CIMON von der ISS zurück zur Erde

CIMON hat sein Rückflugticket zur Erde eingelöst. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR.

Die NASA-Astronautin Christina Koch fotografierte die Dragon-Kapsel von SpaceX18 am 27. August von der ISS aus über den kanadischen Rocky Mountains. Die Kapsel brachte unter anderem das deutsche Technologie-Experiment CIMON wieder zurück zur Erde.
(Bild: NASA)
Die NASA-Astronautin Christina Koch fotografierte die Dragon-Kapsel von SpaceX18 am 27. August von der ISS aus über den kanadischen Rocky Mountains. Die Kapsel brachte unter anderem das deutsche Technologie-Experiment CIMON wieder zurück zur Erde.
(Bild: NASA)

Der mit künstlicher Intelligenz ausgestattete mobile Astronauten-Assistent (Crew Interactive Mobile CompanioN) ist am 27. August 2019 an Bord eines Dragon-Raumschiffs der US-amerikanischen Firma SpaceX zurück auf seinen Heimatplaneten gelangt. Das Abdocken von SpaceX18 von der Internationalen Raumstation ISS erfolgte um 16:59 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit, die Landung der Kapsel im Pazifik rund 480 Kilometer südwestlich von Los Angeles und Bergung der Fracht um 22:21 Uhr MESZ.

„Wir erwarten den ersten CIMON Ende Oktober zurück in Deutschland“, berichtet Dr. Christian Karrasch, CIMON-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement, und blickt auf die vergangenen Monate zurück: „CIMON ist ein Technologie-Experiment, das unsere Erwartungen voll erfüllt hat. Bei seiner Premiere im All – einem 90-minütigen Einsatz mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst auf der ISS im November 2018 – hat er gezeigt, dass er unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit gut funktioniert und erfolgreich mit Astronauten interagieren kann. Wir freuen uns immer noch sehr über den bis heute einzigen Einsatz einer künstlichen Intelligenz auf der Raumstation und arbeiten seit mehreren Monaten an einem verbesserten Nachfolgemodell. Mit dem ersten CIMON konnten wir den Grundstein für soziale Assistenzsysteme im All legen, die Astronauten bei Aufgaben unterstützen und irgendwann vielleicht auch entlasten können.“

Testeten CIMON Nr. 2 im Columbus-Mockup des Europäischen Astronautenzentrums in Köln auf Herz und Nieren (von links): DLR-Projektleiter Christian Karrasch, Airbus-Projektmitarbeiter und Bernd Rattenbacher vom Nutzerunterstützungszentrum BIOTESC an der Universität Luzern.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0).)
Testeten CIMON Nr. 2 im Columbus-Mockup des Europäischen Astronautenzentrums in Köln auf Herz und Nieren (von links): DLR-Projektleiter Christian Karrasch, Airbus-Projektmitarbeiter und Bernd Rattenbacher vom Nutzerunterstützungszentrum BIOTESC an der Universität Luzern.
(Bild: DLR (CC-BY 3.0).)

Der zweite CIMON wird – wie der Vorgänger – im Auftrag des DLR Raumfahrtmanagements mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) von Airbus in Friedrichshafen und Bremen gebaut. Airbus in Friedrichshafen hat die neue CIMON-Hardware zusammengesetzt und getestet. Bei Airbus in Bremen wird an der Verbesserung der Software für Flugsteuerung und Lageregelung gearbeitet. IBM implementiert neue Funktionen der KI. Till Eisenberg, CIMON-Projektleiter bei Airbus: „Insgesamt gibt es mehrere Upgrades wie bessere Mikrofone, einen robusteren Computer, eine verbesserte Flug- und Lageregelung, neue Software-Features für die Konversation, zum Beispiel bei der Spracherkennung, dem Gesprächsverlauf und der Intention.“

Matthias Biniok, Projektleiter bei IBM, ergänzt: „Mit CIMON haben wir einen einzigartigen Anwendungsfall in einer extremen Arbeitsumgebung. Und wir haben gesehen, dass wir durch den Einsatz einer KI – in unserem Fall IBM Watson – die Arbeit von Astronauten unterstützen können. Bei der Weiterentwicklung von CIMON geht es für uns vor allem um ein noch besseres Sprachverständnis im Kontext und um linguistische Emotionsanalyse.“

Ethische Fragestellungen beim zukünftigen Einsatz von CIMON werden durch Mediziner der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München beleuchtet und evaluiert. Durch die Interaktion zwischen Mensch und Maschine werden Persönlichkeitsrechte berührt, da Bild und Tonmaterial vom Astronauten durch CIMON aufgenommen, verarbeitet und interpretiert werden. Einerseits sind hohe technische Standards im Bereich der Datensicherheit notwendig, andererseits ist bei der Arbeit im Team zwischen Mensch und Maschine das Vertrauen in ein solches System wichtig. Konkret bedeutet dies: was darf CIMON tun, wissen und sagen. „Auch der neue CIMON hat einen eingebauten Schalter, mit dem der Datenstrom aller Kameras und Mikrofone von der ISS aus unterbrochen werden kann. So hat der Astronaut jederzeit die Kontrolle über CIMON, dies war uns besonders wichtig“, betont LMU-Wissenschaftlerin Dr. Judith Buchheim.

Das DLR Raumfahrtmanagement, dass die deutschen Beiträge zur Europäischen Weltraumorganisation ESA steuert, arbeitet parallel mit der ESA daran, den neuen CIMON im Dezember 2019 auf die ISS zu bringen und Crew-Zeit mit Astronauten zu erhalten.

Am 15. November 2018 war CIMON, ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Technologie-Experiment, zum ersten Mal an Bord der Internationalen Raumstation im Einsatz. Der interaktive, mobile und mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattete Astronauten-Assistent ist Teil der aktuellen horizons-Mission des deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst.
(Bild: ESA)
Am 15. November 2018 war CIMON, ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Technologie-Experiment, zum ersten Mal an Bord der Internationalen Raumstation im Einsatz. Der interaktive, mobile und mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattete Astronauten-Assistent ist Teil der aktuellen horizons-Mission des deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst.
(Bild: ESA)

Der erste CIMON war als Technologie-Experiment am 2. Juli 2018 auf der Internationalen Raumstation ISS angekommen. Am 15. November 2018 hatte der robotische Assistent mit dem smarten „Gesicht“ seinen weltweit beachteten Einsatz: 90 Minuten lang „arbeitete“ er erfolgreich mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst zusammen. CIMON stellte seine Basisfunktionen unter Beweis – seine Flugeigenschaften in Schwerelosigkeit mit autonomer Navigation durch mehrere Drehungen und Bewegungen in alle Richtungen, er suchte und erkannte zum Beispiel das Gesicht von Alexander Gerst und nahm Augenkontakt auf, sprach mit ihm, zeigte auf seinem „Gesicht“, einem Display in der Mitte des kugelförmigen Körpers, die Anleitung für ein Experiment und spielte Musik ab. Er nahm mit seinen Kameras ein Video und ein Foto von Alexander Gerst auf.

Das Projekt CIMON hat 2018 den „Popular Science Award“ in der Kategorie „Best of What‘s New in 2018“ im Bereich Luft- und Raumfahrt in den USA gewonnen. Airbus wurde zudem mit dem „Deutschen Innovationspreis 2019“ in der Kategorie Großunternehmen (#dip19) ausgezeichnet.

CIMON – die Idee
CIMON ist ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Technologie-Experiment zur Unterstützung und Effizienz-Steigerung der Arbeit eines Astronauten. CIMON kann Informationen, Anleitungen zu wissenschaftlichen Experimenten und Reparaturen darstellen und erklären. Ein Vorteil ist, dass der Astronaut beide Hände frei hat durch den sprachgesteuerten Zugriff auf Dokumente und Medien. Weitere Anwendungen sind etwa die Nutzung als mobile Kamera zur Einsparung von Astronauten Crew-Zeit. Vor allem Routineaufgaben könnten durch CIMON erledigt werden, wie etwa die Dokumentierung von Experimenten, Suche nach Objekten und Inventarisierung. CIMON kann auch sehen, hören, verstehen und sprechen. Seine beiden Augen zur Orientierung sind eine Stereo-Kamera, eine hochauflösende Kamera zur Gesichtserkennung und zusätzlich zwei weitere seitliche Kameras für Fotos und Videodokumentation. Ultraschall-Sensoren messen Abstände zur Kollisions-Erkennung. Seine Ohren sind acht Mikrofone zur Richtungserkennung plus ein Richt-Mikrofon für eine gute Spracherkennung. Sein Mund ist ein Lautsprecher, über den er sprechen und Musik abspielen kann. Kernstück der KI für das Verständnis von Sprache ist die IBM Watson KI-Technologie aus der IBM Cloud. Selbstständiges Lernen von CIMON wurde ausgeschlossen, er muss aktiv durch einen Menschen trainiert werden. Die KI zur autonomen Navigation stammt von Airbus und dient der Bewegungsplanung und Objekterkennung. Durch zwölf interne Rotoren kann sich CIMON frei in alle Raumrichtungen bewegen und rotieren. Somit kann er sich dem Astronauten zuwenden, wenn er angesprochen wird, Kopfnicken, Kopfschütteln und räumlich selbstständig oder auf Kommando folgen.

Die Partner
Entwicklung und Bau des interaktiven Astronauten-Assistenten wurden vom Raumfahrtmanagement im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegeben und von Airbus in Friedrichshafen und Bremen umgesetzt. Als sprachgesteuerte Künstliche Intelligenz dient die Watson KI-Technologie aus der IBM Cloud. Die menschlichen Aspekte des Assistenzsystems wurden von Wissenschaftlern des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) mitentwickelt und betreut. Ein rund 50-köpfiges Projektteam von DLR, Airbus, IBM und der LMU arbeitete seit August 2016 an der Realisierung von CIMON. Seit dem 2. Juli 2018 ist CIMON auf der ISS. Sein Name erinnert nicht zufällig an „Professor Simon Wright“, den robotischen Assistenten – das „fliegende Gehirn“ – aus der japanischen Science-Fiction-Serie „Captain Future“.

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