aufkommen und wenn, wenigsten beherrschbar bleiben. Die Rendezvoussteuerung (LIDAR-basiert; Laser Detection and Ranging) und Kopplungsvorrichtung (Node 2 Common Berthing Mechanism) werden ebenfalls getestet.

Am 22. September sehen die Planungen die Ankopplung an das Node 2 (Harmony)-Modul der ISS vor. Der Raumfrachter wird autonom bis auf 12 Meter an die Raumstation heransteuern und dann im Freiflug (free drift), das heißt ohne weitere Steuerung, parallel zur ISS fliegen. Danach wird er von der Station aus mit dem Roboterarm gegriffen und an die ISS angekoppelt. Die Astronauten Karen Nyberg und Luca Parmitano werden dieses Manöver voraussichtlich durchführen.

Cygnus wird etwa 30 Tage angedockt bleiben, Zeit genug, um die rund 590 Kilogramm Fracht (25 Stunden sind dafür angesetzt) zu entladen und Abfälle zu verstauen. Danach wird Cygnus über dem Südpazifik zum Absturz gebracht und verglühen. Insgesamt kann Cygnus 2 Tonnen Nutzlast transportieren.

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