ATV 2: Mission Accomplished

Das unbemannte europäische Transportschiff ATV 2 trat am 21. Juni 2011 wieder in die Erdatmosphäre ein und wurde dabei wie vorgesehen zerstört. Der Kontakt mit dem Johannes Kepler genannten Schiff brach um 22:41 Uhr und 39 Sekunden MESZ in einer Höhe von rund 80 Kilometern über dem südlichen Pazifik ab.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ESA.

Roscosmos/NASA_TV
ATV 2 kurz nach dem Abkoppeln von der ISS
(Bild: Roscosmos/NASA-TV)

Nach dem störungsfreien Abkoppeln von der Internationalen Raumstation (ISS) um 16:46 Uhr MESZ am 20. Juni wurde Johannes Kepler im Soloflug vom ATV-CC genannten Kontrollzentrum im französischen Toulouse überwacht und auf sein feuriges Ende vorbereitet.

Eine ungeplantes Manöver musste das Transportschiff noch ausführen: Es galt, ausreichend Sicherheitsabstand zu einem Stück Weltraumschrott zu gewinnen. Einer Warnung der US-amerikanischen Raumfahrtagentur NASA zufolge würde das Stück sich auf weniger als 50 Meter Abstand an das ATV 2 annähern. Der Kurs des Transportschiffs wurde deshalb mit einer Treibwerkszündung angepasst.

In den Treibstofftanks des ATV 2 war mit rund einer Tonne noch ausreichend Treibstoff verfügbar für die bei einem gezielten Wiedereintritt erforderlichen Manöver und eventuell zusätzlich notwendige Triebwerkseinsätze. Die kurzfristige Bahnänderung im Alleinflug nach dem Abdocken bewies erneut die Fähigkeit des Transportschiffstyps, sich an sich verändernde Bedingungen anpassen zu können.

Eingeleitet wurde der Wiedereintritt des ATV 2 am 21. Juni schließlich mit einer um 19:07 Uhr MESZ begonnen, 10 Minuten und 9 Sekunden dauernden Brennphase der Bordtriebwerke. Sie wandelte die Flugbahn in einen Richtung Erde zeigenden Ellipsenabschnitt, in deren Verlauf eine weitere Brennphase von 14 Minuten und 9 Sekunden ab 22:04 Uhr MESZ zur exakten Ansteuerung des Wiedereintrittsfensters folgte.

ESA/Jari Makinen
Leitender Missionsdirektor Kris Capelle und Missionsdirektor Mike Steinkopf: Daumen hoch vor dem Wiedereintritt
(Bild: ESA/Jari Makinen)

Wenige Momente bevor das Transportschiff auf dichtere Schichten der Atmosphäre traf, wurde es auf Kommando ins Taumeln versetzt. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass das Schiff beim Wiedereintritt möglichst vollständig zerstört wird.

An Bord des ATV 2 befand sich ein Datenrekorder-Prototyp, dessen Aufgabe es war, während des Wiedereintritts Daten zum Rollen, Gieren und Nicken, zu Verzögerungen und Beschleunigungen, Temperaturen und Position aufzuzeichnen. Das vom US Center for Orbital and Reentry Debris Studies beigesteuerte Gerät ist mit einem mit Hitzeschild versehenen Gehäuse ausgestattet. So geschützt setzte es seinen Kurs Richtung Ozean nach dem Auseinanderbrechen des Transporters fort.

Die erfassten Daten waren vor dem Auftreffen auf die Wasseroberfläche des Pazifik über das Iridium-Satellitentelefonnetz zu senden. Sie werden helfen, zu beurteilen, was geschieht, wenn Raumfahrt-Hardware wieder in die Erdatmosphäre eintritt und aerodynamischen Lasten und Aufheizung ausgesetzt wird. Künftige Raumfahrzeuge will man so entwerfen, dass bei ihrem Wiedereintritt weniger potentiell gefährliche Bruchstücke entstehen.

ESA/D. Ducros
Der Wiedereintriit des ATV 2 – Illustration
(Bild: ESA/D. Ducros)

Einige Bauteile von Johannes Kepler, die konstruiert wurden, um besondere mechanische Belastungen auszuhalten, wie der Dockingadapter, oder im Betrieb hohe Temperaturen aushalten müssen, wie die vier Haupttriebwerke, sind vermutlich nicht vollständig verbrannt. Sie, beziehungsweise das, was von ihnen noch übrig war, stürzten am 21. Juni gegen 23:00 Uhr MESZ in den Pazifik.

Der zerstörerische Wiedereintritt erfolgte genau wie geplant über einem von Menschen nicht bewohnten Pazifikgebiet rund 2.500 Kilometer östlich von Neuseeland, 6.000 Kilometer westlich von Chile und 2.500 Kilometer von Französisch-Polynesien.

Nico Dettmann, der Leiter des ATV-Programms der Europäische Weltraumorganisation (ESA) sagte, dass die Mission des ATV 2 sehr reibungslos verlaufen ist und es im Verlauf der letzten vier Monate nur wenige unbedeutende Dinge gab, die von den die Mission betreuenden Arbeitsgruppen jeweils kurzfristig geregelt werden konnten. Für Nico Dettman haben sich die außerordentlichen Fähigkeiten des ISS-Versorgers erneut bewiesen. Den Start des nächsten solchen Transportschiffs, ATV 3 alias Edoardo Amaldi, erwartet Nico Dettmann Anfang 2012, die Ankunft des Schiffes am europäischen Weltraumbahnhof Kourou im August diesen Jahres.

Alberto Novelli, der Leiter des ATV-Missionsbetriebs, freut sich, dass es gelungen ist mit dem ATV 2 zahlreiche Rekorde zu brechen. Der Transporter war die schwerste jemals von der ESA mit einer Ariane-5-Rakete gestartete Nutzlast und sorgte für die größte Bahnanhebung eines bemannten Raumfahrzeugs seit den Apollo-Flügen der US-Amerikaner zum Mond. ATV 2 hob die Bahn der ISS um über 40 Kilometer an.

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