Cassinis Saturn-Orbit Nummer 149

Am gestrigen Freitag begann der mittlerweile 149. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Wie bereits bei den drei vorherigen Saturnumläufen wird das Augenmerk der Raumsonde während dieses 31 Tage dauernden Umlaufs fast ausschließlich auf den Saturn und seinen Mond Titan gerichtet sein. Den wissenschaftlichen Höhepunkt der kommenden vier Wochen bildet dabei ein erneuter naher Vorbeiflug am Titan.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, Planetary Society.

NASA, JPL, Space Science Institute, Bearbeitung: Emily Lakdawalla (Planetary Society)
Der momentane Orbitverlauf ermöglicht es der Raumsonde Cassini, den Saturn ohne die in diesem Fall störenden Ringe abzubilden. Somit ist es möglich, unter anderem Wolkenformationen in der Planetenatmosphäre zu studieren.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute, Bearbeitung: Emily Lakdawalla (Planetary Society))

Am gestrigen 29. April 2011 erreicht die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum Saturn. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini in einer Entfernung von etwa 2,85 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und begann zugleich ihren 149. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde wird sich noch für etwa ein Jahr bis zum Mai 2012 auf einer Orbitbahn bewegen, welche fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie den Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde verläuft.

Wie bereits die drei vorherigen Umläufe wird auch der gestern begonnene Orbit, er trägt die Bezeichnung „Rev 148“, von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern fast ausschließlich dazu genutzt werden, den Ringplaneten und den größten seiner 62 bisher bekannten Monde, den etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, mit verschiedenen Instrumenten zu untersuchen und aus unterschiedlichen Entfernungen mit der ISS-Kamera der Raumsonde abzubilden. Die gegenwärtige äquatoriale Umlaufbahn der Raumsonde ermöglicht es den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern, speziell die Äquatorregion des Titan eingehend zu untersuchen. Auch wird gegenwärtig ein Blick auf die Wolkenschichten in der Saturnatmosphäre ermöglicht, welcher nicht durch das Ringsystem des Planeten oder einen von den Ringen auf Saturn geworfenen Schatten eingeschränkt ist.

Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment an Bord von Cassini sind während der kommenden 30 Tage insgesamt 30 Beobachtungskampagnen vorgesehen, von denen mehr als die Hälfte den Titan zum Ziel haben werden. Bei den restlichen Beobachtungssequenzen werden sich die beteiligten Wissenschaftler in erster Linie auf den Saturn und dessen Ringsystem konzentrieren.

NASA, JPL, Space Science Institute
Diese Aufnahme des E-Ringes vom Saturn fertigte die WAC-Kamera von Cassini am 15. September 2006 an. Der im Zentrum erkennbare Mond Enceladus war zu diesem Zeitpunkt etwa 2,1 Millionen Kilometer von der Raumsonde entfernt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Die ersten ISS-Aufnahmen während des aktuellen Orbits sind für den 2. Mai vorgesehen. Dabei soll die Kamera in Zusammenarbeit mit einem der anderen 11 wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Raumsonde, dem Visual and Infrared Spectrometer (VIMS), über einen Zeitraum von 15 Stunden die zur Sonne gerichtete Ansa des E-Ringes abbilden. Bei dem E-Ring handelt es sich um einen relativ schwach ausgeprägten Ring, der in erster Linie durch das Material gespeist wird, welches aus den am Südpol des Mondes Enceladus befindlichen Geysiren austritt.

„Ansa“ ist die Fachbezeichnung für den Bereich eines Ringes, welcher in einer Fotoaufnahme am weitesten von der Planetenscheibe entfernt ist. In diesem Bereich wird die beste fotografische radiale Auflösung des beobachteten Ringes erreicht. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort für „Henkel“ ab und hat einen geschichtlichen Hintergrund. Die Ringe des Saturn wurden bereits im Jahr 1610 von dem italienischen Astronomen Galileo Galilei entdeckt. Dieser erkannte das Ringsystem jedoch aufgrund der geringen Auflösung seines Teleskops nicht als ein Objekt, welches den Saturn umgibt. Vielmehr deutete er die Ringe als zwei Henkel, welche den Saturn berühren. Erst 45 Jahre später beschieb der holländische Astronom Christiaan Huygens die wahre Natur der Ringe wissenschaftlich korrekt.

