Der Exoplanet Gliese 581d galt bislang als zu weit entfernt von seinem Stern, um in der habitablen Zone zu liegen. Neue Klimamodelle zeigen jedoch, dass die Chancen besser sind als bislang gedacht.
Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: Arxiv.org:1105.1031. Vertont von Peter Rittinger.
Gliese 581 ist das wohl meist beachtete Exoplanetensystem überhaupt. Seit einigen Jahren lösen sich die Planeten dieses Systems ab, wenn es darum geht, wo am wahrscheinlichsten flüssiges Wasser existieren könnte. Zunächst galt Gliese 581c als Kandidat, aber inzwischen neigen viele Forscher dazu, ihn als zu nah am Stern Gliese 581 und damit als zu heiß einzuschätzen. Vor wenigen Monaten galt dann plötzlich der etwas weiter außen kreisende Planet Gliese 581g als Favorit. Das Problem dabei ist allerdings, dass die Existenz dieses Planeten extrem unsicher ist. Der Orbit von Gliese 581d ist noch größer, so dass dieser Planet nicht mehr innerhalb der klassischen habitablen Zone liegt. Er erhält etwa 30% weniger Strahlung als der Mars in unserem Sonnensystem und sollte daher zu kalt sein. Neue Modellberechnungen zeigen aber, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Temperaturen dennoch hoch genug sein können.
Das französische Team um Robin D. Wordsworth hat eine Reihe von Modellen durchkalkuliert. Für die Masse des Planeten nahmen sie acht Erdmassen an. Aufgrund der unbekannten Inklination (angenommen wurden 60°) des Orbits zur Sichtachse ist dies lediglich eine wahrscheinliche Abschätzung, aber kein sicherer Wert. Da die große Halbachse des Orbits lediglich 0,22 Astronomische Einheiten beträgt (22% des Erdorbits), ist es wahrscheinlich, dass Gliese 581d den Stern in gebundener Rotation umläuft. In der Studie wurden allerdings auch Fälle von zwei oder zehn Umdrehungen pro Jahr untersucht.
Von Bedeutung sind vor allem die Zusammensetzungen des Planeten und der Atmosphäre. Für den Planeten wurden zwei Modelle diskutiert: zum einen ein Felsplanet (vom Aufbau vergleichbar mit der Erde, nur größer) mit einem Durchmesser, der 1,8 Erddurchmessern entspricht und zum anderen eine Wasserwelt, die vor allem aus Wassereis besteht und durch die geringere Dichte 2,3 Erddurchmesser hätte. Der Durchmesser ist von Bedeutung, weil bei gleicher Masse von ihm die Oberflächengravitation abhängt, die wiederum den Atmosphärendruck beeinflusst. Je kleiner der Planet, umso höher die Gravitation und umso höher der Druck der Atmosphäre (sofern die Gasmenge identisch ist). Für die Atmosphäre wurden Modelle mit Drücken von 5, 10, 20 und 30 bar verwendet. Die Zusammensetzung wurde als reine Wasser/Kohlenstoffdioxid-Atmosphäre angenommen. Weitere Treibhausgase wie Methan würden die Temperatur noch weiter nach oben treiben.
Die Ergebnisse dieser Simulation stimmen optimistisch. Bei einem Felsplaneten könnten 10 bar bereits ausreichen, um die Temperatur über den Gefrierpunkt steigen zu lassen. Bei 20 bar wird dies definitiv erreicht – auch bei einer Wasserwelt. Die Tageslänge hat dabei übrigens nur einen kleinen Einfluss. Die dichte Atmosphäre verteilt die Temperatur global auf einem ähnlichen Niveau. Dies ist vergleichbar mit der Venus, die auch trotz extrem langer Tage ein minimales Temperaturgefälle hat.
Die entscheidende Frage ist also, ob eine solche Atmosphäre mit mehr als 10 bar Kohlenstoffdioxid-Partialdruck realistisch ist. Um dies festzustellen ist ein Vergleich mit bekannten Planeten sinnvoll. Je nach tatsächlicher Größe von Gliese 581d entspricht dieser Druck 4-6 bar auf Erde oder Venus. Verglichen mit der Venus, die fast 90 bar Kohlenstoffdioxid-Partialdruck erreicht ist das also leicht erreichbar. Auch die Erde verfügt über ein großes Reservoir, dass allerdings durch biologische Aktivitäten sowie den geologischen Karbonat-Silikat-Zyklus großteils gebunden ist.
Eine große Unbekannte ist das Verhalten des Sterns Gliese 581 in seiner Entwicklung. Solche M-Sterne neigen zu massiven Strahlungsausbrüchen, die die Atmosphäre des Planeten ins All geblasen haben könnten. Außerdem kann es sein, dass die Atmosphäre vor allem aus Wasserstoff und Helium besteht (vergleichbar mit Neptun und Uranus). In diesem Fall wäre flüssiges Wasser nahezu auszuschließen.
Es gibt allerdings die Hoffnung, mit besseren Instrumenten anhand der Infrarot-Abstrahlung des Planeten diese Frage klären zu können. Je stärker der Treibhauseffekt ist, umso gleichmäßiger ist die globale Temperaturverteilung und umso geringer sind die Schwankungen in der Stärke der Infrarotstrahlung in Richtung der Erde während eines Orbits. Derzeit sind solche Messungen noch nicht möglich, aber durch die geringe Entfernung von etwa 20 Lichtjahren sind sie prinzipiell einfacher als bei den meisten anderen Exoplaneten realisierbar und könnten in einigen Jahren durchgeführt werden.
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