Am 13. September 2010 begann der mittlerweile 139. Orbit der Raumsonde Cassini um den Planeten Saturn. Unter anderem wird die Raumsonde im Rahmen dieses knapp drei Wochen dauernden Umlaufs am 24. September einen dichten Vorbeiflug am Saturnmond Titan durchführen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS. Vertont von Peter Rittinger.
Am 13. September 2010 erreichte die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt der größten Entfernung zu dem Ringplaneten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Cassini etwa 2,57 Millionen Kilometer von der obersten Wolkenschicht des Saturn entfernt und begann zugleich ihren 139. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde befindet sich gegenwärtig in einem leicht geneigten Orbit, welcher etwa 4,7 Grad außerhalb der Ringebene verläuft.
Der jetzt begonnene und 20 Tage dauernden Umlauf wird unter anderem dazu genutzt werden, mehrere Monde des Saturn aus größeren Entfernungen zu untersuchen. Das Hauptaugenmerk der Wissenschaftler wird sich jedoch wie auch bereits im vorherigen Umlauf auf die Atmosphäre des Saturn und dessen Ringsystem richten. Am 24. September wird die Raumsonde zudem einen dichten Vorbeiflug am größten Saturnmond, dem Titan, absolvieren.
Das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment an Bord der Raumsonde Cassini nahm die wissenschaftlichen Beobachtungen während dieses auch als „Rev138“ bezeichneten Saturn-Umlaufs gleich zu Beginn des Orbits am 13. September auf und führte an diesem Tag verschiedene astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden durch. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgten Abbildungen der Monde Janus, Epimetheus, Pallene, Methone und Anthe besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern.
Eine weitere astrometrische Beobachtungskampagne ist für den 17. September vorgesehen, wobei man sich dann auf die Monde Polydeuces, Calypso, Anthe, Methone, Epimetheus, Prometheus und Janus konzentrieren wird. Diese Einzelbeobachtungen werden durchweg aus größeren Distanzen erfolgen und keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde auflösen.
Ebenfalls am 13. September erfolgte eine weitere Beobachtung des größten Saturnmondes, des etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan. Zum Zeitpunkt dieser ISS-Beobachtungen war Titan lediglich zu etwa 50 Prozent von der Sonne beleuchtet. Diese Lichtverhältnisse ermöglichten es den Wissenschaftlern, aus einer Entfernung von etwa 2,46 Millionen Kilometern nach Wolkenstrukturen innerhalb der Atmosphäre des Mondes Ausschau zu halten. Entsprechende Beobachtungen sollen am 21. September aus einer Distanz von 2,11 Millionen Kilometern und am 27. September aus dann 1,29 Millionen Kilometern wiederholt werden und Aufschlüsse über das Wettergeschehen und die Entwicklung der Wolken in der Mondatmosphäre liefern.
Für den 17. September ist zudem eine über einen Zeitraum von sieben Stunden anhaltende Beobachtung des irregulären Saturnmondes Kiviuq vorgesehen. Dieser etwa 14 bis 16 Kilometer durchmessende Mond umläuft den Saturn innerhalb von 449 Tagen und 17 Stunden auf einer stark elliptischen Umlaufbahn in einer mittleren Entfernung von 11,4 Millionen Kilometern. Seine Dichte fällt mit einem Wert von 2,5 Gramm pro Kubikzentimeter im Vergleich zu den anderen Saturnmonden relativ hoch aus. Dieser Wert deutet darauf hin, dass sich der Mond vermutlich aus Wassereis und einem hohen Anteil an silikatischem Gestein zusammensetzt. Die Albedo des Mondes, welche einen Wert von 0,06 aufweist, zeugt dabei von einer sehr dunklen Oberfläche.
Kiviuq wird sich zum Zeitpunkt der Beobachtung durch die ISS-Kamera rund 9,8 Millionen Kilometer von der Raumsonde entfernt befinden. Die Beobachtung ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf der Mond unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen abgebildet wird. Das Ziel dieser Beobachtungskampagne besteht darin, weitere Informationen über die Oberflächeneigenschaften des Mondes zu erhalten. Vergleichbare Beobachtungskampagnen werden gegenwärtig bei mehreren der kleineren Begleiter des Saturn durchgeführt.
Während der ersten zehn Tage des Orbits Nummer 139 wird sich die wissenschaftliche Arbeit der verschiedenen Instrumente der Raumsonde jedoch in erster Linie direkt auf den Saturn konzentrieren, wobei hauptsächlich die Atmosphäre des Ringplaneten eingehender untersucht werden soll. Zwischen dem 14. und 23. September sind so zum Beispiel insgesamt sechs Untersuchungen durch das Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) vorgesehen. Begleitet werden diese Untersuchungen durch unterstützende Fotoaufnahmen der WAC-Kamera. Ziel dieser Beobachtungen ist die Analyse der Photometrie und Polarimetrie der Wolken und Dunstschichten in der Saturnatmosphäre. Weitere wissenschaftliche Ziele dieser Saturnbeobachtungen sind die Dokumentation der Wolkenbewegungen und die Suche nach Blitzen in der Planetenatmosphäre. Neben der höher auflösenden NAC-Kamera wird hierfür auch ein weiteres Instrument von Cassini, das im sichtbaren und infraroten Licht arbeitende Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS), eingesetzt werden.
