Cepheiden-Rätsel gelöst

Bislang war die Masse der Cepheiden unbekannt. Durch einen neu entdeckten Doppelstern gelang es Astronomen der Europäischen Südsternwarte (ESO) jetzt, dieses Rätsel zu lösen.

Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: ESO.

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Aufnahme der Großen Magellanschen Wolke mit dem Doppelstern OGLE-LMC-CEP0227
(Bild: ESO)

Bei den sogenannten Cepheiden handelt es sich um eine besondere Art von pulsierenden Sternen. Es sind allesamt Riesensterne mit speziellen Eigenschaften. Namensgeber dieser Klasse war ein Stern im Sternbild Cepheus. Cepheiden pulsieren in regelmäßigen Abständen, dabei verändern sie ihre Leuchtkraft und Spektralklasse. Wenn sich der Stern aufbläht, verteilt sich die Energie auf einen größeren Raum. Dadurch sinkt die Temperatur des Sterns und er verändert seine Spektralklasse, also seine Farbe. Beim Aufblähen geht diese eher in den rötlichen Bereich, beim Zusammenziehen wird ein solcher Stern blauer. Die Ursache dafür ist, dass im zusammengezogenen Zustand der Strahlungsdruck größer ist als die Gravitation. Dadurch wird die komplette Hülle nach außen getrieben, wodurch sich die Dichte verringert und die Durchsichtigkeit erhöht. Als Folge wird der Strahlungsdruck wieder schwächer als die Gravitation, die dann den Stern wieder zusammen zieht. Dies bezeichnet man als Kappa-Prozess, nach der physikalischen Größe Kappa für die Opazität (Lichtundurchlässigkeit).

Die große Bedeutung der Cepheiden basiert auf einem einfachen Zusammenhang: Je größer die Masse und damit die Leuchtkraft eines Cepheiden ist, umso langsamer ist seine Pulsation. Dadurch kann man ausgehend von auf andere Art bestimmter Cepheidenmassen genau bestimmen, wie viel Masse ein Cepheid haben muss. Aus der durch die Pulsationsdauer ermittelten Masse und absoluten Leuchtkraft sowie aus der beobachteten scheinbaren Helligkeit lässt sich dann der Abstand eines Cepheiden direkt berechnen. Dies hat den Cepheiden den Status von sogenannten „Standardkerzen“ eingebracht, die man verwendet, um den Abstand entfernter Galaxien, Sternhaufen etc. herauszufinden. Erstmals genutzt wurde dies von Edwin Hubble, der durch die Verwendung von Cepheiden nachweisen konnte, dass der Andromeda-Nebel nicht zu unserer Milchstraße gehört.

Das größte Problem dabei war aber bislang, die Masse der Cepheiden genau zu bestimmen. Man hatte noch nie die Möglichkeit, diese direkt zu messen, sondern war auf Modelle angewiesen. Seit den 60er Jahren gab es davon zwei mit deutlich unterschiedlichen Ergebnissen. Es gibt eine Theorie, die sich direkt mit den physikalischen Eigenschaften der Pulsation befasst und daraus die Masse der Cepheiden folgert. Demgegenüber steht eine Theorie, die die Masse aus der Sternentwicklung heraus schließt. Beide Theorien sind gut begründet und schlüssig, liefern aber Ergebnisse, die um 20-30% voneinander abweichen. Dadurch sind natürlich auch alle auf Cepheiden basierenden Entfernungsmessungen mit deutlichen Unsicherheiten behaftet.

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Künstlerische Darstellung des Doppelsterns
(Bild: ESO)

Der Doppelstern OGLE-LMC-CEP0227 löst jetzt dieses Problem. Er wurde im Rahmen des OGLE-Programms katalogisiert und befindet sich in der Großen Magellanschen Wolke (engl. Large Magellanic Cloud, LMC). Es handelt sich um den ersten bekannten Cepheiden, der sich in einem Doppelsternsystem befindet, in dem sich die Sterne gegenseitig bedecken. Dieses System bietet damit erstmals die Möglichkeit, die Masse direkt aus der gegenseitigen Umkreisung zu berechnen. Dieses Verfahren ist sehr viel zuverlässiger als die bisher verwendeten Theorien. Man muss dafür lediglich die Geschwindigkeiten bestimmen, mit der sich die beiden Komponenten umkreisen. Verwendet wurde dafür das Spektrometer HARPS am 3,6-Meter-Teleskop der ESO im chilenischen La Silla. Mit diesem kann man die Rot- bzw. Blauverschiebung des Lichts bestimmen, welche die Bewegung der Sterne durch den Dopplereffekt verursacht. HARPS gilt als eines der präzisesten Spektrometer überhaupt, genauere Daten lassen sich derzeit nicht gewinnen.

Diese Messungen sind nur möglich, weil sich die beiden Komponenten gegenseitig verdecken. Dies ist eine notwendige Bedingung, um die Bahnebene zu kennen. Gegenseitige Bedeckungen bedeuten immer, dass die Bahnebene genau in der Sichtachse liegt. Damit erfasst man durch die Geschwindigkeitsmessung exakt die Vor- und Zurückbewegung der Sterne. Zusätzlich kann man bei dem Cepheiden die Geschwindigkeit der Pulsation messen, wodurch man auch darüber genaue Modelle gewinnen kann. Die gemessene Masse des Cepheiden entspricht genau derjenigen, die mit der Pulsationstheorie vermutet wurde. Das bedeutet für die Theoretiker der Sternevolution, dass sie ihre Modelle wieder überarbeiten müssen, um die Cepheiden zu erklären.

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