Auf einer Pressekonferenz wurden gestern die Ergebnisse der ersten durch die Instrumente des Marsrovers Curiosity vollständig analysierten Bodenproben vorgestellt. Zwar konnte eines der Analyseinstrumente dabei kohlenstoffhaltige Verbindungen nachweisen – derzeit ist aber noch unklar, ob diese auch wirklich vom Mars stammen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Seit Anfang August 2012 untersucht der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Curiosity im Rahmen seiner wissenschaftlichen Zielsetzungen mit insgesamt zehn Instrumenten die Oberfläche und die Atmosphäre unseres äußeren Nachbarplaneten. Während der letzten Wochen wurden im Rahmen dieser Aktivitäten insgesamt fünf Bodenproben von der Marsoberfläche entnommen, von denen speziell die letzten beiden von zwei Analyseinstrumenten bezüglich ihrer mineralogischen und chemischen Zusammensetzung eingehend untersucht wurden.
Gestern Abend präsentierte die NASA die ersten der dabei gewonnenen Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz. Im Vorfeld dieser Veranstaltung gab es große Erwartungen, da Curiosity angeblich eine „historische Entdeckung“ gelungen sei, welche einen „Einzug in die Geschichtsbücher“ finden würde. Der Grund für diese Annahme war offenbar eine missverständliche Äußerung von John Grotzinger, dem für die Curiosity-Mission verantwortlichen Projektwissenschaftler der NASA, gegenüber einem US-amerikanischen Radiosender. Allerdings bezog sich John Grotzinger dabei laut eigenen Aussagen nicht etwa auf eine spezielle Entdeckung, sondern vielmehr auf den bisherigen Verlauf des Gesamtprojektes.
„Ich habe [aus der auf diese Aussagen erfolgenden Resonanz] gelernt, dass man sehr vorsichtig sein muss mit dem, was man sagt und noch vorsichtiger damit, wie man es sagt“, so John Grotzinger im Rahmen der Pressekonferenz. „Es wird keinen einzelnen Moment geben, zu dem wir alle zusammen aufstehen und aufgrund einer einzelnen Messung in Jubel ausbrechen werden.“
Tatsächlich gelang dem Rover bis zum jetzigen Zeitpunkt keine wirklich spektakuläre und zudem wissenschaftlich gesicherte Neuentdeckung. Allerdings zeigte sich im bisherigen Missionsverlauf, dass alle Instrumente voll funktionsfähig sind und in den kommenden Monaten wie vorgesehen eingesetzt werden können. Der Großteil der bisher gewonnenen Daten muss dagegen weiter ausgewertet und überprüft werden. Und auch für die Auswertung der zukünftig zu gewinnenden Messergebnisse werden die beteiligten Wissenschaftler viel Zeit aufwenden müssen. „Curiositys zweiter Name lautet „Geduld“ – und davon benötigen wir eine ganze Menge …“, so John Grotzinger weiter.
Entnommen wurden die Proben im Bereich einer kleinen, aus Sand und Staubpartikeln bestehenden Düne mit dem formellen Namen „Rocknest“. Die Analysen zeigen eine komplexe chemische Zusammensetzung der Bodenproben, welche neben anderen Materialien wasser-, schwefel- und chlorhaltige Substanzen beinhalten. Die Daten der beiden am Roboterarm des Rovers befestigten Instrumente APXS und MAHLI belegen, dass das Material von der Zusammensetzung und dem Aussehen her den Oberflächenmaterialien ähnelt, welche bereits zuvor von den früheren Marsrover Sojourner, Spirit und Opportunity an anderen Stellen des Mars untersucht wurde.
Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn für die Entnahme der ersten Bodenproben entschieden sich die beteiligten Wissenschaftler ganz bewußt für eine Stelle, welche sich als ein typischer Vertreter der Marsoberfläche darstellte. Besonders eine möglichst geringe Größe der Sandpartikel war dabei gewünscht, da so sichergestellt war, dass die Probe ohne Probleme in das Innere der beiden Analyseinstrumente CheMin und SAM, befördert werden konnte.
Mit diesen beiden Instrumenten konnte letztendlich die mineralogische und chemische Zusammensetzung von zwei der entnommenen Bodenproben im Detail studiert werden. Die Analysen mit dem CheMin-Spektrometer ergaben, dass das untersuchte Material von seiner mineralogischen Zusammensetzung her etwa zur Hälfte aus vulkanischem Material besteht. Der Rest der Proben setzt sich dagegen aus nichtkristallinen Stoffen wie zum Beispiel Glas zusammen.
