Cosmic Visions 2020

In dem Programm Cosmic Visions 2020 hat die europäische Raumfahrtagentur ESA die geplanten Forschungsmissionen für das kommende Jahrzehnt festgelegt.

Autor: Michael Stein. Vertont von Dominik Mayer.

ESA-Wissenschaftsdirektor David Southwood bei der Pressekonferenz am 27. Mai im ESA-Hauptsitz in Paris.
(Foto: ESA)

Der ESA-Wissenschaftsdirektor David Southwood hat auf der Sitzung des „Ausschuss für Weltraumwissenschaft“ der europäischen Weltraumagentur am 22./23. Mai 2002 in Norwegen das neue Wissenschaftsprogramm für die nächsten zehn Jahre vorgestellt. Die Überarbeitung des Wissenschaftsprogramms war notwendig geworden, da auf der ESA-Ministerratssitzung in Edinburgh im November 2001 weniger finanzielle Mittel bewilligt worden sind, als bei der Verabschiedung des letzten derartigen Programms im Oktober 2000 veranschlagt worden ist. Das neue Wissenschaftsprogramm ist nun von der ESA unter der Bezeichnung Cosmic Visions 2020 veröffentlicht worden.
 
Die geplanten Forschungsmissionen sind in so genannten „Produktionsgruppen“ zusammengefasst worden, die sich ihrerseits drei verschiedenen Kategorien zuordnen lassen: Astrophysik, Erforschung des Sonnensystems sowie Missionen für physikalische Grundlagenforschung. Die Einteilung der Missionen in verschiedene Produktionsgruppen ist nicht nur eine Strukturierung der Missionen nach wissenschaftlicher Ausrichtung, sondern hat auch ganz konkrete technologische und finanzielle Auswirkungen. So sollen beispielsweise die Raumsonden für sämtliche Forschungsmissionen einer Produktionsgruppe unter Ausnutzung größtmöglicher Synergieeffekte von gemeinsamen Ingenieurteams geplant und gebaut werden, um die Kosten jeder einzelnen Mission so gering wie möglich zu halten.
 
Die Missionen der Kategorie Astrophysik sind in folgende Gruppen unterteilt:
 
– Gruppe 1: Die Missionen XMM-Newton (Start: 1999) und INTEGRAL (Oktober 2002) sind Röntgen- bzw. Gammastrahlenobservatorien zur Beobachtung des Universums im Bereich der so genannten „harten“ Strahlung;
 
– Gruppe 2: Herschel (ca. 2007) soll die Infrarot- und Mikrowellenstrahlung erforschen, Planck (ca. 2007) die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und Eddington (ca. 2008) schließlich der Suche nach extra-solaren Planeten dienen;
 
– Gruppe 3: Die Mission GAIA (ca. 2012) soll eine hochgenaue Kartierung der Galaxien mit bis dahin unerreichter Präzision vornehmen.

Der Mars-Lander Beagle 2 nach der Landung auf dem „Roten Planeten“ im Dezember 2003.
(Grafik: ESA)

Zur Kategorie Erforschung des Sonnensystems zählen folgende Missionen:
 
– Gruppe 1: Die Mission Rosetta (2004) wird ein Rendevouz mit einem noch zu bestimmenden Kometen durchführen und einen Lander auf dem Kometenkern absetzen, während Mars Express den Mars mit Hilfe eines Orbiters sowie des Mars-Landers Beagle 2 weiter erforschen wird. Nach langem Hin und Her ist mittlerweile auch die Durchführung der zwischenzeitlich schon aus dem Programm gestrichenen Forschungsmission Venus Express sichergestellt, die bei dem Schwesterplaneten unserer Erde vor allem den Aufbau und die Prozesse in der Venusatmosphäre näher untersuchen soll;
 
– Gruppe 2: Zu dieser Gruppe zählen die Mission SMART-1 (2003) zum Mond zur Erprobung verschiedener neuer Technologien (incl. eines Ionen-Antriebs), die Merkur-Mission BepiColombo (ca. 2011) sowie ein noch unbenannter Sonnenorbiter (ca. 2012) als Nachfolger der sehr erfolgreichen Sonnensonden SOHO und Ulysses.

Die Raumsonde Rosetta beim Anflug auf den Zielkometen.
(Grafik: Astrium)

Die Kategorie mit Missionen für die physikalische Grundlagenforschung umfasst nur eine Produktionsgruppe, zur der die Missionen STEP (2005) zum Nachweis des „Wesens der Masse und der Grundlagen der Mechanik“ (eine Gemeinschaftsmission mit der NASA), SMART-2 (2006) – eine weitere Technologieerprobungsmission – sowie die gemeinsam mit der NASA geplante Mission LISA (2011) zum Nachweis von Gravitationswellen gehören.
 
Über die hier genannten Vorhaben hinaus sieht das revidierte Wissenschaftsprogramm der ESA weiterhin eine Beteiligung am Gemeinschaftsprojekt mit der amerikanischen Weltraumbehörde NASA zur Entwicklung und dem späteren Betrieb des James Webb Space Telescope (2010) vor, das die Nachfolge des Weltraumteleskops Hubble antreten soll.
 
Das Forschungsprogramm Cosmic Visions 2020 setzt die erfolgreiche Anwendung neuer, kostensparender Management-, Arbeits- und Kooperationsmethoden voraus, damit die hier aufgezählten Missionen umgesetzt werden können. Insbesondere für die mittel- und langfristig geplanten Projekte jedoch bietet auch das neue ESA-Forschungsprogramm keine endgültige Gewähr für ihre Umsetzung, denn die steht und fällt letztendlich mit der finanziellen Ausstattung der europäischen Weltraumagentur durch ihre Mitgliedsstaaten.

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