Eugen Reichl ist langjähriger Mitarbeiter des Raumfahrtunternehmens EADS und dort als Verbindungsmann zwischen Technik und Wirtschaft tätig. In den vergangenen Jahren machte er im Motorbuchverlag schon mit Veröffentlichungen wie „Raumfahrt-Wissen“, oder „Das Raketentypenbuch“ als Sachbuchautor auf sich aufmerksam.
Ein Beitrag von Lars-C. Depka.
Diese kleine Reihe setzt er nun mit der Vorlage des 127-seitigen, reich bebilderten Paperbacks „Typenkompass Space Shuttle seit 1976“ fort, in dem Reichl Basiswissen zur Modellgeschichte, technische Daten, Fakten und sonstige wichtige Informationen zu den Space Shuttles auf einen Blick zusammenfasst. Ergänzt werden seine Angaben durch systematische Kurzbeschreibungen mit Angaben zur Entwicklung und Varianten, sowie Missionsbeschreibungen.
Auch nach mehr als 30 Jahren aktivem Dienst sind die amerikanischen Space Shuttles nach wie vor das populärste Thema in Bezug auf die bemannte Raumfahrt und haben in der Zeit kaum etwas von ihrem technologischen Nimbus verloren. Nicht zuletzt jedoch durch die verheerenden Unglücksfälle der Challenger und Columbia ist der Weiterbetrieb der verbliebenen Shuttles nur noch bis Mitte des Jahres 2010 gewährleistet. Grund genug vielleicht für die jetzt vorgestellte Reminiszenz an ein Stück neuzeitliche Technologiegeschichte.
In vier Kapiteln von „Der Space Shuttle“, „Die Shuttles im Detail“ über „Mission zur ISS“ bis hin zum „Shuttle Drama“ nimmt der Autor den interessierten Leser mit auf einen detaillierten Blick hinter die Kulissen und schildert profund und nuanciert Abläufe in Vorbereitung, Durchführung und Anschluss einer Shuttlemission.
Wesentlichen Raum nehmen in diesem Zusammenhang die Schilderungen rund um die Mission STS120 mit Pamela Melroy als Kommander und der Reparatur der ISS-Sonnensegel ein. Unterstrichen wird das Informationsangebot durch den reichlichen Einsatz von Bildmaterial, fast ausnahmslos farblich, mitunter beeindruckend, in manchem Fall selten und vielfach spektakulär. Wie auch die Vorstellung der Shuttlefamilie von ihren frühesten Planstadien zu den tatsächlich verwirklichten Modellen und einigen der breiten Öffentlichkeit bisher vielleicht noch nicht so bekannten Mitgliedern. Zwischendurch überrascht Reichel kurzzeitig mit einem Wechsel im Erzählstiel von der nüchternen Betrachtung der Daten und Fakten hin zum fast schon Belletristischen.
Ein durch den Autor unternommener Blick en detail hat zur (unvermeidlichen) Folge, dass sich der Leser häufig mit Abkürzungen – sämtlich erklärt – aber mitunter jedoch in dichter Abfolge vorkommend, auseinander setzten muss, was den Lesefluss nachhaltig stocken lassen kann. Wer also bis heute meinte, die deutschen Amtsstuben hätten die Abkürzungen zur Kunstform erhoben, wird über den AKÜFI (Abkürzfimmel) und die Kreativität nationaler wie internationaler Raumfahrtingeneure staunen, selbst die kleinsten Detaillösungen noch mit kryptischen Kürzeln zu versehen.
Insbesondere demjenigen, dessen gesteigertes Interesse auch der kleinsten Fragilität des Shuttles gilt, mag vielleicht die eine oder andere Schnittzeichnung oder Übersichtskarte zu klein geraten, und daher in der Beschriftung etwas schwer zu lesen sein, bei einer Erscheinungsgröße von 20,5 cm jedoch ein Kompromiss, den man in Kauf nehmen muss. Nicht in Kauf nehmen müssen sollte man als Leser allerdings den einen oder anderen dem Motorbuch Verlag im vorliegenden Rezensionsexemplar offenbar entgangenen Druckfehler. Alles in allem bietet der Typenkompass jedoch überraschend unterhaltsame und informative Hintergrundeinblicke in noch immer eines der größten technischen Abenteuer der Menschheit und bietet sich daher als kurzweilige Lektüre nicht nur dem technikbegeisterten Spezialisten an.
Typenkompass Space Shuttle
Autor: Eugen Reichl
Erschienen im Motorbuch Verlag
127 Seiten, Paperback
ISBN 978-3-613-03007-7