Seit der Landung des Marsrovers Curiosity hat sich das für die Kontrolle des Rovers verantwortliche Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren den auf dem Mars herrschenden Verhältnissen angepasst und seine Arbeiten entsprechend der lokalen Marszeit ausgeführt. Seit dem 6. November arbeitet das Team nach der irdischen Zeit.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Seit seiner Landung auf dem Mars am 6. August 2012 hat der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Rover Curiosity am Ende eines jeden Arbeitstagen seine zuvor gesammelten Daten an das für die Kontrolle des Rovers verantwortliche Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Dort wurden diese Daten und Bilder in den folgenden Stunden ausgewertet und für die Erstellung der Kommandos für den nächsten Arbeitstag des Rovers verwendet, welche noch vor dem Beginn des nächsten Marstages zu dem Rover übermittelt werden mussten. Aufgrund dieser Vorgehensweise – Curiosity fährt und forscht während des Marstages, die Wissenschaftler und Ingenieure erstellen weitere Befehle während der folgenden Marsnacht – konnte eine größtmögliche Effizienz im Betrieb des Rovers gewährleistet werden.
Mit einer Dauer von 24 Stunden, 39 Minuten und 35 Sekunden fällt ein Marstag (auch als „Sol“ bezeichnet) allerdings etwas länger aus als ein Tag auf der Erde. Dieser Zeitunterschied zwischen Erde und Mars hatte zur Folge, dass sich die Arbeitszeiten der an der Mission beteiligten Mitarbeiter während der letzten drei Monate an jeden Tag um 40 Minuten nach hinten verschoben haben. Diese ungewohnte und permanent erfolgende Umstellung der Arbeitszeiten und die damit verbundenen Verschiebungen im Schlaf- und Essrhythmus führen jedoch zu einer großen physischen und psychischen Belastung, welche sich dabei mit zunehmender Dauer auch negativ auf die Effizienz der Mitarbeiter auswirkt. Die Mitarbeiter der Curiosity-Mission berichteten während der letzten Wochen mehrfach in diversen Blogs und Internetforen über die mit diesem untypischen Biorhythmus verbundenen Probleme.
Um diesen bereits im Vorfeld bekannten Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, war von vornherein geplant, dieses „Arbeiten nach Marszeit“ auf eine Dauer von 90 Marstagen zu begrenzen. Aufgrund einer während der letzten Wochen erreichten Optimierung der Planungsaktivitäten für den Betrieb des Rovers konnte das Curiosity-Team jetzt wieder auf die Erdzeit wechseln. Alle für die weiteren Aktivitäten des Rovers wichtigen Arbeiten sollen ab jetzt zum größten Teil zwischen acht Uhr und 20 Uhr kalifornischer Ortszeit erledigt werden.
„Wir sind alle froh, dass wir uns nicht mehr nach der Marszeit richten müssen“, so Richard Cook vom JPL, der Projektmanager der Curiosity-Mission. „Das Team konnte den täglichen Planungsprozess von über 16 Stunden in den ersten Wochen nach der Landung erfolgreich auf eine Dauer von 12 Stunden verkürzen. Wir werden beim Betrieb [des Rovers] immer besser.“
Mit diesem Wechsel sind auch weitere organisatorische Veränderungen wie zum Beispiel eine Dezentralisierung der Planungsaktivitäten verbunden. Für den Betrieb des Rovers sind rund 200 Ingenieure des JPL und etwa 400 Wissenschaftler zuständig, welche größtenteils aus nicht zum JPL gehörenden Einrichtungen und Instituten stammen. Seit der Landung des Rovers haben über 200 dieser Wissenschaftler direkt am JPL gearbeitet und – ein weiterer die Psyche belastender Faktor – ihre Familien nur sporadisch gesehen. Mit dem Wechsel auf die Erdzeit werden diese Wissenschaftler Pasadena jetzt verlassen und ihre Arbeit an der Curiosity-Mission von ihren Heimatinstituten in Nordamerika und Europa aus fortsetzen.
„Die jetzt beendete Phase, in der wir alle zusammen an einem Ort gearbeitet haben, war ungemein wertvoll, um zu einem vollwertigen Team zu werden und sich auch gegenseitig unter dem Druck der täglich anstehenden Arbeiten kennenzulernen“, so Joy Crisp, die stellvertretende Projektwissenschaftlerin des JPL. „Jetzt haben wir einen Punkt erreicht, an dem wir weiterhin zusammenarbeiten können, ohne dass die Leute dabei persönlich hier vor Ort sein müssen.“
Für die Aufrechterhaltung des Kontaktes zur Planung der weiteren Rover- und Instrumentenaktivitäten und zur Diskussion des gesammelten wissenschaftlichen Daten werden die Teammitglieder zukünftig hauptsächlich Emails, Online-Chats sowie regelmäßig erfolgende Telefon- und Videokonferenzen nutzen.
„So schön die zurückliegende Zeit am JPL auch war – es ist doch ein gutes Gefühl, jetzt wieder zu Hause zu sein“, so Ken Herkenhoff vom USGS. „Ich bin zuversichtlich, dass die zukünftige Vorgehensweise die Effizienz unsere Arbeiten nicht beeinträchtigen wird.“
Die Arbeiten der vergangenen Tage konzentrierten sich auch weiterhin auf die Untersuchung des Marsbodens in der unmittelbaren Umgebung des Rovers. Am 4. November, dem Sol 88 der Mission, wurde der Boden in der Region „Rocknest“, dem gegenwärtigen Standort Curiositys, mit der MAHLI-Kamera abgebildet. Am darauffolgenden Tag erfolgte an verschiedenen Stellen eine Bodenuntersuchung mit dem APX-Spektrometer.
Am 5. und 6. November wurde zudem das SAM-Instrument einem ausführlichen Test unterzogen, bei dem die einzelnen für eine Bodenanalyse notwenigen Sequenzen durchgespielt wurden, ohne dass sich allerdings eine Probe in dem SAM befand. Begleitet wurden diese Aktivitäten durch weitere Kameraaufnahmen der Umgebung und durch standardmäßig erfolgende Messungen der Instrumente REMS, RAD und DAN.
Am 9. November, dem Sol 93, entnahm die am Instrumentenarm des Rovers befindliche Baggerschaufel eine fünfte Bodenprobe von Rocknest, welche nach einer entsprechenden Aufbereitung durch das CHIMRA-Probenentnahmesystem zu gleichen Anteilen in das Innere des SAM-Instrumentes und zu dem CheMin-Spektrometer befördert und dort anschließend analysiert werden soll. Abhängig von der Energiesituation des Rovers – der Betrieb des SAM-Instrumentes gestaltet sich als sehr energieintensiv und benötigt den Großteil der täglich zur Verfügung stehenden Energiemenge – kann diese Untersuchung mehrere Tage andauern. Erst nach dem Abschluss der jetzt anstehenden Analysen wird der Rover seine Fahrt fortsetzen.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 95 der Mission, hat der Marsrover Curiosity eine Distanz von über 480 Metern auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zurückgelegt. Dabei haben die Kamerasysteme des Rovers mittlerweile fast 23.500 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des JPL übermittelt. Diese Bilder sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.
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