China startet Kommunikationssatellit für Bolivien

Am Freitag, dem 20. Dezember 2013 wurde der Kommunikationssatellit Túpac Katari alias TKSat 1 von einer chinesischen Langer-Marsch-3B/E-Rakete für Bolivien ins All gebracht. Der Start erfolgte gegen 17:42 Uhr MEZ am Freitag bzw. um 00:42 Pekinger Zeit samstags.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ABE, CALT, CGWIC, eju!, la veridica, Ministerio de Comunicación del Estado Plurinacional de Bolivia, Xinhua.

Ministerio de Comunicación del Estado Plurinacional de Bolivia
LM-3B/E mit Túpac Katari hebt ab
(Bild: Ministerio de Comunicación del Estado Plurinacional de Bolivia)

Die Entwicklerin der dreistufigen, rund 56,33 m hohen Trägerrakete, die chinesischen Akademie für Trägerraketentechnik (China Academy of Launch Vehicle Technology, CALT), nennt 00:42 Uhr und 04 Sekunden als exakten Startzeitpunkt, an dem die Rakete mit der Seriennummer Y27 und ihrer in China gebauten Nutzlast an der Spitze von der Startanlage LC2 vom Startgelände Xichang (Xichang Satellite Launch Center, XSLC) in der südwestchinesischen Provinz Sichuan abhob.

Beim Start arbeiteten alle unsymmetrisches Dimethylhydrazin (UDMH) mit Distickstofftetroxid (NTO, N2O4) verbrennenden Triebwerke der ersten Stufe und der vier seitlich an ihr montierten Flüssigkeitsbooster zusammen. 120 Sekunden nach dem Abheben wurden die vier Booster abgeworfen. Nur wenig später, nach 146 Sekunden Flugzeit, wurde auch die ausgebrannte erste Stufe abgetrennt.

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LM-3B/E mit Túpac Katari unterwegs
(Bild: Ministerio de Comunicación del Estado Plurinacional de Bolivia)

Anschließend sorgte die zweite Stufe, die ebenfalls UDMH mit N2O4 verbrannte, für den weiteren Aufbau von Flughöhe und Geschwindigkeit. Als sie ihre Arbeit getan hatte, wurde sie nach rund 5 Minuten und 30 Sekunden Gesamtflugzeit abgeworfen.

Die dritte Stufe der Rakete, mit die flüssigem Wasserstoff (LH2) als Treibstoff und flüssigem Sauerstoff (LOX) als Oxidator arbeitete, hatte zwei Brennphasen zu absolvieren. Die erste begann kurz nach Abtrennung der zweiten Stufe. Die zweite, kürzere Brennphase fand nach einer einige Minuten dauernden Freiflugphase statt.

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Grundaufbau der Trägerrakete LM-3B/E – Illustration
(Bild: ABE)

Nach Beendigung der zweiten Brennphase nahm die dritte Stufe einige Orientierungsmanöver vor, um sich auf das Aussetzen des Kommunikationssatelliten für die Raumfahrtagentur Boliviens (Agencia Boliviana Espacial, ABE) vorzubereiten. Rund 25 Minuten und 37 Sekunden nach dem Start wurde der Satellit von der dritten Stufe freigegeben (Zeitangaben nach einer Grafik der ABE).

Vom erreichten Transferorbit aus soll Túpac Katari mit eigener Kraft die vorgesehene Position im Geostationären Orbit erreichen. Bei 87,2 Grad West im Geostationären Orbit will die ABE den am 13. Dezember 2010 bei der 1980 gegründeten internationalen Vermarkterin von Trägerraketen und Satelliten aus China, der China Great Wall Industry Corporation (CGWIC) bestellten Satelliten künftig einsetzen, um Bolivien mit Fernsehprogrammen versorgen zu können, und Behörden, Institutionen und Unternehmen Nutzung und Vertrieb von Telefon-, Internet- und andere Daten-Verbindungen zu ermöglichen.

Aktuell geht man von einer Betriebsaufnahme des ersten eigenen Kommunikationssatelliten im März 2014 aus. In Bolivien erwartet man, mit seiner Hilfe maßgebliche Verbesserungen in Bereichen wie Bildung, Kommunikation und Medizin zu erzielen.

Künftige Nutzer von via Túpac Katari bereitzustellenden Diensten sind staatliche Stellen Boliviens wie die staatliche Regulierungsbehörde, die über die Ausbeutung von Kohlenwasserstoff-Vorräten wacht (Agencia Nacional de Hidrocarburos, ANH), die nationale Zollbehörde (Aduana Nacional de Bolivia, ADUANA) und die bewaffneten Kräfte Boliviens (Fuerzas Armadas de Bolivia, FF. AA.).

Auch Unternehmen in staatlichem Besitz, wie die nationale Telefongesellschaft (Entel) und der Betreiber von Gas- und Öl-Pipelines in Bolivien (YPFB Transportes bzw. Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos Transportes) wollen den Satelliten nutzen. Private Anbieter von Telefon- und Internetdiensten, von denen bekannt wurde, dass sie Túpac Katari in ihr Netz integrieren möchten, sind die Unternehmen Cotas, Tigo und Viva.

ABE
Túpac Katari bei Bodentests und im All
(Bild: ABE)

Zur Ausstrahlung der vorgesehenen Dienste wurde Túpac Katari mit 2 C-, 2 Ka– und 26 Ku-Band-Transpondern ausgestattet. Die Gesamtleistung der Kommunikationsnutzlast beträgt nach Angaben der ABE mit 30 Transpondern rund 8 kW.
Mit elektrischer Leistung versorgt werden Kommunikationsnutzlast und raumflugtechnische Systeme des Satelliten von zwei Solarzellenauslegern, die dem Raumfahrzeug eine Gesamtspannweite von 28 Metern geben. Am Ende der Auslegungsbetriebsdauer des Satelliten von 15 Jahren sollen die Solarzellenausleger noch eine elektrische Leistung von 10,5 kW bereitstellen können. Der Speicherung elektrischer Energie an Bord dient ein Akkumulatorensatz mit 110 Speicherzellen.

Aufgebaut hat der Hersteller des neuen Erdtrabanten, die China Aerospace Science and Technology Corporation (CASTC), ihn auf dem Satellitenbus DongFangHong-4 (DFH-4). Die Abmessungen des Grundkörpers von Túpac Katari liegen bei 2,36 × 2,10 × 3,60 m. Die Startmasse des Satelliten war rund 5.200 kg. Seine Start erfolgte laut CALT bei der 188. Mission einer Rakete aus der Serie Langer Marsch.

Túpac Katari alias TKSat 1 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 39.481 und als COSPAR-Objekt 2013-075A.

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