Am 10. September nähert sich Cassini dem Saturnmond Japetus bei seinem ersten und einzigen richtig nahen Vorbeiflug auf etwa 1.640 Kilometer. Japetus´ Form und Färbung machen ihn zu einem der ungewöhnlichsten Monde im Sonnensystem.
Ein Beitrag von Kirsten Müller
Cassini ist am 30. August am Saturnmond Rhea und am 31. August am Titan vorbeigeflogen. Nicht nur bescherten diese beiden Vorbeiflüge den Wissenschaftlern eine Reihe von Daten, die noch ausgewertet werden müssen, auch halfen diese Begegnungen dabei, die Sonde in Richtung Japetus zu lenken. Dennoch mussten die Missionsplaner für das Japetus-Manöver nicht unbeträchtliche Mengen des kostbaren Manövriertreibstoffs aufwenden, daher wird dies gleichzeitig das letzte Mal sein, dass Cassini seine Instrumente auf diesen Mond richten wird. Der Vorbeiflug wird etwa 100 Mal näher sein als jener Silvester 2004, von dem kürzlich die Ergebnisse veröffentlicht worden sind (raumfahrer.net berichtete).
Drei mysteriöse Eigenschaften des Mondes geben den Wissenschaftlern Rätsel auf: seine seltsame Walnussform, eine überraschend hohe Bergkette direkt auf seinem Äquator und ein starker Helligkeitsunterschied zwischen seinen beiden Halbkugeln: die Halbkugel, die während der Umläufe um den Saturn in Richtung der Bewegung zeigt, ist schwarz wie Teer, während die „hintere“ Seite weiß wie Schnee ist. Die dunkle Region wird nach ihrem Entdecker „Cassini-Region“
Über die Herkunft dieser schwarzen Materie gibt es verschiedene Hypothesen: Kommt sie von innerhalb oder von außerhalb des Mondes? Handelt es sich um Reste eines oder mehrerer anderer Monde? Kommt sie von Einschlägen durch Meteoriten, ist es Kometenstaub? „Wir sind auf der Suche nach dem Pinsel, der Japetus’ dunkle Seite gefärbt haben könnte“, sagt Cassini-Projektwissenschaftler Dennis Matson vom NASA Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien. Seine Kollegin Amanda Hendrix vom Cassini Ultraviolet Imaging Spectrometry Team und Hauptautorin einer Veröffentlichung, die über die möglichen Quellen dieser Materie bald im Magazin „Icarus“ erscheinen wird: „Dieses dunkle Material kommt an mehreren Stellen im Saturnsystem vor und könnte, außer auf Japetus, noch auf vielen anderen Monden vorkommen.“ Die Materie zeigt einen leicht rötlichen Ton, den man auf dem Mond Hyperion, der in der Vergangenheit von einem gewaltigen Einschlag heimgesucht worden war, auch beobachten kann. Es wird angenommen, dass dieser Einschlag auf Hyperion Japetus dunkel gefärbt hat.
Den Vermutungen einer anderen Icarus-Veröffentlichung zufolge, von Dale Cruikshank vom NASA Ames Research Center in Moffett Field, Kalifornien, und seinen Kollegen, besteht das dunkle Material auf Japetus und auf dem kleinen Mond Phoebe aus den gleichen komplexen probiotischen Kohlenwasserstoffen, die im Entstehen des irdischen Lebens eine Rolle gespielt haben könnten. Diesen Chemikalen, sogenannten polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, begegnet man sowohl zuhause im Garten beim Grillen als auch auf Kometen, Meteoriten und dem Staub, der sich im freien Weltruam aufhält und aus welchem Planeten entstehen.
Insgesamt zwölf Instrumente von Cassini werden bei dem Vorbeiflug auf Japetus gerichtet sein. Es ist geplant, die chemische Zusammensetzung seiner Oberfläche zu erforschen, nach Beweisen für eine Atmosphäre oder für Eruptionen von Gasen zu suchen und die Temperatur der Oberfläche bei Nacht zu messen. Zum ersten Mal wird dicht genug an einem anderen Mond als Titan vorbeigeflogen, um mit Cassinis Synthetic Aperture Radar Radaraufnahmen machen zu können. Ein breites Gebiet wird aufgenommen werden können, worunter die äquatoriale Bergkette und verschiedene Regionen mit Kratern und Becken. Man könnte durch diese Messungen möglicherweise die Höhen dieser Regionen bestimmen. „Es ist besonders schön, dass wir jetzt Radaraufnahmen von einem Objekt machen können, von dem wir auch gleichzeitig Fotos haben“, sagt Steve Ostro, Radarwissenschaftler beim Jet Propulsion Laboratory (JPL). Bis heute, so Ostro, ist das Radarinstrument nur dazu benutzt worden, die Oberfläche des wolkenbedeckten Saturnmondes Titan aufzunehmen. Die Oberfläche von Japetus ist leicht sichtbar. „Jetzt können wir lernen, wie man Radarbilder von einem eisigen Körper interpretieren kann. Bei Titan wissen wir, wegen seiner wolkigen Atmosphäre, oftmals nicht, was wir uns mit den Radargeräten eigentlich anschauen, aber bei Japetus werden wir das ganz genau wissen.“ Einige Ergebnisse dieser Analyse werden Mitte Oktober bei einer planetenwissenschaftlichen Konferenz in Orlando, Florida, präsentiert werden.
Update: Hier ein erstes Rohbild des Rückens, aufgenommen aus etwa 62.000 Kilometer Entfernung während der Annäherung an Japetus: