Vor wenigen Stunden begann der 184. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Saturn. Neben der Untersuchung der Saturnringe gilt das wissenschaftliche Interesse in den kommenden Tagen der Erkundung des Saturnmondes Rhea, welchen die Raumsonde am 9. März in einer Entfernung von lediglich 997 Kilometern passieren wird.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
In den Morgenstunden des heutigen Tages hat die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn um 05:02 Uhr MEZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreicht. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini in einer Entfernung von rund 1,47 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann damit zugleich ihren mittlerweile 184. Umlauf um den Ringplaneten.
Aktuell verfügt die Raumsonde auf ihrer Saturnumlaufbahn immer noch über eine Inklination von 57,1 Grad. Diese Bahnneigung wird es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern letztendlich bis zum März 2015 ermöglichen, speziell die Polarregionen des Saturn und des größten Mondes innerhalb des Saturnsystems, des etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Mondes Titan, im Detail abzubilden und zu untersuchen. Zusätzlich wird auch das Ringsystem des Saturn von den abbildenden wissenschaftlichen Instrumenten der Raumsonde während der kommenden Monate in seiner „Gesamtheit“ erfasst werden können.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 12 Tage andauernden Orbits Nummer 184 – dieser trägt die Bezeichnung „Rev 183“ – insgesamt 29 Beobachtungskampagnen vorgesehen.
Die erste dieser Beobachtungen erfolgt bereits am heutigen Tag und wird den Saturn zum Ziel haben. Durch die hierbei geplanten Abbildungen der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten „Sturmbeobachtungskampagne“ sind, sollen erneut aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden. Durch die Beobachtung von markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Ringplaneten lassen sich zum Beispiel Aussagen über die gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen.
Im Anschluss an diese Beobachtungssequenz sollen dann mehrere der kleineren inneren Saturnmonde im Rahmen sogenannter astrometrischer Beobachtungen abgebildet werden. Die Umlaufbahnen dieser kleinen und entsprechend massearmen Saturnmonde unterliegen einer permanenten gravitativen Beeinflussung durch den Saturn und dessen größeren Monden, was zu minimalen Veränderungen der jeweiligen Umlaufbahnen führen kann.
Das wissenschaftliche Ziel der anzufertigenden Aufnahmen der Monde besteht darin, die derzeit verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Weitere astrometrische Beobachtungen sind für den 6. und den 13. März vorgesehen. Die dazu vorgesehenen Fotoaufnahmen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.
Bis zum 7. März wird die ISS-Kamera dann mehrfach Teile des Ringsystems des Saturn abbilden. Hierbei sollen die diversen dort befindlichen Kanäle, Speichen, Mini-Jets und Propellerformationen abgebildet werden, welche durch die gravitativen Einflüsse von kleineren Monden und in die Ringe eingebetteten Moonlets sowie durch eine Interaktion mit der Saturnatmosphäre hervorgerufen werden.
Am 8. und 9. März wird sich die ISS-Kamera schließlich auf den kleinen, äußeren Saturnmond Hyrrokkin richten. Außer den Daten von dessen Umlaufbahn um den Saturn und seinem Durchmesser von rund acht Kilometern ist über diesen erst im Jahr 2004 entdeckten Mond bisher nur sehr wenig bekannt. Die ISS-Kamera soll den Mond über einen Zeitraum von mehreren Stunden aus einer Distanz von rund 10 Millionen Kilometern mehrfach abgebildet.
Anhand der Variationen in der sich bei dieser Beobachtung ergebenden Lichtkurve und einem Abgleich mit vorherigen Beobachtungen sollen dessen Helligkeitsvariationen und die sich daraus ergebende Rotationsperiode dieses Mondes näher bestimmt werden. Diese Beobachtungssequenz ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus jeweils mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden.
Ebenfalls am 9. März wird die Raumsonde Cassini schließlich im Rahmen eines gesteuerten Vorbeifluges um 19:17 MEZ den zweitgrößten der Saturnmonde, den etwa 1.530 Kilometer durchmessenden Mond Rhea, in einer Entfernung von 997 Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von 9,3 Kilometern pro Sekunde passieren. Während der Annäherungsphase soll die ISS-Kamera dazu eingesetzt werden, um die Oberfläche von Rhea abzubilden. Zusätzlich soll eines der Spektrometer, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS) eine Temperaturkarte von der Südpolregion des Mondes erstellen.
Unmittelbar vor dem Zeitpunkt der dichtesten Annäherung an den Mond soll dann das Radio Science Subsystem (RSS) der Raumsonde für nähere Untersuchungen eingesetzt werden. Während des Vorbeifluges an dem Mond wird die Raumsonde durch die von Rhea ausgehenden gravitativen Einflüsse minimal von der vorausberechneten Flugbahn abgelenkt werden. Diese Abweichungen machen sich in einem von Cassini ausgestrahlten und von den Stationen des Deep Space Network (DSN) der NASA zu empfangenden Radiosignal durch eine Dopplerverschiebung bemerkbar. Durch die RSS-Vermessungen des Gravitationsfeldes von Rhea sollen nähere Informationen über den Aufbau und die innere Struktur dieses zweitgrößten Saturnmondes gewonnen werden. Speziell erhoffen sich die Wissenschaftler durch das RSS-Experiment weitere Erkenntnisse über eventuell existierende Heterogenitäten und Massekonzentrationen im Inneren von Rhea.
Während der erfolgenden RSS-Messungen muss die für die Kommunikation mit dem DSN genutzte, vier Meter durchmessende HG-Antenne der Raumsonde allerdings exakt auf die Erde ausgerichtet sein. Da die wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde starr auf einer Instrumentenplattform montiert sind, ist es somit in dieser Phase des Vorbeifluges nicht möglich, Aufnahmen des Mondes durch die ISS-Kamera zu gewinnen. Nach dem Abschluss der RSS-Kampagne wird die Kamera jedoch wieder dazu eingesetzt, um weitere Aufnahmen anzufertigen. Hierbei sollen im Bereich der Nordpolregion Auflösungen von bis zu 18 Metern pro Pixel erreicht werden.
Wenige Stunden nach der Passage von Rhea wird Cassini schließlich am 10. März um 04:40 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses Orbits Nummer 184, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 424.310 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden.
Für die folgenden Tage sind weitere Beobachtungskampagnen vorgesehen, welche neben dem Mond Anthe – hierbei soll der diesen Mond umgebende Staubring im Rahmen einer mehrstündigen Beobachtungskampagne eingehend abgebildet werden – auch den Mond Titan zum Ziel haben. Aus Entfernungen von bis zu 2,6 Millionen Kilometern soll hier nach Wolkenformationen in dessen Atmosphäre gesucht werden. Wie bei der Beobachtung der Saturnatmosphäre dienen die vorgesehenen Abbildungen dazu, um Informationen über die dort gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten zu gewinnen.
Am 16. März 2013 wird Cassini schließlich um 04:13 MEZ in einer Entfernung von rund 1,5 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und auch diesen 184. Orbit um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 185 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der Atmosphäre des Saturn vorgesehen.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann nahezu komplett aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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