Am 3. und 7. Mai stehen verschiedene astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgenden Abbildungen der Monde Methone, Telesto, Janus, Polydeuces, Calypso, Prometheus und Pandora besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.

NASA, JPL, Space Science Institute
Der helle Bereich in der Bildmitte zeigt die Adiri-Region am Äquator des Titan. Die Aufnahme wurde am 14. Juni 2006 mit der WAC-Kamera von Cassini aus einer Entfernung von rund 157.000 Kilometern mit einem Infrarot-Spektralfilter angefertigt. Die Bildauflösung beträgt etwa 9 Kilometer pro Pixel.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Zusätzlich wird die WAC-Kamera in Zusammenarbeit mit einem weiteren Instrument, dem Composite Infrared Spectrometer (CIRS), in diesem Zeitraum mehrfach den Saturn abbilden und dabei Aufnahmen von dem ausgedehnten Sturmgebiet anfertigen, welches sich seit dem Dezember 2010 über dessen nördliche Hemisphäre erstreckt. Für den 4. Mai sind zudem Aufnahmen des Sterns Wega im Sternbild Leier eingeplant. Die dabei von der Raumsonde gewonnenen Daten können anschließend mit den bereits bekannten Daten von Wega und mit verschiedenen Referenzspektren verglichen werden und dienen der photometrischen Kalibrierung der abbildenden Instrumente von Cassini.
Am 9. Mai wird Cassini dann um 00:54 Uhr MESZ den größten der Saturnmonde, den Titan erreichen. Dieses als „T-76“ bezeichnetes Manöver stellt den dritten von insgesamt sechs für das Jahr 2011 geplanten Vorbeiflügen an diesem Mond dar. Zum Zeitpunkt der dichtesten Annäherung wird sich die Raumsonde lediglich 1.873 Kilometer über die Oberfläche des Mondes hinwegbewegen und dabei eine Geschwindigkeit von 5,9 Kilometern pro Sekunde erreichen. In der Anflugphase wird das CIRS-Spektrometer die zu diesem Zeitpunkt schmale, von der Sonne beschienene Sichel des Mondes abbilden. Das Instrument wird dabei eine Serie von Spektralmessungen der Atmosphäre von Titan durchführen, welche unter anderem Temperaturmessungen beinhalten und der Ermittlung von Dichte und Verteilung von Aerosolen dienen.

Für den Zeitraum nach der dichtesten Annäherung wird dann das VIMS-Spektrometer übernehmen und die Oberfläche des Titan in hoher Auflösung abbilden. Das primäre Ziel wird dabei die nördliche Adiri-Region und die umgebenden Dünenfelder darstellen. Später soll auch die Senkyo-Region, ein Gebiet mit dunklen Dünenfeldern abgebildet werden. Neben weiteren Messungen mit dem UVIS- und dem CIRS-Spektrometer wird dabei auch erneut die ISS-Kamera zum Einsatz kommen, welche die Scans der verschiedenen Instrumente während dieses Vorbeifluges mit insgesamt 11 Aufnahmesequenzen unterstützen soll.

NASA, JPL, Space Science Institute, DLR
Der Saturnmond Enceladus: In der Großaufnahme ist am unteren Bildrand dessen Südpolregion mit den dort befindlichen „Tigerstreifen“ erkennbar. Diese geologisch aktive Region stellt den Ausgangspunkt für die Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln dar, welche aus den dort befindlichen Kryovulkanen entweichen.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute, DLR)

Am 10. Mai wird Cassini um 22:44 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während dieses 149. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Raumsonde rund 295.000 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn. Während dieser Phase sind mehrere Observationen geplant. Eine erste Beobachtungskampagne dient der Darstellung von Polarlichtern über dem Südpol des Saturn. Eine weitere Beobachtung wird den Mond Enceladus und speziell dessen Südpolgebiet zum Ziel haben. Aus einer Entfernung von 245.000 Kilometern sollen die von dort ausgehenden Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln abgebildet werden. Während dieser Beobachtung wird Helene, ein weiterer Saturnmond, durch den Aufnahmebereich der ISS-Kamera ziehen. Für den 11., 12., 16. und 18. Mai sind verschiedene Beobachtungen von Titan eingeplant, welche alle aus Entfernungen zwischen 1,75 und 3,13 Millionen Kilometern erfolgen werden und der Abbildung und anschließenden Untersuchung verschiedener Oberflächenregionen dienen sollen.

Für den 13. und 14. Mai sind schließlich ausführlichere Beobachtung der beiden äußeren Monde Suttungr und des bisher nicht mit einem Namen belegten S/2004 S12 geplant. Die Beobachtung dieser beiden kleinen und unregelmäßig geformten Monde ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden. Trotz der großen Distanz zwischen den Monden und der Raumsonde kann Cassinibei derartigen Beobachtungen wertvolle Daten über die Ausdehnung, die sich daraus ergebende Gestalt und die Dauer der Rotationsperioden der einzelnen Monde sammeln, welche sich aus Variationen in den beobachteten Lichtkurven ergeben.

NASA, JPL, Space Science Institute
Die Beobachtung der kleineren Monde des Saturn ist ein fester Bestandteil der wissenschaftlichen Tätigkeiten im Rahmen der Cassini-Mission. Dieses Bild zeigt den unregelmäßig geformten Mond Telesto. Die Aufnahme wurde am 27. August 2009 aus einer Entfernung von rund 36.000 Kilometern erstellt. Die für den gegenwärtigen Orbit geplanten Beobachtungen werden allerdings aus wesentlich größeren Entfernungen erfolgen.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Zusätzlich werden bei diesen Beobachtungen auch Informationen über den Verlauf der jeweiligen Umlaufbahnen und über die Ausrichtung der Rotationsachsen sowie die Rotationsrichtung der Monde gewonnen. Eine erfolgreiche Beobachtung des Mondes S/2004 S12 könnte dabei zum Beispiel genügend Daten liefern, um dessen Umlaufbahn mit einer Genauigkeit festzulegen, die es der für die Namensvergabe verantwortlichen Working Group for Planetary System Nomenclature (WGPSN) der Internationalen Astronomischen Union (IAU) erlaubt, diesen Mond mit einem „richtigen“ Namen zu benennen.

Am 16. und 18. Mai stehen dann wieder astrometrische Beobachtungen von verschiedenen Monden auf dem Arbeitsprogramm. Diesmal werden die Monde Calypso, Epimetheus, Prometheus, Atlas, Telesto, Methone, Helene, Anthe, Janus und Pallene das Ziel der Abbildungen sein. Am 21. Mai wird die ISS-Kamera ihre Beobachtungen während des Orbits Nummer 149 beenden. Neben einer erneuten Abbildung des E-Rings, welche in Kombination mit Aufnahmen des VIMS-Spektrometers erfolgt, ist dabei eine Aufnahme geplant, welche die Monde Titan, Dione und Tethys zusammen mit Saturn zeigen wird.

Am 30. Mai wird Cassini schließlich erneut die Apoapsis erreichen und den 149. Orbit um den Ringplaneten beenden. Auch während des damit beginnenden Orbits Nummer 150 wird eine weitere nahe Begegnung mit dem Mond Titan erfolgen. Am 20. Juni 2011 wird Cassini den Mond im Rahmen eines gezielten Vorbeifluges mit einer Geschwindigkeit von 5,9 Kilometern pro Sekunde in einer Entfernung von dann lediglich 1.359 Kilometern passieren. Bereits zwei Tage zuvor wird es zu nahen, aber nicht gesteuerten Begegnungen mit den Monden Helene und Telesto kommen, welche sich dabei 6.982 beziehungsweise 62.000 Kilometer von der Raumsonde entfernt befinden werden.

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