Am 23. September wird die Raumsonde schließlich um 01:59 Uhr MESZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn, während ihres 139. Orbits erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich Cassini 148.210 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden. Kurz zuvor wird aus einer Distanz von etwa 246.000 Kilometern eine Beobachtung des Saturnmondes Enceladus erfolgen. Das Ziel der dabei zu erstellenden Fotoaufnahmen des zu diesem Zeitpunktes lediglich als schmale Sichel erkennbaren Mondes besteht darin, die Aktivität der von dessen Südpol ausgehenden Jets aus Wassereis zu dokumentieren.
Anschließend wird das UVIS-Spektrometer zusammen mit der ISS-Kamera den Stern Rigel im Sternbild Orion beobachten, welcher während dieser Aufnahmen gerade durch das Ringsystem des Saturn bedeckt werden wird. Durch die dabei erkennbaren Helligkeitsschwankungen in der Lichtkurve des Sterns erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschlüsse über den Aufbau und die Struktur der einzelnen Ringe des Ringsystems. Durch die zeitliche Abfolge der auftretenden Helligkeitsschwankungen und deren Intensität können Rückschlüsse über die Lichtdurchlässigkeit und somit auch über die Materialdichte der einzelnen Ringstrukturen gewonnen werden. Eine weitere Enceladus-Beobachtungskampagne aus dann etwa 570.000 Kilometern Entfernung dient in erster Linie der Gewinnung weiterer Bilder der Mondoberfläche bei unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen.
Am 24. September wird sich Cassini dann um 20:38 Uhr MESZ dem Saturnmond Titan mit einer Geschwindigkeit von 5,7 Kilometern pro Sekunde bis auf eine Distanz von 8.175 Kilometern nähern. Dieses auch als T-72 bezeichnete Manöver stellt den mittlerweile 73. gezielten Vorbeiflug an diesem Mond dar. In der Annäherungsphase von Cassini wird Titan dabei lediglich als eine schmale Mondsichel erkennbar sein. In dieser Phase des Fluges wird die wissenschaftliche Aktivität der Raumsonde in erster Linie durch das CIRS-Spektrometer bestimmt werden, welches die Zusammensetzung der Atmosphäre und der in der Dunstschicht, welche den Mond umgibt, enthaltenen Aerosole messen soll. Dabei soll speziell ein Streifen der Atmosphäre vermessen werden, welcher sich von 87 Grad südlicher Breite bis zu 60 Grad nördlicher Breite erstreckt.
Zum Zeitpunkt der größten Annäherung an die Mondoberfläche wird das VIMS-Spektrometer hoch aufgelöste Aufnahmen der Äquatorregion erstellen, welche eine Auflösung von bis zu fünf Kilometern pro Pixel erreichen werden. In der höchsten Auflösung soll dabei das Grenzgebiet zwischen zwei großen Sandmeer-Regionen, benannt als „Belet“ und „Senkyo“, abgebildet werden.
Nach der größten Annäherung wird dann die von Saturn abgewandte Hemisphäre des Mondes in den Aufnahmebereich der verschiedenen wissenschaftlichen Instrumente gelangen. Hier sollen UVIS und VIMS zusammenarbeiten und dabei erneut die Zusammensetzung der Mondatmosphäre ermitteln sowie die Oberfläche und eventuell erkennbare Wolkenstrukturen abbilden. Unterstützt werden die beiden Instrumente dabei von der ISS-Kamera.
Ab dem 27. September werden sich der Saturn und damit auch Cassini von der Erde aus gesehen in unmittelbarer Nähe zur Sonne befinden. Diese als „Solarkonjunktion“ bezeichnete Planetenstellung beeinträchtigt die Kommunikation zwischen der Raumsonde und dem für die Aufrechterhaltung des Funkkontaktes zuständigen Deep Space Network der NASA erheblich. Dies hat zur Folge, dass Cassini in diesem Zeitraum die wissenschaftlichen Aktivitäten aus Sicherheitsgründen einstellen wird. Nach dem Ende der Solarkonjunktion und der erneuten vollständigen Wiederherstellung des Kontaktes wird Cassini die verbleibende Zeit des Orbits Nummer 139 ab dem 3. Oktober mit der Beobachtung verschiedener irregulärer Monde in den äußeren Bereichen des Saturnsystems verbringen.
Obwohl sich die dabei zu beobachtenden natürlichen Saturn-Satelliten allesamt in großen Entfernungen zu der Sonde befinden werden, kann Cassini bei diesen Observationen weitere wertvolle Daten über deren Größe, Gestalt und Rotationsperioden sammeln, welche sich aus den Veränderungen in den beobachteten Lichtkurven dieser kleinen, eisigen Körper ergeben. Am 3. und 4. Oktober sind dabei drei Lichtkurven-Aufnahmen von den Monden Kiviuq, Siarnaq und Hyrrokkin vorgesehen, welche jeweils über einen Zeitraum von vier bis fünf Stunden andauern sollen.
Am 4. Oktober erreicht Cassini schließlich erneut die Apoapsis und beendet den 139. Umlauf um den Ringplaneten. Der damit beginnende Orbit Nummer 140 beinhaltet unter anderem nicht gezielte Vorbeiflüge an den Saturnmonden Titan (178.000 Kilometer), Mimas (77.800 Kilometer), Dione (23.300 Kilometer) und Rhea (31.100 Kilometer).
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