Ein neuer chinesischer Navigationssatellit ist im All. Das Beidou-2 G7 oder Beidou 23 genannte Raumfahrzeug soll in den kommenden Wochen eine Position im Geostationären Orbit einnehmen.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: beidou.gov.cn, CALT, CAST, CCTV, Xinhua.
Die mit Aufbau und Betrieb des chinesischen Satellitennavigationssystems betraute chinesische Behörde meldete mit Datum vom 13. Juni 2016 auf ihren Webseiten, dass der Start des 23. Beidou-Satelliten erfolgreich verlaufen sei. Nach Angaben der Behörde werde es der neue Satellit erlauben, die Zuverlässigkeit und die Möglichkeiten des chinesischen Navigationssatellitensystems insbesondere bei der Überführung von einem regional genutzten in ein weltweit verfügbares System zu verbessern.
China arbeitet an global verfügbarem Navigationssatellitennetz
Im Jahr 2000 begann China mit dem Einsatz eigener Navigationssatelliten. Um dem Ziel der Unabhängigkeit vom US-amerikanischen GPS näher zu kommen, schickte man Ende 2000 zunächst zwei Satelliten zum Einsatz in einer Testkonstellation, Beidou genannt, ins All. 2003 und 2007 folgten zwei weitere Satelliten für das experimentelle System. Anschließend begann man mit dem Aufbau des aktuellen Betriebsnetzes, das auch Beidou-2 genannt wird. Eine weltweite Abdeckung mit chinesischen Navigationssatelliten soll nach dem derzeitigem Planungsstand im Jahre 2020 erreicht sein.
Das chinesische Satellitennavigationssystem wird, wenn die aktuellen Planungen umgesetzt werden, in seiner endgültigen Ausbaustufe einmal aus 35 Satelliten bestehen. Vorgesehen ist, dass 27 Satelliten auf Umlaufbahnen in mittlerer Höhe von rund 21.500 Kilometern in drei Ebenen um die Erde kreisen. Fünf weitere Raumfahrzeuge sollen auf Positionen im Geostationären Orbit in rund 35.786 Kilometern über dem Äquator arbeiten. Weitere drei Trabanten will man regelmäßig auf inklinierten geosynchronen Bahnen einsetzen – also auf solchen, die mit der Erddrehung synchronisiert sind, aber gegen den Äquator geneigt.
Der Hersteller der verwendeten Trägerrakete, die chinesische Akademie für Trägerraketentechnik (China Academy of Launch Vehicle Technology, CALT), gab bekannt, der Start sei am 12. Juni 2016 um 23:30 Uhr Pekinger Zeit vom Satellitenstartzentrum Xichang (Xichang Satellite Launch Center, XSLC) aus erfolgt (15:30 Uhr UTC, 17:30 Uhr MESZ 12. Juni 2016). Der exakte Startzeitpunkt liegt basierend auf Videoaufzeichnungen aus einem Kontrollzentrum bei 23:30:04,361 Uhr Pekinger Zeit.
Neuer Start und neuer Raketenschrott
Zum Einsatz kam eine dreistufige Rakete des Typs Langer Marsch 3C (LM-3C), auch Chang Zheng 3C genannt (CZ-3C). Gestartet wurde von der Rampe Nr. 3 des in der Provinz Sichuan zwischen bewaldeten Bergen gelegenen Startzentrums.
Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, dass sich das anfangs rund 56 Meter lange Projektil nach dem Abheben Richtung Südosten gewendet habe, um Zentralchina zu überfliegen. Dann seien die beiden seitlichen Flüssigkeitsbooster der Rakete, die erste Stufe und die Nutzlastverkleidung über den Provinzen Guizhou und Jianxi abgeworfen worden. Zwischenzeitlich wurden Photos von einem auf chinesischem Boden aufgeschlagenen Booster bekannt.
Über dem Pazifik führte die dritte Stufe der Rakete laut Xinhua zwei Brennphasen aus, um den Satelliten in einen hochelliptischen Geotransferorbit (GTO) zu bringen. Nach etwas über einer Stunde nach dem Abheben sei schließlich der Erfolg des Starts bestätigt worden, schrieb die Agentur weiter.
chinesische Statistik
Die Rakete absolvierte die insgesamt 11. Mission eines Raumfahrtträgers diesen Typs. Nach Angaben aus China flog sie die 229. Mission einer Rakete aus der Serie Langer Marsch, eine Zahl, die angesichts der Tatsache, dass in ihr mittlerweile immer mehr höchst unterschiedliche Träger zusammengefasst werden, ihre Aussagekraft verliert.
Nach dem Start wurde die dritte Stufe der Trägerrakete auf einer rund 19,32 Grad gegen den Erdäquator geneigten Bahn mit einem der Erde nächsten Bahnpunkt von 202 und einem erdfernsten Bahnpunkt von 35.730 Kilometern beobachtet. Die eigentliche Nutzlast, der Navigationssatellit Beidou-2 G7, gelangte zunächst auf eine rund 19,28 Grad geneigte Bahn mit einem der Erde nächsten Bahnpunkt von 219 und einem erdfernsten Bahnpunkt von 35.574 Kilometern.
Aus der erreichten Übergangsbahn muss sich der Navigationssatellit mit eigener Kraft auf die vorgesehene Position im Geostationären Orbit bringen. Damit er diese Aufgabe erfüllen kann, wurde er mit einem eigenen Antriebssystem ausgestattet. Beim Abbau der verbliebenen Bahnneigung gegen den Äquator und der Anhebung des erdnächsten Bahnpunkts auf das Niveau eines Geostationären Orbits wird insbesondere ein rund 490 Newton starkes Triebwerk – Apogäumsmotor genannt – an Bord des Satelliten zum Einsatz kommen.
Der Satellit ist eine Konstruktion der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnik (China Academy of Space Technology, CAST). Er basiert auf der chinesischen Raumfahrzeug-Plattform DFH-3. DFH steht dabei für „dong fang hong“, was „Der Osten ist rot“ bedeutet.
Beidou-2 G7 alias Beidou 23 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.586 und als COSPAR-Objekt 2016-037A. Die dritte Stufe der Trägerrakete ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.587 und als COSPAR-Objekt 2016-037B.
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