Am heutigen 15. November 2011 startet die Raumsonde Cassini ihren mittlerweile 158. Orbit um den Planeten Saturn. Während dieses erneut 18 Tage andauernden Umlaufs wird sich das Hauptaugenmerk der Raumsonde in erster Linie auf den Saturn richten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: CICLOPS, JPL.
Am heutigen 15. November 2011 wird die Raumsonde Cassini auf ihrer elliptischen Umlaufbahn um den Saturn erneut die Apoapsis, den Punkt ihrer größten Entfernung zum Saturn, erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Cassini in einer Entfernung von rund 2,38 Millionen Kilometern zu der obersten Wolkenschicht des Saturn und beginnt damit zugleich ihren mittlerweile 158. Umlauf um den Ringplaneten. Die Raumsonde wird sich auch in den kommenden sechs Monaten weiterhin auf einer Orbitbahn bewegen, welche fast genau auf einer Ebene mit der Ringebene des Saturn sowie den Umlaufbahnen mehrerer größerer Saturnmonde verläuft.
Wie bereits die vorherigen Umläufe wird auch der jetzt beginnende Orbit, er trägt die Bezeichnung „Rev 157“, von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern in erster Linie dazu genutzt werden, den Ringplaneten und den größten seiner 62 bisher bekannten Monde, den etwa 5.150 Kilometer durchmessenden Titan, mit verschiedenen Instrumenten zu untersuchen und aus unterschiedlichen Entfernungen mit der ISS-Kamera der Raumsonde abzubilden.
Für das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, eines von insgesamt 12 wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Cassini, sind während des 18 Tage dauernden Orbits insgesamt 17 Beobachtungskampagnen vorgesehen. Der überwiegende Teil dieser Beobachtungen wird dabei erneut das gewaltige Sturmgebiet zum Ziel haben, welches sich seit dem Dezember 2010 über der nördliche Hemisphäre des Saturn ausdehnt (Raumfahrer.net berichtete).
Die erste Beobachtungssequenz während des Orbits Nummer 158 wird allerdings den kleinen, äußeren Saturnmond Suttungr zum Ziel haben, welcher am 21. November von der ISS-Kamera über einen Zeitraum von rund acht Stunden aus einer Entfernung von etwa 17,3 Millionen Kilometern abgebildet werden soll. Über diesen erst im Herbst 2000 entdeckten und etwa sieben Kilometer durchmessenden Mond ist bisher außer den Daten seiner Umlaufbahn nur sehr wenig bekannt. Seine im Vergleich zu anderen Saturnmonden relativ hohe Dichte von etwa 2,3 Gramm pro Kubikzentimeter deutet darauf hin, dass er sich vermutlich aus Wassereis und einem hohen Gesteinsanteil zusammensetzt. Eventuell handelt es sich bei diesem Mond sogar um ein Bruchstück des Saturnmondes Phoebe, welches bei einem Impaktereignis aus der Oberfläche von Phoebe heraus getrennt wurde.
Anhand der Variationen in der sich bei der Beobachtung am 21. November ergebenden Lichtkurve soll die Rotationsperiode von Suttungr näher bestimmt werden. Diese Beobachtung ist Bestandteil einer langfristig angelegten Kampagne, in deren Verlauf mehrere der kleinen, äußeren Saturnmonde unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen aus mehreren Millionen Kilometern Entfernung abgebildet werden.
Trotz der großen Distanz zwischen den Monden und der Raumsonde kann Cassini bei derartigen Beobachtungen neben den Rotationsgeschwindigkeiten der Monde wertvolle Daten über deren Ausdehnung, die sich daraus ergebende Gestalt und die Neigung der Rotationsachsen gewinnen. Entsprechende Ergebnisse wurden erst Anfang Oktober 2011 auf dem EPSC-DPS Joint Meeting 2011, einem internationalen Kongress über Planetenforschung, im französischen Nantes präsentiert.
Am 23. November erfolgen mehrere kurze Beobachtungen des Saturn und des über der nördlichen Hemisphäre befindlichen Sturmgebietes. Hierbei sollen durch die Kameraaufnahmen weitere Daten über die gegenwärtige Ausdehnung des Sturmgebietes und die dort vorherrschenden Windgeschwindigkeiten gesammelt werden. Bis zum 30. November sind neun weitere Beobachtungen der nördlichen Saturnhemisphäre vorgesehen.
Ebenfalls am 23. November steht zudem der Saturnmond Titan auf dem Aufnahmeprogramm der ISS-Kamera. Aus einer Distanz von 2,03 Millionen Kilometern soll dabei die Fensal-Aztlan-Region im Äquatorbereich des Titan abgebildet werden, um eventuell zu diesem Zeitpunkt dort befindliche Wolkenstrukturen zu dokumentieren. Auch diese Beobachtungssequenz hat das Ziel, durch die Bestimmung der Windgeschwindigkeiten und Windrichtungen weitere Einzelheiten über die Dynamik des Wettergeschehens auf dem Titan zu entschlüsseln. Zusätzlich ist für diesen Tag eine kurze Zündung der Triebwerke der Raumsonde vorgesehen. Dieses als „Short Engine Burn 300“ bezeichnete Manöver dient einer notwendigen Kurskorrektur von Cassini.
Am 24. November wird die Raumsonde schließlich um 05:32 Uhr MEZ die Periapsis, den Punkt der größten Annäherung an den Saturn, während ihres 158. Orbits erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich Cassini 136.040 Kilometer über der obersten Wolkenschicht des Saturn befinden.
