Pünktlich zum Jahreswechsel begann am 31. Dezember 2010 der mittlerweile 144. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Unter anderem wird die Raumsonde im Rahmen dieses 21 Tage dauernden Umlaufs mehrere Vorbeiflüge an verschiedenen Saturnmonden durchführen. Am 11. Januar soll so zum Beispiel der Mond Rhea in einer Höhe von 76 Kilometern überflogen werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL, DLR.
Am 31. Dezember 2010 erreichte die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt der größten Entfernung zum Saturn. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini etwa 2,63 Millionen Kilometer von der obersten Wolkenschicht des Saturn entfernt und begann zugleich ihren 144. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde befindet sich gegenwärtig in einem Orbit, welcher sich fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie der Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde befindet.
Der gegenwärtige Umlauf wird unter anderem dazu genutzt werden, um mehrere dieser Monde im Rahmen von nicht zielgerichteten Vorbeiflügen zu untersuchen. Bei diesen sogenannten „non-targeted flybys“ handelt es sich um Begegnungen mit größeren Saturnmonden, welche in Entfernungen von bis zu mehr als 100.000 Kilometern stattfinden, ohne dass hierfür eine Bahnkorrektur der Raumsonde durchgeführt werden muss. Des weiteren steht für den 11. Januar 2011 ein zielgerichteter Vorbeiflug an dem Mond Rhea, dem zweitgrößten Mond des Saturn, auf dem Arbeitsprogramm der Raumsonde.
Das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment an Bord von Cassini wird die wissenschaftlichen Beobachtungen während dieses auch als „Rev143“ bezeichneten Saturn-Umlaufs am 2. Januar aufnehmen. Das Beobachtungsziel der WAC-Kamera wird dabei der Saturn sein. Seit Anfang Dezember 2010 entwickelt sich auf der nördlichen Hemisphäre des Ringplaneten ein ausgedehntes Sturmgebiet, welches zuerst von Amateurastronomen entdeckt wurde.
Aufnahmen der Amateurastronomen Sadegh Ghomizadeh und Teruaki Kumamori vom 8. und 9. Dezember 2010 zeigen diesen Sturm dabei als ein ungewöhnlich großes Sturmgebiet, welches auf den Aufnahmen durch seine helle Farbe auffällt. Auf späteren Aufnahmen war erkennbar, dass sich der Sturm in den folgenden Wochen kontinuierlich ausgedehnt hat. Als Reaktion auf diese Entdeckung fertigte die ISS-Kamera der Raumsonde Cassini bereits am 23. und 24. Dezember mehrere Aufnahmen dieses Sturmgebietes an.
Auf den jetzt geplanten neuen Aufnahmen sollte dieses Sturmgebiet am unmittelbaren westlichen Rand der Planetenscheibe sichtbar sein. Von besonderem Interesse für die Wissenschaftler ist hierbei, dass dies der erste Sturm ist, welcher seit der Ankunft von Cassini im Saturnsystem im Sommer 2004 in der nördlichen Planetenhemisphäre beobachtet werden konnte. Zuvor konnten solche Stürme lediglich regelmäßig in den mittleren südlichen Breiten des Saturn beobachtet werden. Allerdings fielen die dort beobachteten Stürme von ihrer Ausdehnung her deutlich kleiner aus als der aktuelle Sturm.
Der jetzige Sturm ist vermutlich das Resultat des gerade auf Saturn stattgefundenen Wechsels der Jahreszeiten. Um die damit verbundenen Mechanismen innerhalb der Saturnatmosphäre eingehender zu studieren, dürften in der Zukunft weitere Beobachtungen dieses und zukünftiger Sturmgebiete auf der nördlichen Saturnhemisphäre folgen, welche sowohl mit den Instrumenten von Cassini als auch mit erdgebundenen bzw. Weltraumteleskopen erfolgen werden.
Direkt nach den Saturnaufnahmen werden verschiedene astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden erfolgen. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgten Abbildungen der Monde Polydeuces, Telesto, Pallene, Prometheus, Anthe und Atlas besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Diese Einzelbeobachtungen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen erfolgen und somit keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde auflösen können. Eine Wiederholung der verschiedenen Beobachtungssequenzen vom 2. Januar ist für den 6. Januar vorgesehen.
Für den 7. Januar ist eine längere Beobachtung des Mondes Tarvos geplant. Insgesamt sollen dabei aus einer Entfernung von etwa 12 Millionen Kilometern 311 Einzelaufnahmen dieses lediglich etwa 15 Kilometer durchmessenden Mondes angefertigt werden. Die Beobachtung von Tarvos ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden. Trotz der großen Distanz zwischen den Monden und der Raumsonde kann Cassini bei derartigen Beobachtungen wertvolle Daten über die Ausdehnung, die sich daraus ergebende Gestalt sowie die Dauer der Rotationsperioden der einzelnen Monde sammeln, welche sich aus Variationen in den beobachteten Lichtkurven ergeben. Zusätzlich werden bei diesen Beobachtungen auch Informationen über die Ausrichtung der Rotationsachsen und die Rotationsrichtung der Monde gewonnen.
