Kurz vor seiner für den 1. März 2015 vorgesehenen Weiterfahrt ereignete sich bei dem Marsrover Curiosity ein Kurzschluss, weshalb die geplante Fahrt zunächst ausgesetzt werden musste. Die Ursache für das aufgetretene Problem ist mittlerweile verstanden und bereits in der kommenden Woche – so die derzeitigen Planungen – soll der Rover seine Fahrt fortsetzen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, USGS, University of Leicester.
Nach einer etwas mehr als fünf Monate andauernden Untersuchungskampage hatte der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Curiosity Ende Februar 2015 seine Arbeiten bei der im Inneren des Gale-Kraters gelegenen Region „Pahrump Hills“ beendet. Am 1. März 2015, dem Sol 912 seiner Mission, sollte der Rover seine Fahrt fortsetzen und sich dabei zunächst durch ein schmales, mit dem Namen „Artist’s Drive“ belegtes Tal bewegen, bevor anschließend höher gelegene Regionen des im Inneren des Kraters gelegenen Zentralberges Aeolis Mons angesteuert werden (Raumfahrer.net berichtete).
Aufgrund eines nur wenige Stunden zuvor aufgetretenen technischen Problems konnte diese Fahrt allerdings nicht durchgeführt werden.
Noch am 28. Februar sollte ein Teil des zuvor im Rahmen einer am 26. Februar erfolgten Bohrung gewonnene Materials dem Instrumentenkomplex SAM – einem der beiden im Inneren des Rovers befindlichen Analyseinstrumente – zugeführt werden. Zwecks der Vorbereitung dieses Probentransfers wurde das Material zunächst durch das „Sample Manipulation System“ (kurz „SMS“) an das „Collection and Handling for Interior Martian Rock Analysis“ (kurz „CHIMRA“) weitergeleitet. Der CHIMRA-Komplex ist mit zwei Sieben ausgestattet, durch welche Partikel entweder kleiner als 150 Mikrometer oder aber kleiner als ein Millimeter aus einer gewonnenen Bodenprobe herausgefiltert werden können.
Diese so gesiebten Proben – so die übliche Vorgehensweise – werden anschließend in verschiedene Probenauffangbehälter befördert, von wo aus sie zwecks eingehender Untersuchungen an die beiden im Inneren des Rovers befindlichen Analyseinstrumente SAM und CheMin weiter transportiert werden können. Hierfür sind diese beiden Instrumente durch jeweils eine kleine Röhre mit der Oberseite der zentralen Struktur des Rovers verbunden. Der Transport des aufzubereitenden Materials zum CHIMRA wird dabei durch eine gesteuerte Dreh- und Schwenkbewegung des Roboterarm-Aufsatzes sowie durch gezielte Vibrationen kontrolliert.
Ein Kurzschluss stoppt die weiteren Aktivitäten
Von dem Rover zu seinem am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien befindlichen Kontrollzentrum übermittelte Telemtriedaten zeigten jedoch am 1. März, das im Rahmen dieses Probenaufbereitungsprozesses ein Kurzschluss erfolgte. Gemäß seinen Sicherheitsprotokollen stoppte der Rover daraufhin sofort alle weiteren Aktivitäten und wartete stattdessen zunächst auf weiterführende Kommandos von seinem Kontrollzentrum.
„Wir wollen zunächst im aktuellen Zustand des Rovers weitere Tests durchführen, bevor wir seinen Arm bewegen oder gar weiterfahren“, so Jim Erickson, der Curiosity-Projektmanager vom JPL in einer Pressemitteilung vom 3. März. „Dies ist die beste Möglichkeit, um die Ursache des Kurzschlusses zu ergründen.“
Diese Ursache und die davon betroffenen Systembereiche könnte Auswirkungen auf den weiteren Betrieb des Rovers haben. In einigen Systemen würde ein solcher Kurzschluss die Funktion von Curiosity kaum beeinträchtigen. Ein Kurzschluss in kritischen Komponenten hätte dagegen zur Folge, dass der Rover zumindestens zunächst auf einige Funktionen verzichten müsste. Im schlimmsten Fall wäre sogar die weitere Fortsetzung der Mission gefährdet.
Die Ursache: Stromschwankung im Bohrsystem
Die während der letzten Woche erfolgten Diagnosetest ergaben schließlich, dass der Kurzschluss sehr wahrscheinlich durch eine kurzzeitig aufgetretene Stromschwankung ausgelöst wurde, deren Quelle in dem Schlagbohrmechanismus des Powder Acquisition Drill Systems (abgekürzt „PADS“) des Rovers zu finden ist.
