Ende Juli 2015 berichtete eine Reihe chinesischer Internetseiten über die Fortschritte beim Bau des Radioteleskops FAST (Fivehundred Meter Aperture Spherical Telescope) in einem Talkessel in Qiannan in der Provinz Guizhou im Südwesten Chinas.
Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: CNTV, CCTV, China.org, english.cri.cn, Raumfahrer.net, Xinhua.
Seit 1994 wird in China am Projekt eines in natürlicher Umgebung fest installierten Radioteleskops mit einem Durchmesser von rund 500 Metern gearbeitet, das die Dimensionen und die Leistungsfähigkeit des bekannten Radioteleskops Arecibo in Puerto Rico (Reflektordurchmesser rund 305 Meter) deutlich übertreffen wird. Leitender Wissenschaftler die Projekts, dessen Verwirklichung im Oktober 2008 beschlossen wurde, ist Nan Rendong, Forscher an der Sektion Radioastronomie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Die Grundsteinlegung erfolgte am 26. Dezember 2008.
Größe und Technik des Teleskops in China werden es ermöglichen, schwächere Signale aufzufangen, als es mit der Einrichtung in Puerto Rico möglich ist. Im Gegensatz zu letzteren wird die Anlage in China außerdem in der Lage sein, mit ihrer aktiv kontrollierbaren Oberfläche richtbare Empfangsfelder zur Verfügung zu stellen, deren effektiver Durchmesser bis zu 300 Metern betragen kann. So können nicht nur direkt von oben eintreffende Signale eingefangen werden, sondern auch solche mit einer Abweichung von bis zu 40 Grad vom Zenit.
Wu Xiangping, Direktor der Chinesischen Astronomischen Gesellschaft, freut sich, dass die chinesischen Wissenschaftler künftig nicht mehr mit Daten aus zweiter Hand arbeiten werden müssen. Von den voraussichtlich besseren Eigenschaften des entstehenden Teleskops verspricht er sich den Empfang weiter entfernterer Radioquellen, Hilfe bei der Suche von Leben außerhalb unserer Galaxie und neue Möglichkeiten bei der Erforschung des Ursprungs des Universums. Signale aus einer Entfernung von mindestens 10 Milliarden Lichtjahren hofft man zu empfangen.
Der aus rund 300 betrachteten Standorten ausgewählte in China ist unter anderem wegen der natürlichen Mulde, die allerdings vertieft werden musste, vorteilhaft. Rund 98 Prozent der rechnerisch bei ebener Oberfläche sonst nötigen Erdbewegungen wurden so eingespart. Tatsächlich bewegt wurden nach Angaben aus China rund 540.000 Kubikmeter Aushub.
Auch die vorhandene Bodenzusammensetzung hat Vorteile. Der Karst vor Ort mit seinem überwiegend unterirdischen Wasserhaushalt vereinfacht die Ableitung von Regenwasser und gewährleistet laut Sun Caihong, leitendem Ingenieur, so einen Schutz des Reflektors des Teleskops. Die Eigenschaften von Kalk- und Dolomitgestein wurden bei der Verwirklichung eines unterirdischen Entwässerungssystem genutzt. Wasserfluten, die bei Regenereignissen auftreten können, werden gegebenenfalls durch einen künstlich angelegten Tunnel an einen Bergrücken abgeführt.
Die Abgelegenheit des Ortes schützt vor Störungen durch Geräte, die Mikrowellen aussenden und in Haushalten und Unternehmen mittlerweile in erheblichem Umfang eingesetzt werden. In einem Umkreis von 5 Kilometern gibt es laut chinesischer Darstellung keine Ortschaften oder Städte, in einem Umkreis von 25 Kilometern nur ein Siedlungszentrum.
Am 23. Juli 2015 haben Techniker nach Angaben aus China damit begonnen, den Reflektor des Teleskops zu montieren. Ist er fertig gestellt, wird er aus 4.450 Elementen bestehen, die jeweils ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seitenlänge von 11 Metern darstellen.
Auf einem der Hügel in der Umgebung soll nach Angaben von Sun Caihong eine öffentlich zugängliche Beobachtungsplattform entstehen.
Für die Verarbeitung der anfallenden Beobachtungsdaten ist die Verwendung eines Supercomputers namens Skyeye 1 vorgesehen. Das Rechnersystem hat nach Angaben aus China eine Leistung von quadrillionen von Operationen pro Sekunde (1 Quadrillion = 1x 1027). Skyeye 1 wird laut Ren Jingyang, Vizepräsident der Dawning Information Industry Co., mit seiner Integration in ein Hochgeschwindigkeitsnetzwerk mit einer möglichen Datenrate von 100 Gigabyte pro Sekunde die Bedürfnisse des Teleskops spielend erfüllen.
FAST benötigt vermutlich eine Rechenleistung von über 200 Teraflops pro Sekunde (200 Trillionen bzw. 200 x 1018 FLoating-point Operations Per Second). Der in einer ersten Betriebsphase benötigte Speicherbedarf wurde auf über 10 Petabyte (1 Petabyte = 1015 Byte bzw. 1.000 Terabyte) kalkuliert, teilte Zhang Peiheng, Forscher beim 1956 gegründeten Institut für Computertechnik bei der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (Chinese Academy of Sciences Institute of Computing Technology, CASICT oder vereinfacht ICT), mit.
Das ICT hatte mit der Dawning Information Industry Co. und der „China (Guizhou) Skyeye Group“ im November 2014 die gemeinsame Errichtung eines Supercomputerzentrums in Guizhou vereinbart.
Obwohl das Teleskop-Projekt so wie andere Großprojekte auch nicht vor Verzögerungen gefeit war, geht man derzeit davon aus, dass der Betrieb der neuen Anlage wie seit längerem angepeilt Ende 2016 aufgenommen werden kann.
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