Ende Februar hat der Marsrover Curiosity Bodenmaterial analysiert, welches zuvor im Rahmen einer sechs Zentimeter tiefen Bohrung aus der Marsoberfläche entnommen wurde. Die Untersuchung dieser Probe führte jetzt zu dem Schluss, dass der Mars in seiner Vergangenheit Bedingungen aufwies, welche die Existenz von primitiven organischen Lebensformen prinzipiell begünstigt haben könnten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Nach dem Abschluss einer Serie von vorbereitenden Tests setzte der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Curiosity am 9. Februar 2013 einen am Kopfstück seines Instrumentenarms montierten Gesteinsbohrer ein, um ein 64 Millimeter tiefes und 16 Millimeter durchmessendes Loch in eine Felsformation auf der Marsoberfläche zu bohren. Das bei dieser Bohrung freigelegte und dabei pulverisierte Gesteinsmaterial wurde am 22. und 23. Februar den beiden im Inneren des Rovers befindlichen Analyseinstrumenten CheMin und SAM zugeführt (Raumfahrer.net berichtete).
Während das CheMin die mineralogische Zusammensetzung einer entnommenen Probe identifizieren soll ist der aus drei Einzelinstrumenten bestehende Instrumentenkomplex des SAM dazu ausgelegt, deren chemische Zusammensetzung im Detail zu entschlüsseln. Die Hauptaufgabe des SAM besteht dabei in der Suche nach chemischen Verbindungen, welche das Element Kohlenstoff enthalten und die allgemein als die „Grundbausteine des Lebens“ bezeichnet werden.
Das allgemeine Ziel der Curiosity-Mission besteht dabei erklärterweise darin, zu erforschen, ob auf dem Mars einstmals „lebensfreundliche“ Bedingungen herrschten, welche theoretisch die Entstehung von mikrobiologischen Lebensformen ermöglichten und ob es eventuell sogar denkbar ist, dass die derzeit auf dem Mars vorherrschenden Umweltbedingungen auch noch in der Gegenwart die Existenz solcher Lebensformen ermöglichen könnten.
In den auf die Probenentnahme folgenden Tagen konnten die beiden Instrumente die ihnen zugeführten Proben näher analysieren und die dabei gewonnenen Daten noch vor dem am 28. Februar erfolgten zwischenzeitlichen Übertritt des Rovers in einen Sicherheitsmodus (Raumfahrer.net berichtete) an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena/Kalifornien übermitteln.
Am heutigen Tag wurde von der NASA eine Pressekonferenz abgehalten, in deren Verlauf der Öffentlichkeit erste Einzelheiten dieser Untersuchungsergebnisse präsentiert wurden.
Einstmals lebensfreundliche Bedingungen
Im Rahmen der Analysen zeigte sich, dass der Mars in seiner Frühzeit Umweltbedingungen aufgewiesen haben muss, welche die Entstehung und Weiterentwicklung von primitiven Lebensformen zumindestens begünstigt haben. In den untersuchten Proben konnten durch die beiden Instrumente Schwefel, Stickstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Phosphor und Kohlenstoff nachgewiesen werden, welche als die weiter oben erwähnten „Grundbausteine des Lebens“ gelten.
„Ein fundamentales Ziel dieser Mission besteht in der Beantwortung der Frage, ob der Mars einstmals Bedingungen aufwies, unter denen sich Leben entwickeln konnte“, so Michael Meyer, der leitende Wissenschaftler des Mars-Erforschungsprogramms der NASA. „Nach allem, was wir [aufgrund der aktuellen Datenauswertung] bis heute wissen, lautet die Antwort auf diese Frage „Ja“!“
Die im Rahmen dieser ersten Bohrung untersuchte Gesteinsformation setzt sich aus einem Tongestein zusammen und zeigt Anzeichen dafür, dass es sich über einen in geologischen Zeiträumen betrachtet längeren Zeitraum hinweg gebildet hat, wobei eindeutig „feuchte“ Umweltbedingungen vorgeherrscht haben müssen.
