Chinas Feststoffträger KZ-1A startet drei Satelliten

Vom chinesischen Satellitenstartzentrum Jiuquan (Jiuquan Satellite Launch Center, JSLC) aus wurden am 9. Januar 2017 auf einem Kuaizhou 1A genannten dreistufigen Feststoffträger mit zusätzlicher Oberstufe drei Satelliten in den Weltraum transportiert

Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: CASIC, CCTV, CGST, Chinanews, Exspace, forestry.gov.cn, jl.people.com.cn, js7tv.cn, NWPU, Xinhua.

Abklappen der Supportstruktur mit
Thermalkontrollhaube für Nutzlast und
Oberstufe (Bild: CCTV)

Der Start erfolgte um 12:11 Uhr Pekinger Zeit (4:11 Uhr UTC / 5:11 Uhr MEZ) vom in der Wüste Gobi rund 1.600 Kilometer von Chinas Hauptstadt Peking entfernt liegenden Startzentrum. Als genauer Startzeitpunkt wird 4:11 Uhr und 12 Sekunden UTC genannt.

Ursprünglich sollte der Start nach einer Pressemeldung des Raketenvermarkters Exspace bereits im Dezember 2016 stattfinden. Am 16. November 2016 war die Hauptnutzlast mit der Trägerrakete verbunden worden, und Tests zur elektromagnetischen Verträglichkeit konnten absolviert werden. Mit Überprüfungen der verbauten Pyrotechnik wurde am 22. November 2016 begonnen. Am 30. November 2016 wurde bekannt, dass der Start Anfang 2017 stattfinden werde.

Als Träger kam eine bei Beginn ihrer Mission rund 20 Meter lange Rakete des Typs Kuaizhou 1A mit einer Anfangsmasse von rund 30 Tonnen zum Einsatz. In drei Stufen wurden Feststoffmotore benutzt. Die erste Stufe mit einer Startmasse von 16,621 Tonnen hat eine Regelbrennzeit von rund 65 Sekunden. Die anfangs mit einer Masse von 8,686 Tonnen versehene zweite Stufe besitzt eine Regelbrennzeit von rund 62 Sekunden. Die Regelbrennzeit der dritten Stufe beträgt rund 55 Sekunden, sie hat eine Anfangsmasse von 3,183 Tonnen.

KZ-1A nach dem Abheben, am Heck
erkennbar Gridfins
(Bild: Armeefernsehsender js7tv)

Den Einschuss der Nutzlasten in die anvisierten Orbits und ihr Aussetzen besorgte eine kleine Oberstufe mit Flüssigkeitsantrieb. Diese Stufe verbrannte Monomethylhydrazin (MMH) mit dem Oxidator Stickstofftetroxid (nitrogen tetroxide, NTO). Sie war zusätzlich auch für die Lageregelung beim angetriebenen Flug mit der zweiten und der dritten Stufe zuständig.

Die Rakete ist eine Konstruktion der China Aerospace Science and Industry Corporation (CASIC) aus Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei. Die Organisation ist Hersteller zahlreicher Raketenmodelle für die chinesische Volksbefreiungsarmee (People’s Liberation Army, PLA). Die Vermarktung erfolgt über die dafür gegründete Firma Exspace. Im Grundsatz basiert die neue Rakete auf der mobilen zweistufigen chinesischen Mittelstreckenrakete Dong-Feng 21 (DF-21) alias CSS-5 (für China Surface-to-Surface 5, was etwa chinesische Boden-Boden-Rakete Nr. 5 bedeutet).

KZ-1A-Start am 9. Januar 2017
(Bild: CASIC)

Die Kuaizhou 1A kann von allen chinesischen Satellitenstartzentren aus zum Einsatz gebracht werden. Auf einer mobilen Startplattform wird die Rakete vom Integrationsgebäude zur Startstelle gebracht. Die mobile Startplattform ermöglicht alle notwendigen Vorstarttests. Sie versorgt die Rakete mit Energie und stellt die erforderliche Temperaturkontrolle für Rakete und Nutzlast sicher.

Nach dem Aussetzen wurden die Nutzlasten auf Bahnen mit einem Perigäum, dem der Erde nächsten Bahnpunkt, von 531 Kilometern, und einem Apogäum, dem erdfernsten Bahnpunkt, von 545 Kilometern beobachtet. Die Neigung der Bahnen gegen den Erdäquator betrug 97,54 Grad. Für die Oberstufe wurde eine bereits wieder abgesenkte Bahn mit einem Perigäum von 252 und einem Apogäum von 531 Kilometern bestimmt.

Jilin 1 ist der dritte Satellit einer Reihe kleiner Erdtrabanten zur Beobachtung der Erde mit 4K-HD-Videokamerasystemen. Daher wird er auch Jilin-1 (03) bzw. Lingqiao 1-03 oder Lingqiao C genannt. Nach Angaben aus China erreichte er am 9. Januar 2017 die vorgesehene Erdumlaufbahn. Lingqiao A und B kreisen seit dem 7. Oktober 2015 um die Erde.

Blick ins Startkontrollzentrum
(Bild: CCTV)

Im Rahmen der Berichterstattung zum Start wird das Raumfahrzeug alternativ auch als Linye 1 bzw. Forestry 1 (林业一号卫星) bezeichnet. In einem neuen Netzwerk zur Waldbeobachtung aus fünf Erdtrabanten ist er der Erste. Im Endausbau, der für 2018 angestrebt wird, soll das Netzwerk eine hohe Wiederholrate erlauben, das heißt, in einem nicht zu großen zeitlichen Abstand wird immer wieder einer der Satelliten der Konstellation eine bestimmte Position des Waldgebietes überfliegen.