Nach einer kurzen Aktivierung der Triebwerke am 7. Januar, dieses als „short engine burn“ bezeichnete Manöver dient einer Kurskorrektur der Sonde, wird Cassini am 10. Januar um 17:14 MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn während ihres 144. Orbits, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Raumsonde 155.590 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. In diesem Zeitraum werden sich mehrere der 12 wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde auf den Saturn konzentrieren.
Am 9. Januar werden dabei das Visible and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) und das Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) die nicht von der Sonne beschienene Nachtseite des Ringplaneten sowie eine schmale „Saturnsichel“ abbilden. Mit Hilfe dieser Daten soll nach Blitzen auf der Nachtseite des Saturn gesucht werden. Außerdem will man bei dieser Gelegenheit die obersten Schichten der Planetenatmosphäre näher untersuchen. Durch den Einsatz verschiedener Filter, so die Erwartungen der Wissenschaftler, können eventuell einzelne Wolkenbänder oder Dunstschichten abgebildet werden.
Die von der Sonne beleuchtete Saturnsichel wird auch am darauffolgenden Tag das erneute Ziel von UVIS darstellen. VIMS dagegen wird an diesem Tag die Sterne Sirius im Sternbild Canis Major (Großer Hund) und 19 Leo im Sternbild Leo (Löwe) beobachten. Zum Zeitpunkt der Beobachtungen werden diese beiden Sterne langsam von dem Saturn verdeckt werden. Durch die während dieser Sternokkulationen gewonnenen Beobachtungsdaten erhoffen sich die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über den Aufbau und die Dichte der oberen Schichten der Saturnatmosphäre. Anschließend erfolgt eine ausführliche Kartierung der Äquatorregion des Saturn, welche ebenfalls durch das VIMS-Spektrometer erfolgen wird. All diese Untersuchungen sollen durch zeitgleich erfolgende ISS-Aufnahmen unterstützt werden.
Ebenfalls am 10. Januar wird Cassini die Monde Pandora und Methone im Rahmen von nicht zielgerichteten Vorbeiflügen in Entfernungen von 95.000 Kilometern beziehungsweise 86.000 Kilometern passieren. Zusätzlich ist eine Beobachtung des größten Saturnmondes, des etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, vorgesehen. Aus einer Distanz von rund 934.500 Kilometern soll dabei mit der NAC-Kamera nach Wolkenstrukturen in dessen Atmosphäre Ausschau gehalten werden.
Für den 11. Januar steht schließlich der eigentliche wissenschaftliche Höhepunkt des Orbits Nummer 144 auf dem Programm der Raumsonde. Um 05:53 MEZ wird Cassini den zweitgrößten Mond des Saturn, den 1.528 Kilometer durchmessenden Mond Rhea, im Rahmen eines zielgerichteten Vorbeifluges mit einer Geschwindigkeit von rund 8 Kilometern pro Sekunde in einer Höhe von 75,9 Kilometern überfliegen.
In den 50 Minuten vor der dichtesten Annäherung wird dabei das Cassini Plasma Spectrometer (CAPS) die wissenschaftlichen Analysen bestimmen. Mit den Daten dieses Instruments konnte erst vor Kurzem eine äußerst dünne Atmosphäre um diesen Mond ausgemacht werden (Raumfahrer_net berichtete). Die jetzt anstehenden CAPS-Messungen sollen in erster Linie der Untersuchung des magnetosphärischen Plasmas in der Umgebung von Rhea dienen. Außerdem soll mit verschiedenen Instrumenten erneut nach Anzeichen für einen Ring gesucht werden, welcher diesen Mond eventuell umgibt.
Zugleich wird auch die ISS-Kamera verschiedene Bereiche der Mondoberfläche mit unterschiedlichen Auflösungen abbilden. „Das werden dann die besten Bilder überhaupt sein, die wir je von Rhea zu Gesicht bekommen. Selbst wenige Meter kleine Details werden darauf erkennbar sein!“, so Dr. Thomas Roatsch vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. Mit Hilfe dieser Aufnahmen erhoffen sich die beteiligten Wissenschaftler eine weitere Verbesserung der gerade veröffentlichten aktuellsten Oberflächen-Karte von Rhea (Raumfahrer_net berichtete).
Für den 15. Januar sind zwei weitere Beobachtungen von Titan vorgesehen. Anschließend erfolgen erneute astrometrische Beobachtungen, welche diesmal die Monde Polydeuces, Telesto, Methone, Pandora, Atlas, Anthe und Epimetheus zum Ziel haben werden. Am 21. Januar wird Cassini schließlich erneut die Apoapsis erreichen und damit den 144. Orbit um den Ringplaneten beenden. Der damit beginnende Orbit Nummer 145 wird unter anderem nicht zielgerichtete Vorbeiflüge an den Saturnmonden Mimas, Helene und Enceladus beinhalten, welche am 31. Januar 2011 stattfinden werden.
Raumcon-Forum:
Verwandte Seiten: