Bislang galt als sicher, dass sich in den Staubscheiben rund um gescheiterte Sterne – sogenannte Braune Zwerge – keine terrestrischen Planeten bilden können. Neue Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array ALMA könnten diese Annahme widerlegen.
Ein Beitrag von Stefan Heykes. Quelle: ESO.
Allgemein wird angenommen, dass sich terrestrische Planeten durch zufällige Zusammenstöße und darauf folgendes Zusammenkleben von Staubteilchen bilden. Durch fortgesetztes Verschmelzen wachsen diese Teilchen immer weiter an, bis sie sich schließlich zu Felsplaneten zusammenfügen. Basis für diesen Prozess sind Staubscheiben um junge Sterne.
Braune Zwerge sind Objekte, die zu klein für einen Stern sind. Ihre Masse reicht nicht aus, um Wasserstoff zu fusionieren, allerdings können sie vorübergehend andere Fusionsreaktionen durchführen. Daher leuchten sie sehr schwach aus eigener Kraft. Wenn Braune Zwerge Staubscheiben besitzen, dann sollten diese theoretisch nur sehr dünn sein und aus feinem Staub bestehen. Somit würden sie keine relevante Körnchenbildung zeigen. Falls sich diese doch bilden sollten, würden größere Staubkörner nach klassischer Theorie schnell zum Braunen Zwerg hingezogen und von diesem verschluckt werden.
Mit ALMA wurde nun der Braune Zwerg ISO-Oph 102 ins Visier genommen. Dieser ist mit 6% der Sonnenmasse ein typischer Vertreter seiner Art. Das immer noch in Bau befindliche ALMA bietet das höchste räumliche Auflösungsvermögen, das derzeit verfügbar ist. Die neuen Beobachtungen von ALMA passen jedoch nicht zur klassischen Theorie. ISO-Oph 102 besitzt eine relativ dichte Staubscheibe, die viel mehr der von normalen Sternen ähnelt, als der Staubscheibe eines gewöhnlichen Braunen Zwergs. Unter Anderem konnte in der Staubscheibe auch Kohlenmonoxid nachgewiesen werden, das bislang nur von stellaren Staub- und Gasscheiben bekannt war.
Auch die Staubkörner selbst sind überraschend. Die Größe von Staubkörnern lässt sich relativ leicht bestimmen. Sie strahlen fast nur Elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen bis zu ihrem eigenen Durchmesser ab. Im Bereich oberhalb ihres Durchmessers sind die Staubkörnchen also nicht mehr zu detektieren. Erwartet wurde daher, dass die Staubscheibe im Submillimeterbereich gut zu sehen ist, im Millimeterbereich aber fast verschwindet. Verwendet wurden dazu ALMAs Empfänger für Wellenlängen von 0,89 mm und 3,2 mm. Dieser Abfall war so allerdings nicht festzustellen. Es finden sich also auch deutlich größere Staubkörnchen als erwartet in der Scheibe. Somit laufen offensichtlich genau die Akkretionsprozesse ab, die in der Umgebung eines solch leichten Objekts nicht erwartet wurden.
Diese überraschenden Ergebnisse werfen neue Fragen auf. Kann sich sogar ein ganzer Planet in einer solchen Staubscheibe bilden? Hat sich in diesem Fall vielleicht sogar schon ein solcher Planet gebildet? Möglicherweise kann ALMA selbst diese Fragen beantworten, sobald es 2013 fertig gestellt wird.
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