Gebaut wurde das rund zwanzig Minuten nach dem Abheben ausgesetzte Raumfahrzeug von der Chang Guang Satellite Technology Ltd. (CGST), die im Internet unter anderem unter der Adresse www.charmingglobe.com auftritt. Das Unternehmen ist ein Spinoff des Institutes für Optik, Feinmechanik und Physik Changchun (Changchun Institute for Optics, Fine Mechanics and Physics, CIOMP), welches zur Chinesischen Akademie der Wissenschaften (Chinese Academy of Sciences, CAS) gehört. Nach eigenen Angaben produziert das Unternehmen aus Changchun hauptsächlich Sternen- und Sonnensensoren, Reaktionsräder und Gyroskope, Satelliten, Bodensysteme und unbemannte atmosphärische Flugkörper.

Der nach der waldreichen, zu über 50 Prozent mit Wald bedeckten nordostchinesischen, an Nordkorea angrenzenden Provinz Jilin benannte Satellit soll der zuständigen Forstverwaltung bei einer Reihe von Aufgaben nützliche Unterstützung bieten. Erwartet werden beispielsweise Beobachtungsdaten zu Feuchtgebieten, Hilfe bei der Bestimmung der unterschiedlichen vorhandenen Baum-Arten, Informationen, die bei der Vermeidung von Waldbränden helfen können, Daten zum Gesundheitszustand des Bewuchses und Zahlen zu Wildtierbeständen. Man hofft, rund einen Monat nach dem Start des Satelliten die Inbetriebnahme abschließen und den Regelbetrieb aufnehmen zu können.

Lingqiao-Satellit – künstlerische Darstellung
(Bild: CGST)

Lingqiao C besitzt einen Durchmesser von rund 1,1 Metern und eine Höhe von etwa 1,2 Metern. Als Abmessungen des Satelliten werden alternativ auch 1,085 x 0,553 x 1,340 Meter genannt. Die Stromversorgung des Satelliten mit einer Masse im Bereich von 165 Kilogramm erfolgt über Solarzellen. Der Strombedarf der Satellitensysteme soll maximal 55 Watt betragen. Gesammelte Daten kann das Raumfahrzeug im X-Band mit einer Geschwindigkeit von 350 Megabits pro Sekunde senden. Die Auslegungsbetriebsdauer des Erdtrabanten beträgt drei Jahre.

XingYun Shiyan 1 (auch XY-S1 / 行云试验一号) wurde gemeinsam von der 9. CASIC-Akademie der China Academy of Space Science and Technology (CAST) und der Northwestern Polytechnical University (NPU / NWPU) aus Xi‘an entwickelt. Er besitzt einen Satellitenkörper in der Größe zweier Standard-Cubesat-Einheiten. Seine Abmessungen betragen also etwa 10 x 10 x 20 Zentimeter. Der Cubesat mit einer Masse von rund 2,79 Kilogramm hat die Aufgabe, schmalbandige Kommunikationsverbindungen zur Erde aus einem niedrigen Erdorbit heraus zu demonstrieren. Insbesondere geht es um die Übertragung von Kurznachrichten im L-Band und den Test von Verfahren zum Energiemanagement an Bord.

Mit XingYun Shiyan 1 erprobte Technologien sollen einmal Eingang in eine Konstellation aus 56 Yunyun-Satelliten auf niedrigen Erdumlaufbahnen finden. Die Satelliten der angedachten Konstellation sollen untereinander via Mikrowellen-Funk und mittels Laserlicht kommunizieren können und Nutzern jederzeit unterbrechungsfreien Zugriff auf das Internet und über dieses ermöglichte Dienste und Anwendungen ermöglichen. Aktuelle Planungen sehen vor, dass die Konstellation im Jahre 2020 im Weltraum vollständig und betriebsbereit ist.

Caton 1 (凯盾一号, auch Kaidun 1 oder Kaydun 1) ist eine Konstruktion der Unternehmen Beijing Kaidun Universal Technology Ltd., Beijing MSI Technology Development Co., Ltd. aus Chinas Hauptstadt Peking und der Nanjing University of Technology (NanjingTech / NJTech) im Osten Chinas. Er ist ebenfalls ein 2U-Cubsat, das heißt, seine Abmessungen bewegen sich im Bereich zweier Standard-Cubesat-Einheiten. Die Auslegungsbetriebsdauer beträgt ein Jahr.

Der Satellit mit einer Masse von rund 2,72 Kilogramm soll den Betrieb eines im VHF-Bereich arbeitenden Datenaustauschsystems namens VDES für VHF Data Exchange System demonstrieren. Beim VDES handelt es sich um eine Erweiterung bzw. Ergänzung des Automatischen Indentifikationssystems für den Schiffsverkehr (Automatic Identification System, AIS). VDES soll gegenüber AIS die rund 32-fache Datenmenge bewältigen können, und es so ermöglichen, den Führern von Wasserfahrzeugen zahlreiche zusätzliche Informationen, wie zum Beispiel Angaben über Wasserstände in Gebieten mit Tidenhub, zur Verfügung zu stellen.

Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:

Nach oben scrollen