Die Gelegenheit schien verlockend: Als Passagier einer Mars-Sonde konkurrenzlos günstig zum Roten Planeten zu fliegen, sich so kurz wie möglich vor der Ankunft vom „Mutterschiff“ abkoppeln und es nach der Landung auch noch als Relais-Station für die Kommunikation mit der Erde nutzen – derartig seltene Gelegenheiten können einen Forscher vom Schlage des Beagle 2-Projektleiters Prof. Colin Pillinger nicht kalt lassen, der von Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn an auf eine Chance hoffte, vor Ort auf dem Roten Planeten nach Spuren primitiver Lebensformen zu suchen.
Autor: Michael Stein
Allerdings waren die Rahmenbedingungen alles andere als ideal: Es fehlte zunächst schlicht und ergreifend an Geld, so dass Colin Pillinger nur durch extremen persönlichen Einsatz und eine zuvor bei derartigen Missionen nicht gekannte Mobilisierung der Öffentlichkeit am Ende doch noch die erforderlichen Mittel für Beagle 2 zusammenbrachte – so bewilligte die ESA eher widerstrebend aus ihrem Budget einen zweistelligen Millionenkredit für diese Mission. Noch heute gibt es Gerüchte, wonach sich aufgrund dieser Entscheidung der Baubeginn der zweiten Deep Space-Bodenstation der ESA in Spanien soweit verzögerte, dass sie in den ersten beiden Jahren der Mission noch nicht zur Verfügung steht und dadurch die Menge der wissenschaftlichen Daten, die von dem Orbiter Mars Express zur Erde übermittelt werden können, deutlich reduziert ist.
Auch die für den Lander zur Verfügung stehende Masse war unglaublich gering, so dass Beagle 2 auf fast alles verzichten musste, was das Risiko der Mission gesenkt hätte: Beinahe sämtliche Beagle 2-Systeme konnten deshalb nicht redundant ausgelegt werden, auch die primitivste Datenkommunikation mit der Erde während der extrem riskanten Landephase war nicht möglich, und an einen „Luxus“ wie Bremsraketen, die den Aufprall des Landers auf dem Marsboden deutlich sanfter hätten gestalten können, war überhaupt nicht zu denken.
Ein weiterer Schwachpunkt der Mission war das sehr geringe Zeitbudget: Für die Entwicklung und vor allem den Test der Systeme stand nur wenig Zeit zur Verfügung, was in Verbindung mit den schlechten finanziellen Bedingungen eine ungute Melange darstellte. So musste beispielsweise wenige Monate vor der ursprünglich für Januar 2003 geplanten Übergabe des Landers an die ESA ein komplett neuer Landefallschirm entwickelt werden, weil der zunächst für die Verwendung vorgesehene Bremsfallschirm sich als unterdimensioniert herausgestellt hatte – Beagle 2 wäre nicht ausreichend abgebremst worden und mit zu hoher Geschwindigkeit auf dem Mars aufgeschlagen. Trotz aller Eile konnte der Lander erst mit einigen Wochen Verspätung an die ESA übergeben werden, um mit Mars Express zusammengebracht zu werden.
Ursachenforschung
Bei einem Treffen des Missionsmanagements am 6. Februar ist Beagle 2 schließlich offiziell für verloren erklärt worden, nachdem auch wiederholte Kontaktversuche im Januar mit Hilfe von Mars Express ohne jeden Erfolg geblieben waren. Am vergangenen Mittwoch wurde die Einsetzung einer ESA-Untersuchungskommission bekannt gegeben, die sowohl technologische als auch organisatorische Versäumnisse und Fehler bei der Durchführung der Beagle 2-Mission ergründen soll. Als Vorsitzender der Untersuchungskommission wurde ESA-Generalinspekteur René Bonnefoy ernannt, sein Stellvertreter wird David Link von EADS-UK sein.
Erschwert wird die Ursachenforschung dadurch, dass (anders als bei den amerikanischen Mars-Rovern) während des Landevorgangs keinerlei Telemetriedaten von Beagle 2 gesendet worden sind, die man hätte auswerten können – seit der Trennung des Landers von Mars Express am 19. Dezember flog Beagle 2 stumm auf den Mars zu. Aber schon jetzt ist klar, dass der Verzicht auf redundante Systeme an den meisten kritischen Stellen in Verbindung mit einem enormen zeitlichen Druck bei Entwicklung und Test des Landers das Gesamtrisiko der Mission auf ein eigentlich kaum zu vertretendes Niveau angehoben haben. Wieder einmal hat sich – leider – bewahrheitet, dass ein derartig extremes Geschäft wie die Raumfahrt ein vernünftiges Maß an Redundanz und Sicherheitsmargen erfordert, wenn es nicht zum reinen Glücksspiel werden soll; von beidem war bei Beagle 2 offensichtlich nicht genug vorhanden.
Was immer als Ergebnis der Untersuchungskommission herauskommen wird: Letztendlich könnte eine der Lehren von Beagle 2 sein, dass auch eine vermeintlich günstige Mission allen Beteiligten teuer zu stehen kommen kann – auch 50 oder 60 Millionen Euro bleiben viel Geld für eine gescheiterte Mission, von der durch unzählige Forscher und Ingenieure in dieses Projekt investierten Arbeit ganz abgesehen.
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