Dieses Bohrsystem kann im Rahmen einer durchzuführenden Bohrung 1,6 Zentimeter durchmessende und – abhängig von der Zusammensetzung der anzubohrenden Bodenprobe – bis zu sechs Zentimeter tiefe Löcher in die Planetenoberfläche oder in Gesteine bohren. Die Umdrehungszahl des Bohrers liegt bei einem Bohrvorgang je nach gewählter Einstellung zwischen einer bis hin zu 150 Umdrehungen pro Minute. Neben der drehenden Bewegung kann der Bohrkopf des PADS bei einer erfolgenden Bohrung auch nach dem Prinzip einer Schlagbohrmaschine bis zu 30 mal pro Sekunde gegen das anzubohrende Gestein gehämmert werden, wodurch das Ziel effizienter zerkleinert und durchdrungen werden kann. Die dabei erreichte Aufschlagenergie kann zwischen 0,05 und 0,8 Joule variiert werden.
Zusätzlich wird dieser Schlagbohrmechanismus aber auch dazu genutzt, um eine auf einem der beiden Siebe platzierte Materialprobe ‚durchzurütteln‘ und so infolge der sich dabei ergebenden mechanischen Erschütterungen durch die Öffnungen der Siebe zu befördern. Der am 28. Februar erfolgte Kurzschluss trat bei genau dieser Vorgehensweise auf.
Bei einem Test am JPL konnte das wenige Tage zuvor auf dem Mars erfolgte Ereignis am 5. März erfolgreich reproduziert werden. Während eines Test, bei dem der Bohrer im Rahmen einer Schlagbohrbewegung auf und ab bewegt wurde, trat für einen Zeitraum von weniger als einer Hundertstel Sekunde eine minimale Stromschwankung auf. Diese kleine Schwankung, so die Ingenieure des JPL, war wahrscheinlich trotz ihres flüchtigen Charakters stark genug, um die Sicherheitsparameter des Rovers zu aktivieren.
„Nach weiteren Analysen, in deren Rahmen wir diese Diagnose bestätigen wollen, werden wir nach Wegen suchen, um derartige Ereignisse zukünftig vermeiden zu können“, so Jim Erickson in einer weiteren Presseerklärung vom vergangenen Freitag. Bei vorherigen nach dem gleichen Prinzip ablaufenden Aktionen wurden keine derartigen Probleme registriert. Positiv ist jedoch zu vermerken, dass die Sicherheitsparameter des Rovers anscheinend ‚fein genug‘ eingestellt sind, um selbst auf minimalste Abweichungen zu reagieren.
Die weitere Vorgehensweise
Diese gegenwärtige ‚Auszeit‘ hat lediglich Auswirkungen auf die Fortsetzung der Fahrt, auf den Einsatz der am Instrumentenarm montierten Instrumente MAHLI und APXS und auf die geplanten Materialanalysen durch das SAM-Instrument. Die anderen wissenschaftichen Instrumente waren dagegen auch in den vergangenen Tagen aktiv und haben Messdaten gesammelt beziehungsweise Fotoaufnahmen erstellt.
Als nächstes will das für den Betrieb des Rovers verantwortliche Team zunächst den Instrumentenarm minimal bewegen. Anschließend soll dann überprüft werden, ob nach dieser Neuausrichtung eventuell ein erneuter Kurzschluss auftritt. Sollte dieser Fall nicht eintreten – und davon wird ausgegangen – so soll die Probenaufbereitung und anschließende Weiterleitung an das SAM-Instrument fortgesetzt werden. Sollte auch dabei alles wie vorgesehen ablaufen, dann soll der Marsrover Curiosity seine Fahrt bereits im Verlauf der kommenden Woche fortsetzen. Großartige ‚Geländegewinne‘ wird es dabei aber auch in der nächsten Zukunft nicht geben.
„Wir werden mehr Zeit an [aus wissenschaftlicher Sicht] interessanten Stellen verbringen, als das wir fahren“, so Dr. John Bridges von der University of Leicester, einer der an der Curiosity-Mission beteiligten Wissenschaftler.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 919 seiner Mission, hat der Marsrover Curiosity bereits mehr als zehn Kilometer auf der Marsoberfläche zurückgelegt. Dabei hat der Rover mit seinen Kamerasystemen inzwischen 221.015 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Diese Aufnahmen sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.
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