Mit dem SAM-Instrument entschlüsselten die an der Mission beteiligten Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung der zuletzt entnommenen Probe, welche hierfür auf Temperaturen von bis zu 1.100 Grad Celsius erhitzt wurde. Hierbei zeigte sich, dass die untersuchte Probe neben Wasser, Kohlenstoffdioxid, Sauerstoff und Schwefeldioxid anscheinend auch einen gewissen Anteil an Perchlorat-Salzen beherbergte, eine reaktionsfreudige chemische Verbindung, welche im Jahr 2008 bereits von dem Marslander Phoenix in der Nordpolregion des Mars nachgewiesen werden konnte.
Bei der Erhitzung der Bodenprobe bildete sich zudem Chlormethan.
Bei dieser Substanz handelt es sich um eine kohlenstoffhaltige chemische Verbindung. Kohlenstoffhaltige Verbindungen gelten als die Grundvoraussetzung für die Entstehung von Leben und die Suche nach entsprechenden Verbindungen ist eines der erklärten Hauptziele der Curiosity-Mission.
Die NASA-Wissenschaftler warnen in diesem Zusammenhang allerdings vor vorschnellen Schlussfolgerungen, da der Ursprung des Chlormethans derzeit noch völlig unklar ist. Das Chlor stammt zwar definitiv vom Mars, die Herkunft des Kohlenstoffes ist dagegen noch nicht gesichert. Es sei gut möglich, dass dieser von Molekülen stamme, welche von der Erde „eingeschleppt“ wurden. Bei dem detektierten Chlormethan könnte es sich somit um das Resultat von chemischen Reaktionen handeln, welche während des Erhitzungsprozesses im Inneren des SAM entstanden und deren Ausgangssubstanzen nicht ausschließlich vom Mars stammen müssen.
Für die endgültige Klärung der Herkunft des Kohlenstoffes sind weitere Analysen nötig, wofür allerdings noch weitere Zeit benötigt wird. Neben den derzeit in verschiedenen Instituten auf der Erde erfolgenden vergleichenden Laboranalysen kann Curiosity zu diesem Zweck die zuvor bei Rocknest entnommene Bodenprobe zum Beispiel erneut durch das SAM-Instrument analysieren.
Bei der ersten Befüllung des SAM wurde nicht die gesamte Bodenprobe verbraucht. Die Reste der entnommenen Probe werden vielmehr im Inneren der Baggerschaufel, mit der sie gewonnen wurde, aufbewahrt und können dem SAM-Instrument bei Bedarf portionsweise für erneute Untersuchungen zugeführt werden. Eine entsprechende Vorgehensweise wurde bereits am letzten Wochenende praktiziert.
Durch das wiederholte Befüllen des SAM mit Marsmaterial, den anschließenden Analysen und dem darauf erfolgenden Ausstoßen der Proben sollten sich auch eventuell von der Erde mitgeführte, die Proben kontaminierende Materialien aus dem Inneren des SAM entfernen lassen. Dies würde sich dann durch veränderte Messwerte von ein und derselben Probe zeigen. Fallen die Messwerte dagegen auch bei wiederholt erfolgenden Untersuchungen der gleichen Materialprobe identisch aus, so wäre dies ein Indiz für die „Reinheit“ einer zuvor analysierten Probe.
„Derzeit haben wir keine definitive Entdeckung von organischen Substanzen auf dem Mars“, so Paul Mahaffy vom Goddard Spaceflight Center (GSFC) der NASA, der für das SAM-Instrument hauptverantwortliche Wissenschaftler. „Aber wir werden [unabhänig von den bisherigen Messungen] auch weiterhin in den unterschiedlichen Regionen des Gale-Kraters danach suchen.“
Unterdessen bereiten sich die Ingenieure und Wissenschaftler auf den nächsten Schritt der Mission vor. Noch vor den Weihnachtsfeiertagen soll Curiosity erstmals seinen am Ende des Roboterarms befindlichen Gesteinsbohrer einsetzen und damit einen bisher noch nicht festgelegten Stein auf der Marsoberfläche „anbohren“. Auch das dabei freigelegte Material soll anschließend duch die verschiedenen Instrumente des Rovers eingehend untersucht werden. Nach dem Abschluss dieser Untersuchungen wird sich Curiosity ab Anfang 2013 auf den Weg zu der Basis des im Inneren des Gale-Kraters gelegenen Zentralberges Aeolis Mons begeben und die dort gelegenen geschichteten Gesteinsablagerungen ausführlich studieren.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 118 der Mission, hat der Marsrover Curiosity eine Distanz von über 500 Metern auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zurückgelegt. Dabei haben die Kamerasysteme des Rovers mittlerweile über 28.000 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) übermittelt. Diese Bilder sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.
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