CAU: Heinrich-Hertz-Satellit startet am 16. Juni mit Kieler Beteiligung

(Anm. d. Red.: Start verschoben!) Kieler Instrument an Bord misst Auswirkungen des elektrischen Antriebs auf die Weltraumtechnik. Eine Pressemeldung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) 14. Juni 2023.

Das Electric Propulsion Diagnostics Package (EPDP) besteht aus drei Teilen. Im Bild rechts zu sehen ist das Instrument der Kieler Universität. Gesteuert wird der Sensor durch die Elektronik, die im Gehäuse links eingebaut ist. Der kleinere Teil (im Bild unten) ist ein weiterer Sensor, der die Erosion der Oberfläche misst. (Bild: von Hoerner & Sulger)
Das Electric Propulsion Diagnostics Package (EPDP) besteht aus drei Teilen. Im Bild rechts zu sehen ist das Instrument der Kieler Universität. Gesteuert wird der Sensor durch die Elektronik, die im Gehäuse links eingebaut ist. Der kleinere Teil (im Bild unten) ist ein weiterer Sensor, der die Erosion der Oberfläche misst. (Bild: von Hoerner & Sulger)

14. Juni 2023 – Am Freitag, 16. Juni (Anm. d. Red.: Start verschoben!), tritt der nach dem deutschen Physiker Heinrich Hertz benannte Kommunikationssatellit seine Reise in eine Erdumlaufbahn an. Zwischen 23.26 Uhr und 01:01 Uhr deutscher Zeit soll er vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guiana aus gestartet werden. Anstelle eines rein chemischen Antriebs verwendet diese Mission der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auch zusätzlich einen effizienteren elektrischen Antrieb. Unter den vielen Experimenten an Bord befindet sich das an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entwickelte Messgerät „Electric Propulsion Diagnostics Package Plasma Sensor“ (EPDPPS), um erstmals die Wechselwirkungen des neuen Antriebs mit dem Satelliten zu untersuchen.

Die Heinrich-Hertz-Mission hat gleich mehrere Ziele: Eines davon ist es, neue Technologien für die Satellitenkommunikation auf ihre Weltraumtauglichkeit zu testen. Dafür wird der Kommunikationssatellit 15 Jahre in einem geostationären Orbit um die Erde kreisen, das heißt er befindet sich dann immer über derselben Stelle an der Erdoberfläche. Die Stabilisierung und Lageregelung des Satelliten erfolgt durch sehr sparsame elektrische Triebwerke, die Plasmatechnologie nutzen. Sie erlauben es, den Satelliten mit viel weniger Treibstoff und dafür einer größeren Nutzlast auszustatten. Allerdings stoßen diese Triebwerke Plasma mit sehr hoher Geschwindigkeit aus. Dadurch können Wechselwirkungen mit dem umgebenden, sehr dünnen Weltraumplasma entstehen und dessen Eigenschaften verändert werden. Dies kann dazu führen, dass ein kleiner Anteil des Plasmas zum Satelliten zurück beschleunigt wird.

Mit Plasmatests in einer Vakuumkammer wird die Funktion des Plasmasensors überprüft. (Bild: Uni Kiel)
Mit Plasmatests in einer Vakuumkammer wird die Funktion des Plasmasensors überprüft. (Bild: Uni Kiel)

Um die Rückwirkung dieser relativ neuen Antriebstechnologie auf den Satelliten besser zu verstehen, wurde am Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der CAU der EPDPPS entwickelt, gebaut und getestet. Dazu haben die Arbeitsgruppen Plasmatechnologie von Prof. Holger Kersten und Extraterrestrische Physik von Prof. Robert Wimmer-Schweingruber eng zusammengearbeitet und Know-How aus den beiden Gruppen kombiniert. Das Kieler Experiment ist dabei Teil eines größeren Diagnostiksystems, welches von der Firma von Hoerner & Sulger in Schwetzingen entwickelt und gebaut wurde. „Das Gerät soll die Eigenschaften des Plasmas um den Satelliten herum messen und wie diese durch den Betrieb des elektrischen Antriebes verändert werden“, erklärt Wimmer-Schweingruber, der das Projekt leitet. „Der Rückfluss auf den Satelliten könnte zu einer Erosion oder auch zu einer Beschichtung von Teilen der Satellitenoberfläche führen“, so der Astrophysiker.

Außerdem können „diese Prozesse zum Beispiel die Wirksamkeit der Solarpanele des Satelliten negativ beeinflussen. Wir wissen aber nicht, ob sie dafür stark genug sind. Deshalb sind wir sehr gespannt auf die ersten Daten von EPDPPS“, ergänzt Kersten, „solche gab es bisher nicht. Sie sind sehr wichtig um zu verstehen, wie die Oberfläche des Satelliten durch diese Antriebe verändert wird.“ Der Plasmaphysiker erforscht schon lange die Anwendung von Plasmen zum Beispiel zur Behandlung von Oberflächen oder in der Nanotechnologie. Die besonderen Eigenschaften des ionisierten Gasgemisches schaffen eine hochaktive Umgebung, die viele Einsatzfelder ermöglicht, aber auch zu Wechselwirkungen führen kann.

Der Kieler Plasmasensor und seine Reserve werden in einer Plasmakammer getestet. Im Bild wird der Ionenstrahl des Plasmaantriebes simuliert. (Bild: Uni Kiel)
Der Kieler Plasmasensor und seine Reserve werden in einer Plasmakammer getestet. Im Bild wird der Ionenstrahl des Plasmaantriebes simuliert. (Bild: Uni Kiel)

Der Start kann am 16. Juni live mitverfolgt werden:
https://www.arianespace.com/

Die Heinrich-Hertz-Mission und ihre Partner
Mit der Heinrich-Hertz-Mission startet erstmals ein eigener deutscher Kommunikationssatellit zur Erforschung und Erprobung neuer Technologien und Kommunikationsszenarien. Die Mission leistet damit auch einen Beitrag für die Informationsgesellschaft in Deutschland. Die Heinrich-Hertz-Mission wird von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und unter Beteiligung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) geführt. Mit der Entwicklung und dem Bau des Satelliten wurde die OHB-System AG beauftragt. An der Entwicklung und dem Test des Satelliten sind zudem die Firmen IABG GmbH, MDA AG und TESAT GmbH & Co. KG beteiligt. Das Bodensegment mit dem Kontrollzentrum in Bonn wird von der OHB Digital Connect in Zusammenarbeit mit der Firma CGI verantwortet. Die Standorte für die neuen Bodenstationen befinden sich in Hürth (Nordrhein-Westfalen) und Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Für den Start der Mission an Bord der Ariane-5-Trägerrakete (VA261) ist Arianespace verantwortlich. An der Mission sind insgesamt 42 Partner beteiligt – davon 14 an der wissenschaftlichen Nutzlast. Das EPDPPS Projekt wurde durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert.

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