Nach mehreren Demonstrationstagen war es am 3. April 2008 endlich so weit: Das ATV Jules Verne dockte erfolgreich an der ISS an.
Ein Beitrag von Daniel Schiller. Quelle: ESA.
Nachdem bei den beiden vorherigen Demonstrationstagen mehrere Not- und Sicherheitsmanöver während verschiedener Anflugphasen getestet wurden, wurde gestern ein nominaler Anflug bis zum endgültigen Andocken durchgeführt. Die stufenweise Annäherung dauerte ca. vier Stunden. Während kurzzeitiger Stopps an verschiedenen Haltepunkten wurden die Systeme jedesmal erneut geprüft, bevor der Weiterflug eingeleitet wurde. „Capture“ am russischen Swesda-Modul erfolgte um 16:45 Uhr MESZ, 340 km über russischem Territorium, um direkten Kontakt zu russischen Bodenstationen sicherzustellen.
Für die einzelnen Phasen des Andockmanövers nutzte das ATV verschiedene Navigationsysteme, um seine Lage im Raum festzustellen und seine Manöver auszuführen. Anfangs navigierte das Raumschiff mittels GPS. Ab einer Entfernung von 3,5 km wurde das russische KURS-Radarsystem aktiviert und das ATV setzte seinen Anflug mittels RGPS (Relative-GPS) fort, in dem auch die GPS-Position der ISS mit in die Berechnungen einfloss. In 250 m Entfernung wurde das optische Videometersystem aktiviert, mit dessen Laserstrahlen das ATV die Navigation für den hochpräzisen Endanflug bis zum Docking fortsetzte. Alle Manöver wurden in den europäischen, russischen und amerikanischen Kontrollzentren überwacht. Auch die Besatzung der ISS beobachtete den Anflug. Bis kurz vor dem finalen Andocken konnte sowohl vom Boden als auch von der Raumstation ein Abbruchkommando gesendet werden, welches durch das ATV automatisch ausgeführt worden wäre.
Für heute (4.April 2008) ist das erste Öffnen der Luken zwischen Raumstation und Jules Verne geplant. Für ca. vier bis sechs Monate wird das ATV als zusätzliches Modul an der ISS angedockt bleiben. Die Besatzung wird 1.150 kg Fracht in die Station transferieren. Außerdem werden 856 kg Treibstoff, 270 kg Trinkwasser und 21 kg Sauerstoff umgepumpt werden. In den folgenden Monaten wird das ATV außerdem genutzt, um Orbitmanöver mit der Raumstation durchzuführen. Im Notfall kann es kurzzeitig auch die vollständige Lagekontrolle übernehmen. Das erste Reboost-Manäver ist für den 21. April vorgesehen. Am Ende seines Einsatzes wird ATV Jules Verne mit Müll beladen von der Station abdocken und über dem Pazifik verglühen.