Gesteine, welche sich unter solchen Bedingungen, also unter der direkten Einwirkung von Wasser, bildeten, wurden bereits zuvor auf dem Mars entdeckt. Im Gegensatz zu den früheren Entdeckungen muss sich das jetzt untersuchte Gestein jedoch unter dem Einfluss von nahezu pH-neutralem Wasser gebildet haben, welches einen lediglich geringen Salzgehalt aufwies. Nur so ist die Entstehung der darin enthaltenen Tonminerale erklärbar.
„Der Anteil der Tonminerale liegt bei mehr als 20 Prozent“, so David Blake, der leitende Wissenschaftler des CheMin-Instruments.
Die Proben wurden in einem Bereich des Gale-Kraters entnommen, wo ein vom Kraterrand ausgehendes System aus Flussläufen endet, und wo sich in der Vergangenheit eventuell ein über längere Zeiträume hinweg stabiles stehendes Gewässer gebildet haben könnte.
„Das Spektrum, welches die in der Probe untersuchten chemischen Zutaten umfasst, ist beeindruckend“, so Paul Mahaffy vom Goddard Spaceflight Center (GSFC) der NASA in Greenbelt/USA.
Die darin enthaltenen Sulfate und Sulfide könnten zudem aufgrund ihrer komplexen Chemie zumindestens in der frühen Phase der Geschichte des Mars eine mögliche Lebensgrundlage für primitive Mikroorganismen gebildet haben, welche sich sozusagen direkt von dem Marsgestein ernährt haben könnten. Vergleichbare endolithische Mikroorganismen sind den Wissenschaftlern bereits von der Erde her bekannt, wo diese bisher in Tiefen von bis zu fast drei Kilometern unter der Erdoberfläche nachgewiesen werden konnten. Somit ist es zumindestens nicht ausgeschlossen, dass der Mars in seiner Frühzeit von extremophilen Mikroorganismen bevölkert wurde.
Die weitere Vorgehensweise
Momentan sind die für die Curiosity-Mission verantwortlichen Ingenieure des Jet Propulsion Laboratory immer noch damit beschäftigt, den Rover wieder in den normalen Betriebsmodus zu versetzen, in dem dann auch die Fortsetzung der wissenschaftlichen Untersuchungen möglich sein wird. Diese Prozedur wird voraussichtlich erst zu Beginn der kommenden Woche abgeschlossen sein. In den folgenden Tagen sollen dann weitere Untersuchungen des zuvor angebohrten Bereiches der Marsoberfläche und der entnommenen Proben erfolgen, welche sich voraussichtlich bis in die erste Aprilwoche hinziehen werden.
Ab dem April 2013 befindet sich der Mars dann in einer Position am Himmel, welche von Astronomen als „Sonnenkonjunktion“ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um eine Konstellation, bei der sich der Mars von der Erde aus gesehen in einem Abstand von weniger als fünf Grad von der Sonne befindet. Aufgrund dessen wird die Datenübertragung zwischen der Erde und dem Mars für einen Zeitraum von etwa drei Wochen stark eingeschränkt beziehungsweise für die Dauer von mehren Tagen sogar gänzlich unmöglich sein, da die von der Sonne ausgehende Strahlung die Funksignale, welche zwischen den beiden Planeten hin und her gesandt werden, zu sehr stört. Im Zeitraum zwischen dem 9. und dem 28. April 2013 wird deshalb keine Transmission von Kommandos von der Erde aus in Richtung Mars erfolgen, um den Empfang von unvollständigen und damit eventuell fehlerhaften Kommandosequenzen durch Curiosity zu vermeiden.
Erst nach dem Ende dieser Sonnenkonjunktion wird Curiosity seine Arbeit wieder aufnehmen. Hierfür ist die Durchführung einer weiteren Bohrung geplant, welche frühestens Anfang Mai erfolgen wird. Erst nach dem Abschluss der Untersuchungen dieser zweiten Probe wird Curiosity seine Fahrt durch den Gale-Krater fortsetzen und sich dabei in die Richtung des in der Mitte dieses 154 Kilometer durchmessenden Kraters gelegenen Zentralberges begeben.
Bis zum heutigen Tag, dem „Sol“ 213 seiner Mission, hat der Marsrover Curiosity eine Distanz von etwa 746 Metern auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten zurückgelegt. In diesem Zeitraum haben die Kamerasysteme des Rovers bisher 48.274 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Diese Aufnahmen sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.
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