Astronomen finden den ersten erdähnlichen Planeten in der bewohnbaren Zone um seinen Zentralstern.
Ein Beitrag von Igor Bissing und Karl Urban. Quelle: ESO.
Der entdeckte Planet hat einen nur um die Hälfte größeren Durchmesser als die Erde und verfügt möglicherweise über fließendes Wasser. Mithilfe des 3,6 Meter großen ESO-Teleskops hat das schweizerisch-französisch-portugiesische Team die Supererde – etwa fünfmal schwerer als unser Heimatplanet – in der Umlaufbahn um einen roten Zwerg entdeckt. In diesem System war bereits ein neptungroßer Himmelskörper bekannt und es gibt starke Indizien für das Vorhandensein eines dritten Planeten mit der achtfachen Erdmasse.
Dieser Exoplanet – so bezeichnen Astronomen Planeten um andere Sterne als unsere Sonne – ist der kleinste bisher gefundene. Er umrundet seinen Heimatstern in 13 Tagen und ist seinem Zentralstern 14 mal näher als die Erde unserer Sonne. Doch ist das Zentrum des Systems der rote Zwerg Gliese 581. Er ist kleiner und kälter als unsere Sonne – also auch leuchtschwächer. Deswegen liegt der Planet, trotz der kurzen Distanz, in der lebensfreundlichen Zone, einer Region um den Stern, wo Wasser flüssig sein kann. Der Planet bekam den Namen Gliese 581 c.
„Wir schätzen, dass die Durchschnittstemperatur dieser Supererde zwischen 0 und 40 Grad Celsius liegt. Wasser sollte also flüssig sein“, erklärt Stephan Udry vom Observatorium in Genf (Schweiz), Hauptautor der Veröffentlichung. „[…] Die Modelle sagen voraus, dass der Planet weder – wie unserer – über große Kontinente verfügt, noch vollständig von Wasser bedeckt ist.“
„Flüssiges Wasser ist, soweit wir es wissen, für das Leben essenziell“, gesteht Xavier Delfosse, ein Teammitglied von der Universität in Grenoble (Frankreich). „Aufgrund seiner Temperatur und der Nähe zu uns, wird dieser Planet höchstwahrscheinlich ein wichtiges Ziel für zukünftige Missionen auf der Suche nach außerirdischem Leben sein. Dieser Planet ist auf der Schatzkarte des Universums mit einem X zu markieren.“
Der Heimatstern Gliese 581 ist einer der hundert uns nächstliegenden und liegt 20,5 Lichtjahre entfernt im Sternzeichen Waage. Er verfügt nur über ein Drittel der Masse unserer Sonne. Solche roten Zwerge sind in der Regel rund 50 mal leuchtschwächer als die Sonne und der häufigste Sternentyp unserer Galaxie: Unter den 100 sonnennächsten Sternen gehören 80 zu dieser Klasse.
„Die roten Zwerge sind das ideale Ziel für eine Suche nach massearmen Planeten mit flüssigem Wasser. Da sie weniger Licht emittieren, ist die „bewohnbare Zone“ – in der Wasser flüssig bleibt – viel näher an dem Stern, als dies bei der Sonne möglich wäre“, betont Xavier Bonifils, ein Teamkollege von der Universität in Lissabon. Planeten, die so nah der Sonne liegen, sind außerdem leichter mit dem Doppler-Effekt, der derzeit erfolgreichsten Methode, zu entdecken. Dabei wird ausgenutzt, dass das elektromagnetische Spektrum des Sterns durch die ihn umlaufenden Planetenmassen beeinflusst wird. Gliese 581 eiert leicht auf seiner Bahn, bewegt sich also entweder auf den Beobachter auf der Erde zu oder von ihm weg. Bei einer Hinbewegung sind nun die gemessenen Spektrallinien leicht in den roten (energieärmeren) oder blauen (energiereicheren) Bereich des Spektrums verschoben.
Vor zwei Jahren hatte dasselbe Team bereits einen Planeten um Gliese 581 entdeckt. Mit einer 15-fachen Erdmasse (ungefähr gleich der Masse des Neptuns), umrundet er seinen Heimatstern in 5,4 Tagen. Schon damals wiesen die gemessenen Ausschläge des Sterns auf andere Planeten hin. Die Wissenschaftler unternahmen daraufhin weitere Messungen und entdeckte die neue Supererde, mit weiter vorhandenen Anzeichen für einen zusätzlichen, acht Erdmassen schweren Planeten, der den Stern in 84 Tagen umrundet. Somit umfasst das Planetensystem um Gliese 581 nicht weniger als drei Planeten, jeweils 15 Erdmassen oder leichter.
Die Entdeckung wurde mit dem Instrument HARPS gemacht (High Accuracy Radial Velocity for Planetary Searcher), dem heute präzisesten Spektrographen. Er befindet sich an einem 3,6 Meter großen Teleskopspiegel der europäischen Südsternenwarte in La Silla, Chile, und ist in der Lage, Geschwindigkeitsschwankungen von 3,6 km/h in der Bewegung des Sterns über Verschiebungen im Spektrum zu messen.