Auf nach Europa

Der Jupiter-Mond Europa ist genauso weit weg wie sonst – doch Wissenschaftler fühlen sich dem Jupiter-Mond näher denn je. Grund dafür ist eine neue Studie, welche der aktuellen Technologie bescheinigt, eine Europa-Mission durchzuführen.

Ein Beitrag von Martin Ollrom. Quelle: Washington Universität.

„Wir haben sehr viel über Europa in den vergangenen Jahren gelernt“, meint William B. McKinnon, der Professor an der Washington-Universität in St. Louis ist. „Früher waren wir uns nicht ganz sicher, ob es sich um Ozeane auf der Mondoberfläche handelt. Mittlerweile hat sich aber eine beachtliche Wissenschafts-Community gebildet, die den Mond als spannendes Forschungsobjekt im Sonnensystem aufgeschnappt hat. Diese kann mit hoher Sicherheit sagen, dass es sich um Ozeane handelt. Außerdem sind wir nun bereit für den nächsten Schritt: die Erforschung der Ozeane und der Eisschale, welche die Ozeane überlagert. Wir haben eine Mehrzahl neuer Entdeckungen und Techniken, die uns helfen, diese Untersuchungen durchzuführen.“

NASA
Die mögliche Chronologie der Europa-Erforschung.
(Bild: NASA)

Konkret spricht McKinnon eine unbemannte Mission zu Europa an, welche er dem Fachpublikum auf einem Meeting der American Geophysical Union in San Francisco vorstellte. Unterstützung bekam McKinnon von seinen Kollegen Donald Blankenship (Universität in Texas) und Peter Doran (Universität in Chicago). McKinnon hatte auch schon eine konkrete Vorstellung der Anforderungen an die Ausstattung einer solchen Mission. Gleichzeitig berichtete er über mögliche Untersuchungsmethoden. Zur Untersuchung und zur Charakterisierung der Ozeane auf der Oberfläche empfiehlt McKinnon kombinierte Messungen von Gravitation und magnetischem Feld, die aus dem Orbit um Europa gemacht werden. Anhand der magnetischen Variationen und des Verhaltens des Magnetfeldes können die Forscher feststellen, wie dick oder dünn das Eis über dem Ozean ist. Zusätzlich lässt sich herausfinden, wie salzig die Substanz, die den Ozean bildet, ist. Aktuelle Studien zeigen, dass die Strahlung auf Europa zwei- bis dreimal schwächer als angenommen ist. Dieser Umstand macht den Mond lebensfreundlicher als bisher angenommen und eröffnet auch bei den Wissenschaftlern neue Visionen. Zum Beispiel wäre unter diesen Umständen eine Erkundungsmission in Form eines Landers oder Rovers durchaus denkbar und machbar.

Wie kamen die Forscher an diese interessanten, neuen Daten? Die Antwort ist/war für viele bereits klar! Sie lautet „Galileo“. Eine der berühmtesten unbemannten Missionen, welche den Jupiter und sein gesamtes Mondsystem zum Ziel hatte. Die Daten dieser Mission, die 2003 nach mehreren Missionsverlängerungen endgültig beendet wurde, beschäftigt die Wissenschaft heute noch. Die neuen Möglichkeiten der heutigen Technik, entlocken den alten Informations- und Bildmaterialien nach wie vor so manches Geheimnis. Durch Sichtung der Galileo-Missionsinformationen konnten die Forscher eine klare Struktur der chemischen Zusammensetzung der Europa-Oberfläche gewinnen. Sie erstellten aus diesen Informationen eine Karte, in welcher Kohlendioxid eingezeichnet ist. Kohlendioxid ist ein wichtiger Indikator für eine hohe Lebensfreundlichkeit eines Himmelskörpers. Mit großer Wahrscheinlichkeit kommt dieses Kohlendioxid vom Ozean unter der Oberfläche. Untersuchungen aus dem Orbit von Europa mit Geräten, die speziell auf diese Mission abgestimmt sind, könnten Dinge ans Tageslicht bringen, die Galileo nicht fand beziehungsweise wegen seiner Ausstattung nicht finden konnte.

Vorbild Cassini
Egal in welcher Form eine zukünftige Mission zu Europa nun verwirklicht wird, man kann so oder so auf wichtige Erfahrungen der aktuellen Cassini-Mission zurückgreifen. Gerade die aktuellen Funde von Geysiren auf dem Saturnmond Enceladus gibt den Forschern Hoffnungen, mit der Suchtechnik auch auf Europa erfolgreich zu sein. Gewisse Ähnlichkeiten stellt auch McKinnon in den Vordergrund: „Europa ist ein junger, geologisch aktiver Himmelskörper – genauso wie Enceladus.“ Galileo sah solche Geysire oder ähnliche geologische Aktivitäten auf Europa nicht, hatte aber auch nicht die idealen Geräte, um so etwas zu finden. „Nun wissen wir, wonach wir überhaupt suchen müssen“, meint McKinnon und fügt hinzu: „Wir erwarten jedoch das Unerwartete.“ Neue Radartechniken sollen dabei helfen.

„Es gab schon unzählige Theorien wie dick/dünn die Eisschicht über den Ozeanen ist. Nun haben wir die technologische Möglichkeit, es mit Radar zu messen“, schwärmt Blankenship. „Es wurde von Mars Express bewiesen, welcher mit seinen Geräten den Nordpol des Mars´ untersuchte. Zusätzlich sehen wir die Effizienz dieser Technik auch mit dem hochauflösenden Radar am Mars Reconnaissance Orbiter. Die Radarmessungen können uns einen detaillierten Querschnitt der Eisschale auf Europa geben.“

Bei all dem Optimismus der Wissenschaft bleibt nach wie vor ein großer Wermutstropfen. Die Wissenschaft beziehungsweise die Technik ist wieder einmal weit vor der Realisierung. Eine Landemission ist in sehr weiter Zukunft, noch nicht mal als Machbarkeitsstudie der NASA präsent. Die Wissenschaftler sind sich jedoch einig: in der Zwischenzeit könnte bereits ein Blick aus dem Europa-Orbit den Wissensdurst der Wissenschaft befriedigen. Doch selbst dafür, müssen sie noch kämpfen…

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