Am darauffolgenden Tag steht der sogenannte „G-Ring“ auf dem Beobachtungsprogramm von Cassini. Dieser Ring befindet sich in einem Abstand von etwa 172.000 Kilometern zum Zentrum des Saturn und verfügt über eine radiale Ausdehnung von bis zu 9.000 Kilometern. Während die Herkunft der Staubteilchen in den anderen den Saturn umgebenden Staubringen jeweils direkt mit einem der größeren Monde des Planeten in Verbindung gebracht werden konnte, gab der G-Ring den Wissenschaftlern in der Vergangenheit Rätsel auf, da in dieser Region kein Eismond den Saturn umkreist und als „Quelle“ für diesen Ring in Frage kommen kann.
In einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Science publizierten mehrere der an der Cassini-Mission beteiligte Wissenschaftler am 3. August 2007, dass der G-Ring durch die strahlungsbedingte Erosion größerer Eispartikel aus einer Region am inneren Rand des G-Rings gespeist wird. In dieser Region, dem so genannten „G-Ring arc“, befinden sich demzufolge wesentlich mehr und größere Eispartikel als im restlichen Bereich des Ringes. Dieser Ringbogen verfügt über eine Tiefe von mehreren hundert Kilometern und erstreckt sich über etwa ein Sechstel des Gesamtumfanges des G-Ringes. Durch eine Interaktion mit der Magnetosphäre des Saturn und gegenseitige Kollisionen der Eiskörner werden dabei Staubpartikel freigesetzt, welche zuvor in dem Eis gebunden waren, und driften anschließend in die äußeren Regionen des G-Ringes.
Die veränderte Größe der Eispartikel hat außerdem – sozusagen als Nebeneffekt – zur Folge, dass dieser Bereich des G-Rings in den Kameraaufnahmen des ISS-Experiments wesentlich heller erscheint als der Rest des Ringes. Die Herkunft dieser größeren Eispartikel im Ringbogen des G-Rings ist bisher noch nicht vollständig entschlüsselt. Allerdings meldete das Imaging Science Team der Raumsonde Cassini am 3. März 2009 die Entdeckung eines kleinen, lediglich etwa 600 Meter durchmessenden Mondes, welcher seine Bahn innerhalb dieses Ringes zieht und sich dabei im Zentrum dieses Ringbogens befindet (Raumfahrer.net berichtete). Aegaeon, so der Name des Mondes, wird seitdem als ein potentieller Materiallieferant für den Ringbogen des G-Rings angesehen.
Durch die permanent erfolgenden Einschläge von Mikrometeoriten, so die These der Wissenschaftler, wird Material aus der Oberfläche des Mini-Mondes herausgeschlagen und, begünstigt durch die geringe Gravitation auf der Oberfläche von Aegaeon, in das Weltall geschleudert. Die Eigengravitation des kleinen und entsprechend massearmen Satelliten ist nicht groß genug, um diese Partikel dauerhaft in dessen Schwerefeld zu binden. Stattdessen entweichen die Eis- und Staubpartikel aus dem Gravitationsfeld von Aegaeon und werden anschließend im Laufe der Zeit durch gravitative Wechselwirkungen mit anderen Saturnmonden – speziell mit dem Mond Mimas – und durch eine Interaktion mit der Magnetosphäre des Saturn über den gesamten G-Ring verteilt. In diesem Zusammenhang sind am gleichen Tag zudem Aufnahmen der Saturnmonde Aegeon, Pallene und Anthe vorgesehen.
Im Anschluss an die entsprechenden ISS-Aufnahmen wird der Saturnmond Thrymr in den Fokus der ISS-Kamera rücken. Das Ziel der Beobachtung dieses ebenfalls lediglich etwa sieben Kilometer durchmessenden Mondes ist identisch mit den vorherigen Beobachtungen des Mondes Suttungr am 21. November. Thrymr wird sich zum Beobachtungszeitpunkt etwa 14,8 Millionen Kilometer von Cassini entfernt befinden.
Am 27. November stellt dann erneut der Titan das Ziel der Beobachtungen dar. Im Rahmen einer 15-stündigen Beobachtungskampagne wird eines der Spektrometer an Bord der Raumsonde, das Composite Infrared Spectrometer (CIRS), zusammen mit der ISS-Kamera das Gebiet rund um die Regionen Shangri-La und Xanadu abbilden. Titan wird sich zum Zeitpunkt der geringsten Entfernung während dieser Beobachtung etwa 748.500 Kilometer von Cassini entfernt befinden. Auch diese Beobachtung dient der Dokumentation des Wettergeschehens auf dem größten Saturnmond.
Für den 29. November sind sogenannte astrometrische Beobachtungen von mehreren kleineren Saturnmonden vorgesehen. Das wissenschaftliche Ziel der dabei erfolgenden Abbildungen der Monde Pandora, Epimetheus, Pan, Aegaeon und Methone besteht darin, die bisher verfügbaren Daten über deren jeweilige Umlaufbahnen noch weiter zu verfeinern. Die entsprechenden Fotosequenzen werden allerdings durchweg aus größeren Distanzen angefertigt, so dass im Rahmen dieser Beobachtungen keine Oberflächendetails der jeweiligen Monde aufgelöst werden können.
Am 3. Dezember 2011 wird Cassini schließlich in einer Entfernung von rund 2,4 Millionen Kilometern zum Saturn erneut die Apoapsis erreichen und den 158. Orbit um den Ringplaneten beenden. Während des damit beginnenden Orbits Nummer 159 werden am 12. und 13. Dezember zwei gesteuerte Vorbeiflüge an den Monden Dione und Titan erfolgen. Außerdem wird sich das Augenmerk von Cassini erneut auf den Saturn richten, welcher dabei aus unterschiedlichen Entfernungen mit den verschiedenen Instrumenten untersucht werden wird.
Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission für das Direktorat für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.
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