In wenigen Stunden beginnt der mittlerweile 179. Umlauf der Raumsonde Cassini um den Saturn. Das Augenmerk der an der Mission beteiligten Wissenschaftler wird sich während der nächsten zwei Wochen hauptsächlich auf die Atmosphäre und das Ringsystem des Saturn richten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, The Planetary Society.
In wenigen Stunden wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn am 30. Dezember 2012 um 00:50 Uhr MEZ erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum zweitgrößten Planeten innerhalb unseres Sonnensystems erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich Cassini in einer Entfernung von rund 1,65 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden und damit zugleich ihren mittlerweile 179. Umlauf um den Ringplaneten beginnen. Aktuell verfügt die Raumsonde auf ihrer Saturnumlaufbahn immer noch über eine Inklination von 53 Grad. Bis Mitte des Jahres 2013 soll die Neigung der Cassini-Umlaufbahn im Rahmen verschiedener naher Vorbeiflüge an dem größten und massereichsten Saturnmond, dem Titan, in mehreren Schritten allerdings noch auf fast 62 Grad erhöht werden.
Dieser geplante Flugverlauf wird es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern letztendlich bis zum März 2015 ermöglichen, speziell die Polarregionen des Saturn und des größten Mondes innerhalb des Saturnsystems, des etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Mondes Titan, im Detail abzubilden und zu untersuchen. Zusätzlich wird auch das Ringsystem des Saturn von den abbildenden wissenschaftlichen Instrumenten der Raumsonde während der kommenden Monate auch wieder in seiner „Gesamtheit“ besser erfasst werden können.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, einem der insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 13 Tage andauernden Orbits Nummer 179 – dieser trägt die Bezeichnung „Rev 178“ – insgesamt 15 Beobachtungskampagnen vorgesehen.
Die erste dieser Beobachtungskampagnen wird bereits 90 Minuten nach dem Beginn des neuen Orbits den Saturn zum Ziel haben. Durch die hierbei geplante Abbildung der Saturnatmosphäre durch die WAC-Kamera, welche Bestandteil einer langfristig ausgelegten „Sturmbeobachtungskampagne“ sind, sollen aktuelle Daten über das dortige Wettergeschehen gesammelt werden. Durch die Beobachtung von markanten Wolkenformationen in der Atmosphäre des Ringplaneten lassen sich so zum Beispiel Aussagen über die gegenwärtig vorherrschenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten tätigen. Eine vergleichbare Beobachtungssequenz des Saturn wird 12 Stunden später erfolgen.
Unmittelbar danach wird sich die ISS-Kamera auf die innerhalb der Saturnringe gelegenen Encke-Teilung richten. Diese etwa 325 Kilometer breite Lücke innerhalb des äußeren A-Ringes wird durch den kleinen, lediglich rund 28 Kilometer durchmessenden Saturnmond Pan verursacht. Dieser zieht seine Bahn um den Saturn innerhalb der Encke-Teilung, wobei er als ein so genannter Schäfermond agiert. Durch die von diesem Mond ausgehenden gravitativen Einflüsse wird dabei eine regelrechte Schneise in dem Ringsystem erzeugt.
Die nächste ISS-Kampagne, welche am 2. Januar 2013 erfolgt, wird ebenfalls das Ringsystem des Saturn zum Ziel haben. Durch die entsprechenden Aufnahmen sollen speziell die Speichenformationen im B-Ring des Saturn näher untersucht werden. Diese Formationen konnten erstmals auf den Aufnahmen der Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 ausgemacht werden, welche den Saturn bereits Anfang der 1980er Jahre passierten. Diese auf Fotoaufnahme in hellen Farben erkennbaren Speichen sind im Durchschnitt etwa 100 Kilometer breit und erstrecken sich radial über bis zu 20.000 Kilometer in das Ringsystem hinein.
Es handelt sich hierbei um lediglich vorübergehend auftretende Phänomene, welche jeweils innerhalb von einigen Stunden auftauchen und dann wieder verschwinden. Die Planetenforscher sind sich weitgehend sicher, dass diese Speichenstrukturen durch elektrisch aufgeladenen Staub verursacht werden, welcher durch elektrischen Abstoßungskräfte vorübergehend aus dem B-Ring herausgedrückt wird.
Auch für die Entstehung dieser elektrischen Aufladungen gibt es einen Erklärungsansatz. In der Saturnatmosphäre auftretende Gewitter ziehen demzufolge zumindestens zeitweise nach außen gerichtete elektrische Entladungen nach sich, welche dabei zehntausendfach stärker sind als die bei irdischen Gewittern auftretenden Blitze.
Zu solchen nach außen gerichteten Entladungen – so genannten Sprites – kommt es auch bei irdischen Gewittern. Während die meisten Blitze zu Entladungen zwischen Wolken und Erdboden führen, können aus dem Weltall einfallende, hochenergetische Partikel eine in die Höhe gerichtete Entladung auslösen. Dabei „schießen“ Ströme von Elektronen in den Weltraum und laden die dort befindlichen Staubteilchen des A-Ringes elektrostatisch auf.
Im Rahmen der für den 2. Januar geplanten Aufnahmen sollten diese Speichenstrukturen, sofern zum Aufnahmezeitpunkt vorhanden, aufgrund der dabei gegebenen Beleuchtungsverhältnisse als deutlich hellere Strukturen innerhalb des B-Ringes erkennbar sein.
Für den 3. Januar ist die Abbildung der Südhemisphäre des Saturn vorgesehen. Hierbei wird sich das Augenmerk unmittelbar auf die Polarregion und die dort eventuell auftretenden Polarlichter richten. Die hierbei anzufertigenden Aufnahmen des Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) dienen zudem der Bestimmung der Rotationsperiode des Magnetfeldes des Saturn. Eine weitere Abbildung der Südpol-Polarlichter ist für den 4. Januar vorgesehen. Beide Beobachtungskampagnen werden durch zusätzliche Aufnahmen des ISS-Kamerasystems begleitet.
Am 5. Januar 2013 wird Cassini um 16:10 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während des Orbits Nummer 179, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 388.080 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Bei dieser Gelegenheit soll die ISS-Kamera eingesetzt werden, um speziell die oberen Schichten der Saturnatmosphäre im Detail zu studieren. Weitere Beobachtungen an diesem Tag werden zudem den größten der Saturnmonde, den 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, zum Ziel haben, wobei auch dessen Atmosphäre näher untersucht werden soll.
Weitere für die darauf folgenden Tage geplante Beobachtungssequenzen beinhalten zwei Sternokkultationen durch den Saturn und diverse Beobachtungen von dessen nördlicher Hemisphäre. Am 12. Januar 2013 wird Cassini schließlich um 07:43 MEZ in einer Entfernung von rund 1,7 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und auch diesen 179. Orbit um den Ringplaneten beenden. Für den damit beginnenden Orbit Nummer 180 sind erneut diverse Beobachtungen des Ringsystems und der verschiedenen Atmosphärenschichten des Saturn vorgesehen.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll Cassini den Saturn noch bis zum Jahr 2017 erkunden und am 15. September 2017 aufgrund des dann aufgebrauchten Treibstoffvorrates kontrolliert in der Atmosphäre des Ringplaneten zum Absturz gebracht werden.
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