Die 2010 eigentlich als Mondsonde gestartete Chang’e 2 hat vorgestern offenbar erfolgreich den 1989 entdeckten Asteroiden Toutatis passiert und dabei mehrere Nahaufnahmen zur Erde übertragen.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: Xinhua, Unmanned Spaceflight, Planetary.org, Wikipedia, Raumcon.
Dabei war die Sonde für eine solche Aufgabe niemals vorgesehen. Sie hatte eigentlich relativ gemächlich den Mond umrundet und dabei das Objektiv ihrer CCD-Kamera immer in Richtung Mond gewandt. Jetzt musste sie sich innerhalb kurzer Zeit äußerst präzise drehen, um den Kleinkörper während der nur 15 Sekunden währenden Aufnahmesequenz bei rund 11 km/s nicht aus dem Blick zu verlieren. Dies stellt außerordentlich hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Manöver.
Dies ist den chinesischen Ingenieuren und Technikern offenbar mit Bravour gelunden, da sie eine ganze Bildserie vom Vorbeiflug vorgelegt haben. Dieser fand am Donnerstag in einer Entfernung von etwa 7 Millonen Kilometern von der Erde statt und dauerte nur wenige Minuten. Die geringste Distanz erreichte Chang’e 2 dabei gegen 9.30 Uhr MEZ. Die Sonde raste mit 38.600 Kilometern pro Stunde (10,73 km/s) in einem Abstand von minimal 3,2 Kilometern an Toutatis vorbei und fertigte Bilder mit einer besten Auflösung von etwa 10 Metern an, dies allerdings aus Abständen von 93 bis 240 Kilometern.
(4179) Toutatis gehört zur Gruppe der Apollo-Asteroiden, seine Bahn kreuzt die der Erde und beide Himmelskörper kommen sich in etwa Vierjahresabständen relativ nahe. Toutatis wurde im Januar 1989 entdeckt und nach einem keltischen Gott benannt. Von der Erde aus war der unregelmäßige Kleinkörper mit Abmessungen von 4,5 km Länge, 2,4 km Breite und 1,9 km Tiefe bisher nur mittels Radarmessungen genauer erfasst worden.
Chang’e 2 ist eine chinesische Mondsonde, die am 1. Oktober 2010 zum Erdtrabanten startete und am 6. Oktober in eine Mondumlaufbahn gelangte. Hier wurde die Oberfläche des Mondes zunächst aus einem Arbeitsorbit etwa 100 km über der Oberfläche komplett erfasst. Danach wurde die Bahn so korrigiert, dass der mondnächste Punkt nur noch etwa 15 km über der Oberfläche lag. Nach Erfüllung dieser Aufgabe hatte die Sonde noch ausreichend Treibstoffreserven, alle Systeme funktionierten gut. Daher wurde die Bahn des Mondsatelliten angehoben und die Sonde entfernte sich schließlich wieder vom Mond und steuerte den Lagrangepunkt L2 des Erde-Mond-Systems, etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt an. Diesen Punkt umlief Chang’e 2 für mehrere Monate, wobei technische Systeme getestet und weitere Messungen, z.B. am Sonnenwind durchgeführt wurden. Im April 2012 schließlich verließ Chang’e 2 auch diese Position und nahm Kurs auf den Rendezvouspunkt mit Toutatis.
Damit konnte die Vielseitigkeit eines derartigen Raumfahrzeugs eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden. China hatte bisher kaum Erfahrungen außerhalb des Erdorbits gemacht. Chang’e 2 wurde damit zur zweiten Mondsonde, zur ersten Raumsonde und zur ersten Asteroidensonde aus dem Reich der Mitte. Hier hat man sogar Russland etwas voraus. Für 2013 plant China den Start eines ersten unbemannten Mondlanders/rovers.
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