Cassini entdeckt dünne Atmosphäre um den Mond Dione

Der Saturnmond Dione ist von einer extrem dünnen Sauerstoffatmosphäre umgeben. Zu diesem Ergebnis kam ein internationales Wissenschaftlerteam, welches von der Raumsonde Cassini im Verlauf der letzten Jahre gesammelte Daten ausgewertet hat.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.

NASA, JPL, Space Science Institute
Die Einzelbilder für diese Falschfarbenaufnahme des Saturnmondes Dione wurden von der Raumsonde Cassini am 24. Dezember 2005 aus einer Entfernung von etwa 151.000 Kilometern angefertigt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Bereits im Sommer 2011 berichteten Wissenschaftler erstmals, dass der Saturnmond Dione anscheinend von einer extrem dünnen, hauptsächlich aus Sauerstoff bestehenden Atmosphäre umgeben ist. Zu diesem Resultat kamen die Wissenschaftler durch die Auswertung von Daten, welche durch die Raumsonde Cassini bei einem nahen Vorbeiflug an diesem viertgrößten Mond des Saturn am 7. April 2010 gesammelt werden konnten.

Die im Rahmen dieses Vorbeifluges gewonnenen Daten zeigten, dass Dione eine deutlich erkennbare Signatur im Magnetfeld des Saturn hinterlässt. Dieser Störeffekt, so die an der Auswertung beteiligten Wissenschaftler, ist nur dadurch erklärbar, dass der Mond von einer dünnen Exosphäre umgeben ist. Auch konnte eines der an Bord der Raumsonde befindlichen Spektrometer, das Cassini Plasma Spectrometer (CAPS), bei diesem Vorbeiflug ionisierte Sauerstoffmoleküle in der unmittelbaren Umgebung des Mondes nachweisen.

Allerdings war es mit den gesammelten Daten zunächst nicht möglich, nähere Aussagen über die Dichte und die genaue Zusammensetzung der Exosphäre zu tätigen. Um dies zu ändern wurde ein weiterer naher Vorbeiflug von Cassini an Dione für ergänzende Messungen genutzt. Bei diesem am 12. Dezember 2011 erfolgten Vorbeiflug passierte die Raumsonde Dione in einer Entfernung von lediglich 99 Kilometern und untersuchte den Mond dabei unter anderem auch mit seinem Ion and Neutral Mass Spectrometer (INMS).

Die Auswertung der durch die beiden Instrumente gesammelten Daten ergab jetzt, dass die Exosphäre von Dione über eine extrem geringe Dichte verfügt. Pro Kubikmeter sind lediglich rund 90.000 Sauerstoffionen vertreten. Damit fällt die Dichte der Exosphäre von Rhea etwa fünf Billionen mal geringer aus als die Dichte der irdischen Atmosphäre. Auf der Oberfläche von Dione herrscht eine „Atmosphärendichte“, welche mit der Dichte der Erdatmosphäre in einer Höhe von rund 480 Kilometern vergleichbar ist. Gleichzeitig fällt die Molekülmenge in der Exosphäre von Dione damit allerdings auch etwa 100 höher aus als die entsprechenden Molekülkonzentrationen bei dem Erdmond oder bei dem innersten Planeten unseres Sonnensystems, dem Merkur.

„Wir wissen jetzt, dass Dione zusätzlich zu den Ringen des Saturn und dem [ebenfalls über eine Exosphäre verfügenden] Mond Rhea eine der Quellen für die in der Umgebung des Saturn nachgewiesenen Sauerstoffmoleküle ist“, so Robert Tokar vom Los Alamos National Laboratory in den USA, einer der an der Cassini-Mission beteiligten Wissenschaftler und Erstautor der Studie, welche in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht wurde.
Der um Dione detektierte Sauerstoff, so die bisherige Erklärung, wird durch eine stetig erfolgende chemische Zersetzung von Wassereis freigesetzt. Geladene Partikel der Sonnenstrahlung und des Saturn-Magnetfeldes treffen demzufolge regelmäßig auf die Oberfläche von Dione, wo sie das dort abgelagerte Wassereis in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Allerdings wollen die Wissenschaftler auch untersuchen, ob eventuell geologische Prozesse auf der Oberfläche oder im Inneren des Mondes für die Freisetzung des Sauerstoffs infrage kommen könnten.

NASA, JPL, Space Science Institute
Die Oberfläche von Dione weist deutliche Spannungsspuren in der Eiskruste auf, was sich anhand sogenannter tektonischer Deformationen erkennen lässt. Dieses Bild wurde am 24. Juli 2006 aus einer Entfernung von rund 365.000 Kilometern aufgenommen.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

„Unsere Wissenschaftler waren sich zuvor nicht sicher, ob Dione über genügend Masse verfügt, um eine Exosphäre an sich zu binden. Die neuen Resultate zeigen uns jetzt allerdings, dass Dione weit interessanter ist als wir zuvor angenommen haben“, so Amanda Hendrix, die stellvertretende Projektleiterin der Cassini-Mission am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien. „Die Wissenschaftler werden jetzt die bisher von Dione gesammelten Daten noch weiter analysieren, um so noch mehr Details über diesen Mond zu erfahren.“
Dazu wird unter anderem auch die Auswertung der am 12. Dezember 2011 gewonnenen Daten des INMS-Spektrometers fortgesetzt. Dieses Instrument war maßgeblich an der Entdeckung einer vergleichbaren Exosphäre um den Mond Rhea, dem zweitgrößten Saturnmond, beteiligt. Durch einen Abgleich der verschiedenen Datensätze erhoffen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse darüber, ob außer Sauerstoff auch andere Moleküle – speziell Wasserstoffmoleküle – in der Dione-Exosphäre vertreten sind.

Aber auch bei zukünftigen Gelegenheiten werden die Planetenforscher neue Erkenntnisse über Dione gewinnen. Eine erste Gelegenheit dazu bietet sich bereits am 28. März 2012. An diesem Tag wird sich Cassini dem Mond um 06:07 MEZ bis auf eine Entfernung von knapp 44.000 Kilometern nähern.

Der am 21. März 1684 von dem italienischen Astronomen Giovanni Cassini entdeckte Mond Dione verfügt über einen mittleren Durchmesser von rund 1.123 Kilometern. Benannt wurde der Mond nach der Titanin Dione, der Mutter der Aphrodite, aus der griechischen Mythologie. Im Durchschnitt verläuft die Bahn von Dione in einer Entfernung von 377.000 Kilometern zum Saturn. Für einen Umlauf um den Planeten benötigt der Mond etwa 2,7 Tage. Dione besteht größtenteils aus Wassereis, dürfte allerdings über einen Kern aus Silikatgesteinen verfügen, welcher etwa ein Drittel der Gesamtmasse des Mondes ausmacht.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission im Auftrag des Direktorats für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

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