Zum wahrscheinlich letzten Mal in der Geschichte der Space Shuttles stehen in den nächsten Wochen zwei Raumfähren nebeneinander auf den Startkomplexen 39A und 39B.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NASA.
Die Atlantis soll Mitte Mai zur vierten und letzten Service-Mission für das 1990 ins All gebrachte Hubble Space Telescope starten. Dabei sollen mehrere Instrumente ausgetauscht und andere repariert werden. Reparaturen betreffen auch verschiedene Geräte, die zum Betrieb des busgroßen Satelliten erforderlich sind.
Da das Hubble Space Telescope die Erde auf einer Bahn mit einer Neigung von 28,5° umrundet, ist von dort aus die Internationale Raumstation für die Atlantis unerreichbar. Damit im Notfall schnell genug eine Rettungsmission gestartet werden kann, wurde die Endeavour heute vormittag auf den zweiten für Shuttle zur Verfügung stehenden Startkomplex 39B gefahren. Die Atlantis selbst steht bereits seit einigen Wochen auf 39A und wird auch von hier aus starten.
Falls beim Start oder in der Umlaufbahn der Hitzeschutz der Raumfähre irreparabel beschädigt wird, startet die Endeavour innerhalb weniger Tage mit einer verkleinerten Mannschaft, nähert sich der Atlantis und würde mit Hilfe ihres Greifarms an der havarierten Fähre festmachen. Dann würden die Astronauten die Atlantis verlassen und mit der Endeavour zur Erde zurückkehren. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein entsprechendes Ereignis eintritt, das den Totalverlust der Atlantis bedeuten würde, wird mit etwa einem halben Prozent angegeben. Viele Faktoren spielen hier hinein, mittlerweile stärker als sonst auch das Problem des Weltraummülls durch havarierte, kollidierte oder abgeschossene Satelliten.
Im Normalfall allerdings steht vor den Raumfahrern an Bord der Atlantis ein komplexes Programm auf dem Plan. Nach dem Einfangen und Verankern des HST in der Nutzlastbucht, werden zwei neue Instrumente, der Cosmic Origins Spectrograph COS und die Wide Field Camera 3 (WFC 3), eingebaut, ältere dafür entnommen. Jedes Instrument ist etwa so groß wie ein Kleinwagen. Außerdem werden Gyroskope zur Lageregelung, Batterien und ein Führungssensor getauscht. In der Advanced Camera for Surveys ACS und dem Space Telescope Imaging Spectrograph STIS werden dagegen nur defekte Teile ausgetauscht. Dazu müssen in STIS allein mehr als 100 Schrauben zunächst gelöst und später wieder eingesetzt und festgeschraubt werden. Mit den Raumfahrerhandschuhen ist dies eine außergewöhnlich knifflige Angelegenheit, die aber auf der Erde ausgiebig trainiert wurde.
Schließlich kommt es auch zum Austausch einer Computereinheit, mit der Kommandos und Daten von und zu den wissenschaftlichen Instumenten übertragen werden. Ein Teil der Science Instrument Command and Data Handling Unit SIC&DH war kurz vor dem ursprünglich für Oktober 2008 angesetzten Flug ausgefallen. Deshalb hatte man den Flug abgesagt, damit ein vorhandenes Ersatzgerät gründlich getestet und angepasst werden konnte.
Mit den neuen bzw. reparierten Kameras und Spektrographen werden die Möglichkeiten des Hubble Space Telescopes noch einmal beträchtlich erweitert. Für weitere fünf Jahre können wir, wenn alles glatt geht, auf sensationelle neue Erkenntnisse hoffen.
Wenn alles glatt geht, wird die Endeavour nach der Landung der Atlantis von Rampe 39B nach 39A verlegt und dort Mitte Juni zur ISS starten. Starkomplex 39B wird dann endgültig für das Constellation-Programm umgebaut.
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