Die ESA-Mission Gaia veröffentlicht den ersten Teil des dritten Datenkatalogs (EDR3) basierend auf Daten aus einem Beobachtungszeitraum von 34 Monaten. Er umfasst genaueste Messungen der Positionen und Helligkeiten von 1,8 Milliarden Objekten am Himmel. Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) ist maßgeblich an der Auswertung dieser Daten beteiligt und eines der Gaia-Daten-Partnerzentren, die das gesamte Gaia-Archiv bereitstellen. Eine Information des AIP.
Quelle: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP).
Das Weltraumteleskop Gaia misst grundlegende Eigenschaften von Sternen und anderen Himmelsobjekten mit einer unerreichten Genauigkeit. Mit seiner umfangreichen Himmelsdurchmusterung liefert es Beobachtungsdaten, anhand derer eine enorme Bandbreite zentraler Fragen in verschiedenen Gebieten der Astrophysik beantwortet werden kann. Im Vordergrund steht dabei die Erforschung der Struktur und Entwicklungsgeschichte unserer Galaxie.
„Gaia-Kataloge werden die Referenzdatenbank der kommenden Generationen von Astrophysikerinnen und Astrophysikern sein. Bereits jetzt werden pro Tag circa fünf wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht, die auf Gaia-Daten basieren. Gemessen an den Publikationen ist es die erfolgreichste astrophysikalische Mission aller Zeiten“, erklärt Dr. Katja Weingrill, Leiterin des Gaia-Projekts am AIP.
Die aktuelle Veröffentlichung beinhaltet Daten, die zwischen dem 25. Juli 2014 und dem 28. Mai 2017 und damit über 34 Monate gesammelt wurden. Zum Vergleich: Die zweite Datenveröffentlichung basierte auf Daten aus 22 Monaten und die erste auf Beobachtungen, die Gaia während der ersten 14 Monate der routinemäßigen Betriebsphase von Gaia sammelte.
Die 1,8 Milliarden Objekte des neuen Gaia-Katalogs umfassen hauptsächlich Sterne der Milchstraße, aber auch entfernte Galaxien und Quasare, sowie näher gelegene Objekte unseres Sonnensystems. Die Messungen aus 12 zusätzlichen Beobachtungsmonaten erhöhen nicht nur die Anzahl der Katalogobjekte; das Besondere ist vielmehr die unglaubliche Präzision der Messungen. Die Genauigkeit der Parallaxen – und damit ihrer Entfernungsbestimmung – konnte um 30 Prozent gesteigert und die Genauigkeit der Bewegungen der Sterne über den Himmel im Vergleich zum letzten Katalog sogar verdoppelt werden. Dies ist auch möglich, da Gaia EDR3 auf einer größeren Anzahl von Beobachtungen beruht und die Zeitdifferenz zwischen der ersten und der letzten Beobachtung größer ist.
Um die überwältigende Menge an Daten zu verarbeiten, wurde ein Konsortium von mehr als 500 Forschenden und Software-Entwicklerinnen und -entwicklern gebildet: das Data Processing and Analysis Consortium (DPAC). Das Gaia-Team am AIP beteiligt sich im DPAC mit drei Arbeitspaketen: an der Datenreduktion mit der Hintergrundkorrektur der Gaia-Spektren und einer Pipeline zur Auswertung von Daten besonders dichter Himmelsregionen, wie auch zu der wissenschaftlichen Nutzung der Daten durch Bereitstellung des öffentlichen Archivs.
Zusammen mit dem Sternenkatalog veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DPAC vier Demonstrations-Publikationen, die das Potential der neuen Gaia-Daten veranschaulichen. Eine davon ist unter Mitwirkung des Gaia-Teams am AIP entstanden und befasst sich mit den Magellanschen Wolken: zwei benachbarte Galaxien, die die Milchstraße umkreisen. So ist es mithilfe der Gaia EDR3 Daten erstmals gelungen, die Sternpopulationen der großen Magellanschen Wolke in verschiedene Altersklassen – von 50 Millionen Jahren jungen bis zu mehreren Milliarden Jahren alten Sternen – einzuteilen und getrennt zu studieren. Dabei ließ sich zeigen, dass die jüngeren Sterne das Zentrum der Großen Magellanschen Wolke schneller umlaufen. Auch eine Bewegung vor allem der jungen Sterne in der Brücke, die die beiden Galaxien verbindet, auf die große Magellansche Wolke zu, konnte zum ersten Mal nachgewiesen werden.
Wie bei früheren Veröffentlichungen werden die Gaia-Daten über das Gaia-Archiv zur Verfügung gestellt. Das AIP ist als eines der vier Daten-Partnerzentren innerhalb des Gaia-Konsortiums dafür zuständig, Forschenden und allen Interessierten die Arbeit mit den wertvollen Beobachtungen zu ermöglichen. Dr. Harry Enke, verantwortlich für das AIP Gaia Archiv, erklärt: „Die benutzerfreundliche Schnittstelle der Webseite gaia.aip.de ermöglicht es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt, flexibel auf die von ihnen benötigten Daten zuzugreifen, sie zu filtern und zu verarbeiten. Sie bietet Dienste wie direkte SQL-Abfragen, Suchfunktionen, freien Speicherplatz für Resultate von Benutzerabfragen und einen auf dem Virtuellen Observatorium basierenden programmierbaren Zugang über Skripte, sowie zusätzliche Sternkataloge und Tabellen, die eine Kreuzidentifikation der Objekte ermöglichen.“
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